Landtag

Dominik Spitzer. (Foto: privat)

09.07.2021

Der Friedfertige

Im Porträt: Dominik Spitzer, FDP-Abgeordneter und gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion

Gar nicht so einfach, einen Gesprächstermin bei Dominik Spitzer zu ergattern. Jedenfalls zurzeit nicht. Spitzer, FDP-Abgeordneter und Allgemeinmediziner in Kempten, ist im Impfstress. Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion steht voll hinter der Strategie, möglichst viele Menschen möglichst rasch gegen das Coronavirus zu immunisieren. „Gestern haben wir in der Praxis 230 Leute geimpft“, stöhnt Spitzer, als er dann doch Zeit für eine Unterhaltung freischaufeln kann.

Dass Presseleute mit ihm reden wollen, hat nicht gerade Top-Priorität für den 54-Jährigen. Und das hat nicht nur damit zu tun, dass er als Arzt mithelfen will, die Pandemie zu bezwingen. Tatsächlich ist Spitzer geradezu spektakulär uneitel und nicht sonderlich erpicht auf Eigen-PR. Was für einen Politiker so ungewöhnlich wie rührend ist.

Als Arzt und FDP-Politiker hat er eine klare Meinung zur offiziellen Corona-Politik. Die stellt sich grob zusammengefasst so dar: Die Maßnahmen sind zu populistisch und zu wenig an wissenschaftlichen Fakten orientiert. So ist Spitzer genervt davon, dass sich die Pandemiepolitik zu stark an Umfragen ausrichte – und an Inzidenzen. „Das ist zu wenig.“ Er betont: Die Risikogruppen seien inzwischen komplett immunisiert. „Aber wir verhalten uns so, als ob das nicht stattgefunden hätte.“ So gebe es in vielen Altenheimen noch immer unnötige Vorsichtsmaßnahmen, die verhinderten, dass die Menschen dort wieder ein normales Leben führen könnten.

Die Maskenpflicht an Schulen hätte man viel früher kippen können  - mit etwas Kreativität

Dass die Maskenpflicht in den Schulen gefallen ist, freut ihn zwar. Der FDP-Politiker findet allerdings, dass man diese für die Kinder belastende Vorschrift mit ein bisschen Kreativität und besseren Testsystemen früher hätte kippen können. Grundsätzlich ist er der Meinung: Sobald alle, die es wollen, ein Impfangebot haben, müssen sämtliche Corona-Maßnahmen wegfallen. Eine Ansicht, die auch der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vertritt.

Die liberale Haltung der FDP in der Corona-Politik, die auf mehr Eigenverantwortung und weniger staatliche Reglementierung setzt, hat der Partei den Vorwurf eingebracht, zu nahe an AfD-Positionen herangerückt zu sein. Absurd, findet Spitzer. „Die AfD blickt völlig unwissenschaftlich auf die Pandemie.“

Im Landtag haben es die FDP und vor allem Spitzer als gesundheitspolitischer Sprecher jedenfalls nicht leicht zurzeit. Wer die geltenden Pandemiemaßnahmen infrage stellt, wird allzu schnell in die Ecke der Corona-Leugnenden gerückt. Das ärgert Dominik Spitzer, die Contenance hat er deshalb aber noch nie verloren. Schrille Auftritte oder Wutreden gibt es bei ihm nicht. Der FDPler, sagt Susann Enders, Generalsekretärin und gesundheitspolitische Sprecherin der Freie-Wähler-Fraktion, sei ein „ruhiger, kompetenter Kollege“, seine Arbeitsweise „unaufgeregt und sachlich“. In seiner eigenen Fraktion juxten sie bereits, dass man sich mit Spitzer einfach nicht zoffen könne.

Unglaublich: „Ich hatte noch nie mit jemandem Streit“, bekennt Spitzer – nicht mal mit seinen Kindern. Liberalität wurde immer großgeschrieben in der Familie. Zurzeit erträgt es der Papa ohne Gezeter, dass eines seiner drei – erwachsenen – Kinder sich partout nicht gegen Corona impfen lassen will. Das, betont Spitzer, sei nun mal „eine sehr persönliche Entscheidung“.

