Landtag

Sie ist die jüngste Abgeordnete im Landtag: Eva Lettenbauer. (Foto: dpa/Schuldt)

12.04.2019

Das Energiebündel

Im Porträt: Eva Lettenbauer, Vize-Vorsitzende der Grünen-Fraktion

Eva Lettenbauer fällt auf im Landtag. Nicht nur, weil die 26-jährige Grüne jung ist und eine Frau. Eine exotische Kombination im Maximilianeum. Sondern auch, weil sie leidenschaftlich für ihre Themen kämpft. Für eine fixe Frauenquote in der Politik zum Beispiel. Lettenbauer ist die Abgeordnete hinter dem Gesetzentwurf, mit dem die Grünen Wahllisten paritätisch besetzen und Direktkandidaten als gemischtes Duo ins Rennen schicken wollen. Als Landtagsneuling durfte sie die heiß diskutierte Initiative vorstellen und verteidigen. Und zeigte in den Debatten dabei: Einschüchtern lässt sie sich nicht.

Jung und Frau: Manchem im Landtag scheint diese Kombination noch etwas zu fremd. „Ich hatte das Gefühl, ich wurde erst einmal abgecheckt“, erzählt Lettenbauer, die im Sozialausschuss sitzt und dort „eine gewisse Bringschuld“ gespürt hat: Kann die überhaupt was mit ihren 26 Jahren? „In der Debatte merkt man aber keinen Unterschied mehr“, betont sie. Was sie allerdings nervt: Tritt Lettenbauer im Plenum ans Rednerpult, wird es oft auffallend laut dort, wo die konservativen Parteien sitzen. „Die Zwischenrufe gehen massiv nach oben“, ärgert sich Lettenbauer. Sie kommen vor allem von der AfD. Auch persönliche Anfeindungen waren schon dabei. Kalt lässt die junge Frau das nicht. Die verbalen Ausfälle seien für sie aber ein Antrieb, sich noch stärker für Vielfalt in der Gesellschaft einzusetzen, sagt sie. Für Gleichberechtigung und für junge Menschen, deren Stimme Lettenbauer im Landtag sein will.

In der eigenen Fraktion musste Lettenbauer keine Überzeugungsarbeit leisten. Vor ihrem Landtagseinzug war sie drei Jahre lang Vorsitzende der Grünen Jugend in Bayern. Ein großer Erfolg damals: Die Forderung nach einem kostenlosen ÖPNV-Ticket für junge Leute wurde in das Programm der Grünen aufgenommen – gegen den Willen der damaligen Landtagsfraktion. Aber nicht nur auf Parteitagen machte sich Lettenbauer einen Namen. Auch zu den Fraktionssitzungen im Landtag war sie als Vorsitzende der Grünen Jugend stets eingeladen, lernte dort die Abläufe kennen. „Ich durfte mitdiskutieren, aber natürlich nicht mitabstimmen“, erzählt Lettenbauer. Jetzt aber zählt nicht nur ihre Stimme, sie beeinflusst die Linie der Fraktion maßgeblich mit. Als Fraktionsvize. Von einem „Vertrauensvorschuss“ spricht Lettenbauer, weil die meisten sie eben schon kannten.

Lobeshymnen in der Fraktion

In der Fraktion selbst singt man regelrechte Lobeshymnen auf Lettenbauer. „Eine kluge Frau“ nennt man sie. Gibt sich beeindruckt von ihrem Arbeitstempo und davon, wie gut strukturiert sie sei. Das Energiebündel hatte noch nicht einmal ein eigenes Büro, da arbeitete sie bereits an ersten Initiativen. Auch langjährige Abgeordnete trauen ihr einiges zu. Und so ist Lettenbauer nicht nur Vize der Fraktion, sondern verantwortet dort als Sprecherin gleich drei wichtige Bereiche: Frauen, Jugend und Arbeitsmarkt. Bemerkenswert auch deshalb, weil die Grünen aufgrund ihres historischen Wahlerfolgs die Arbeit in dieser Legislatur auf doppelt so viele, nämlich 38 Abgeordnete aufteilen können. „Ich bin zufrieden“, sagt Lettenbauer dazu bescheiden und grinst.

