Landtag

Gelingt es den Olympia-Befürwortern, eine positive Entscheidung zu zimmern? Das entscheidet sich bei der Abstimmung am 10. November. (Foto: DPA)

31.10.2013

Der Gegner der Ringe

Olympiaentscheid: Die Grünen im Landtag machen Front gegen die Kandidatur Münchens für die Winterspiele 2022 - alle anderen Fraktionen unterstützen die Bewerbung

Ja zu den Winterspielen 2022“ wirbt ein riesiges Plakat am Münchner Marienplatz. Ludwig Hartmann (Grüne) überzeugt das nicht: „Die Pro-Seite versucht sich die Zustimmung einfach durch massive Banner zu erkaufen“, schimpft der Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion nur wenige Meter davon entfernt im Ratskeller. Er versucht die Zuhörer der Pressekonferenz „Ja zur Heimat, Nein zu Olympia“ mit Fakten dazu zu bewegen, beim Bürgerentscheid über die Olympischen Winterspiele am 10. November mit „Nein“ zu stimmen.

„Absurde“ 3,3 Milliarden Euro seien aktuell für das Großereignis angesetzt. „Dazu kommen allerdings noch die Kosten, die außerhalb der Sportstätten anfallen“, rechnet Hartmann vor. Dazu gehörten zum Beispiel zusätzliche Polizisten, Terror-Sicherung und die Luftraumüberwachung. Diese seien in den bisherigen Kalkulationen nicht mitberücksichtigt worden. „Schon bei der Bewerbung 2018 ist der Steuerzahler auf den Kosten sitzengeblieben“, erklärt er. Den Hinweis auf die vielen Sponsoren lässt Hartmann nicht gelten: Dies seien nur staatseigene Unternehmen wie Lotto Bayern, die Messe München oder die Sparkasse.

Ein weiterer Kritikpunkt sind die so genannten Host-City-Verträge des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). „Wir wollen in den Sport investieren, nicht in einen steuerbefreiten Verein aus der Schweiz“, erläutert Viola von Cramon (Grüne). Olympische Spiele liefen immer nach dem gleichen Muster ab: „Korruption, Vergesellschaftung von Schulden und Intransparenz beim Bau“, so die ehemalige sportpolitische Sprecherin der Bundestagstagsfraktion. Den Gewinn würde anschließend ausschließlich das IOC einfahren.

Unterstützung erhalten die Grünen von den Olympiagegnern NOlympia. Deren Sprecher Christian Hierneis bemängelt insbesondere, dass beim Versenden der Wahlbenachrichtigungen die Gegenargumente nicht berücksichtigt wurden. „Natürlich gibt es mancherorts weniger Flächenverbrauch als bei der letzten Bewerbung – diese wurden aber dafür woanders wieder draufgeschlagen“, schildert er. Ebenso bezweifelt Hierneis, dass die für die Spiele temporär genutzte Fläche tatsächlich wieder komplett rückgebaut werden kann.

Alle anderen Fraktionen im Landtag unterstützen allerdings eine Bewerbung. „Ich kann die Bedenken der Grünen nicht verstehen“, sagt Florian Herrmann (CSU) der Staatszeitung und bezeichnet die Fraktion als „Winterspieleverderber“. Das Großereignis würde der Wirtschaft und dem Tourismus einen enormen Schub geben. „Nach Abschluss der Spiele würden den Bürgern in München außerdem dauerhaft 1300 neue, bezahlbare Wohnungen zur Verfügung stehen“, erklärt der sportpolitische Sprecher.

Für die SPD ist die Bewerbung sogar die nachhaltigste in der Geschichte der Spiele. „Durch die Nutzung bestehender Sportstätten legen wir die weltweite Messlatte für ökologische Standards in Sport, Bau und Infrastruktur sehr hoch“, beteuert deren sportpolitische Sprecherin, Diana Stachowitz. Ökologische Desaster in Ausrichtungsorten von Großsportveranstaltungen würden damit in Zukunft hoffentlich ausgeschlossen. In der Frage von Vertragsrechten seien dem IOC jedoch noch deutliche Grenzen zu setzen.

Auch die Freien Wähler befürworten die Kandidatur: „Diese Chance sollten wir klug und verantwortungsvoll nutzen, statt sie, wie Herr Hartmann, aus rein dogmatischen Gründen pauschal abzulehnen“, unterstreicht Florian Streibl. Der parlamentarische Geschäftsführer der Freien Wähler erhofft sich dadurch eine verbesserte Infrastruktur für die ganze Region.

Sollte das nötige Quorum von zehn Prozent der Stimmberechtigten beim Bürgerentscheid nicht erreicht werden, wird der Münchner Stadtrat innerhalb von vier Tagen über Zustimmung oder Ablehnung entscheiden. (David Lohmann)


Info: Das Internationale Olympische Komitee und NOlympia

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) ist ein Verein mit Sitz in Lausanne (Schweiz). Präsident ist seit September dieses Jahres der Würzburger Thomas Bach. Zusammen mit den rund 100 Mitgliedern kümmert er sich um die Organisation der Spiele. Einnahmen werden aus dem Verkauf von Tickets, Fernsehrechten und durch Sponsorengelder generiert, die dem IOC steuerfrei gewährt werden. Eine finanzielle Haftung übernimmt der Verein dennoch nicht. Streitigkeiten klärt der internationale Sportsgerichthof, der allerdings vom IOC finanziert wird. Wenn München sich bewerben will, müsste die Stadt bis 14. November eine so genannte Interessensbekundung und bis März 2014 ein Mini-Bidbook abgeben. Die Entscheidung über einen möglichen Zuschlag würde am 31. Juli 2015 gefällt.

Das Bündnis NOlympia besteht aus Sylvia Hamberger und Wolfgang Zängl von der Gesellschaft für ökologische Forschung in München, Axel Doering und Andreas Keller vom Bund Naturschutz sowie dem Journalisten Thomas Pampuch. Gemeinsam setzen sie sich – wie bereits vor zwei Jahren – gegen eine Olympiakandidatur Münchens ein. Unterstützung erhalten sie vom Komitee Olympiakritisches Graubünden aus der Schweiz. Dieses verhinderte bereits erfolgreich die Bewerbung von Davos für die Winterspiele 2010 und die von St. Moritz für 2022. Ebenfalls nicht mehr kandidieren wird Barcelona (Spanien). Mögliche Kandidaten sind damit neben dem gesetzten Almaty (Kasachstan) nur noch Krakau (Polen), Lemberg (Ukraine), Oslo (Norwegen) und München. (LOH)

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