Er hatte noch nie mit jemandem Streit, nicht mal mit seinen Kindern

Gleiches gesteht er im Übrigen dem Vizeministerpräsidenten Hubert Aiwanger (Freie Wähler) zu, der zurzeit wegen seiner Impfscheu in der Kritik steht. Spitzer betont: Klar sollten Politiker Vorbilder sein. Andererseits sei unstrittig, dass es speziell für die Covid-Vakzine keinerlei Langzeiterfahrungen gebe. Da dürfe man skeptische Mitmenschen nicht vorschnell verurteilen.

In die Politik ist Spitzer – natürlich – gegangen, weil er „etwas bewirken“ will. Eine Motivation, die man dem bescheidenen Allgäuer sofort abnimmt. Klar, in der Opposition hat man nur beschränkte Möglichkeiten. Aber eben doch mehr als der Durchschnittsmensch. So konnte er kürzlich Leuten in seinem Stimmkreis helfen, die wegen eines Schlaganfalls in der Familie eine barrierefreie Wohnung brauchten. Spitzer sagt: „So eine Unterstützung ist immer schön.“

Politisch sozialisiert wurde er erst spät, über einen Klassenkameraden, der für die FDP im Bundestag sitzt: Stephan Thomae. Bei einer Geburtstagsfeier heckten die beiden die Idee aus, dass auch Spitzer sich in der FDP engagieren könnte. Ködern konnte man ihn mit Missständen in seiner Heimatstadt Kempten. „Man fragte mich, ob ich nicht helfen wolle, da was zu verändern“, erzählt er. Das war im Jahr 2008. Spitzer kandidierte für den Stadtrat. Und wurde gewählt.

Seine Schwäche: Chips und Schokolade

Zehn Jahre danach zog er in den Landtag ein. Die Arbeit dort gefällt ihm, er will wieder kandidieren. Was ihm weniger gefällt: die Doppelbelastung von Abgeordnetenmandat und Medizinerdasein. Das will er ändern. Er überlegt gerade, wie er seine Tätigkeit als Arzt zurückfahren kann.

Spitzer ist niedergelassener Hausarzt, außerdem betreut er zusammen mit Kolleg*innen etwa 100 Unternehmen im Allgäu als Betriebsmediziner. Ja, räumt er ein, damit verdiene er viel Geld. Und es sei auch schön, wirtschaftlich unabhängig von der Politik zu sein. Trotzdem will er als Arzt kürzertreten, die finanziellen Einbußen könne er verkraften, sagt er. „Wenn’s mir nur ums Geld ginge, müsste ich den Landtag aufgeben.“ Dass Abgeordnete, was derzeit diskutiert wird, sämtliche Nebeneinkünfte auf den Euro genau offenlegen sollen, findet er gut.

Seit er im Landtag ist, war er ganze fünf Tage im Urlaub, erzählt Spitzer: auf Kreuzfahrt mit seiner Frau, einer Sonderpädagogin. Die sei „frustriert“, so Spitzer, weil sie Ferien machen will, er aber aus Zeitgründen ständig abwinkt.

Auch gesundheitlich hat sich das Abgeordnetendasein nicht gerade segensreich auf ihn ausgewirkt. „Ich hab zehn Kilo zugenommen“, klagt Spitzer. Auch deshalb, weil er kaum mehr Zeit für Sport findet. Laufen zum Beispiel würde er gerne viel öfter, ist aber froh, wenn er es zweimal pro Woche schafft. Erschwerend hinzu kommt seine Schwäche für Chips und Schokolade. „Wenn ich damit anfange, esse ich grundsätzlich alles auf.“

Besserung ist in Sicht. Er nimmt gerade ab, drei Kilo sind schon runter. Und Urlaub gibt’s auch wieder – irgendwann, wenn er das mit der Praxis geregelt hat. Wohin es dann geht? Sicher ist: Darüber gibt es keinen Streit. Spitzer stellt klar: „Das darf meine Frau entscheiden.“
(Waltraud Taschner)

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