Verantwortung hat Lettenbauer bereits früher gern übernommen. Am Gymnasium in Donauwörth war sie Klassensprecherin, hat für Mitschülerinnen und Mitschüler viel organisiert. Auch ihre erste Podiumsdiskussion moderierte Lettenbauer noch als Schülerin. „Als wir in der Schule die Gelegenheit hatten, einen EU-Parlamentarier auszufragen, hieß es gleich: Das muss die Eva machen“, erzählt sie. Denn Spaß an politischen Themen und am Diskutieren hatte sie schon damals.

Aktiv in die Politik stieg Lettenbauer 2011 ein – mit 18 Jahren. „Auf den Fukushima-Protesten lernte ich Grüne kennen“, erzählt sie. Sie trat in die Partei ein und mischte im Jugendverband gleich kräftig mit. 2013 kam sie in den Kreisvorstand.

Aufgewachsen ist Lettenbauer mit zwei jüngeren Brüdern in Reichertswies im Landkreis Donau-Ries. Der kleine Weiler, der zu Daiting gehört, hat gerade einmal 60 Einwohner. Dort lebt sie noch heute und schätzt es mittlerweile sehr, mit nur einem Schritt aus der Haustür in der Natur zu sein. „Das war mit 16 oder 17 noch anders“, erinnert sie sich. Auch weil der öffentliche Nahverkehr fast ausschließlich aus dem Schulverkehr besteht. „Man kommt einmal in der Früh in die Stadt, und wenn die Schule aus ist, wieder zurück.“ Das würde Lettenbauer gerne ändern.

Fräsen und Löten: Kein Problem für die 26-Jährige

Ebenfalls noch immer Mangelware auf dem Land: Grüne. Acht Kilometer muss Lettenbauer fahren, um auf das nächste Parteimitglied zu treffen. „Früher war es noch eine kleine Sensation, wenn ich zum Beispiel in der Zeitung als Grüne genannt wurde“, erzählt sie. Das habe sich mit dem großen Interesse der Bevölkerung an Themen wie Flächenfraß und Artenvielfalt geändert. Die Erkenntnis, dass es die Grünen brauche, habe sich auch auf dem Land durchgesetzt, glaubt Lettenbauer.

Dass man sich als Frau oft stärker beweisen muss als ein Mann, kennt Lettenbauer übrigens nicht nur aus der Politik. Nach dem Abitur studierte sie Wirtschaftsingenieurswesen in Augsburg. „Am Anfang steht ein Metallgrundpraktikum – beim Fräsen, Drehen und Löten wird man definitiv anders beäugt“, sagt sie. Aber auch wenn Lettenbauer praktisch veranlagt ist – „einen Autoreifen zu wechseln, ist für mich kein Ding“ –, an ihrer Arbeit als Werkstudentin und zuletzt in der Projektierung von Windenergieanlagen reizte sie vor allem das Entwickeln nachhaltiger Strategien. „Die Frage, mit welchen Materialien und Werkstoffen wir in der Zukunft arbeiten, war ein großer Schwerpunkt von mir“, erklärt sie.

Ihre nächsten Projekte im Landtag? „Ich möchte mir den Haushalt unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtergerechtigkeit anschauen“, sagt sie. In anderen Ländern gebe es dazu bereits Modelle. Auch ist geplant, einen Check der Auswirkung von Landtagsinitiativen auf die Jugend als festen Bestandteil des Gesetzgebungsprozesses zu beantragen. Und im Bereich der Arbeitnehmerpolitik will sie auf einen engen Austausch mit den Gewerkschaften achten.

In der Landtags-Fraktion spricht man derweil bereits vom nächsten möglichen Karriereschritt Lettenbauers – wenn auch noch hinter vorgehaltener Hand. Sigi Hagl gibt im Herbst ihr Amt als bayerische Grünen-Chefin ab, weil sie OB in Landshut werden möchte ... (Angelika Kahl)

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