Landtag

Florian von Brunn: Vielen in der SPD ist er zu selbstbewusst. (Foto: dpa/Lino Mirgeler)

18.01.2019

Der Zielstrebige

Im Porträt: Der Münchner SPD-Abgeordnete Florian von Brunn ist mit seinen Ambitionen bei seiner Partei immer wieder abgeblitzt. Entmutigt hat ihn das bislang nicht

Die Stimmen der Landtagswahl vom Oktober waren noch nicht ganz ausgezählt, da preschte Florian von Brunn vor – und erklärte, als neuer Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion bereitzustehen. Dabei war zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht sicher, ob von Brunn es überhaupt in den Landtag geschafft hatte.

Es sind Aktionen wie diese, die vielen SPD-Leuten regelmäßig die Zornesröte ins Gesicht treiben, wenn es um von Brunn geht. Auch wenn wohl niemand in seiner Partei bezweifelt, dass der 49-jährige Münchner ein politisches Talent ist. Es ist indes nicht das erste Mal, dass die Bayern-Sozis ambitionierte Kollegen ausgebremst haben.

Jedenfalls unterlag von Brunn bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden seinem Mitstreiter Horst Arnold  – nach einem abenteuerlichen Prozedere: Zweimal stand es 11 zu 11 Stimmen. Nach stundenlanger Debatte gab es einen dritten Wahlgang, der mit 13 zu 8 Stimmen endete. Von Brunn schaffte es in der Folge nicht einmal zum Vizevorsitzenden. Bereits im Jahr 2017 scheiterte von Brunn damit, in der Nachfolge von Florian Pronold SPD-Landeschef zu werden. Er unterlag Natascha Kohnen.

Und jetzt? Von Brunn wirkt nicht besonders geknickt, wenn er von den Turbulenzen der Vergangenheit spricht. „Es hat ein bisschen gedauert, bis sich die Wogen geglättet haben“, sagt er über die Stimmung in der Fraktion. Mit seinem Konkurrenten um den Fraktionssitz, Horst Arnold, hat er sich ausgesprochen und arrangiert. Von Brunn, heißt es aus der Fraktion, habe sich „etwas zurückgenommen“.

Tatsächlich hat die SPD-Landtagsfraktion zurzeit ganz andere Probleme als verletzte Eitelkeiten. Das katastrophale Ergebnis bei der Landtagswahl – die SPD war auf 12 Prozent abgestürzt – dezimierte die Abgeordneten auf nur noch 22. Die SPD muss sich mit der Rolle abfinden, die fünftkleinste der insgesamt sechs Fraktionen zu sein. Man muss sparen, auch am Personal: Der bisherige Pressesprecher muss gehen, ein Nachfolger wird nicht eingestellt; die bisherigen Stellvertreter übernehmen seine Aufgaben.

Die früheren SPD-Arbeitskreise für Finanzen, Umwelt, Bildung etcetera existieren zwar noch, um etwa Ausschusssitzungen vorzubereiten. Die wirkliche Arbeit, das Entwickeln politischer Strategien, übernehmen jetzt aber so genannte Arbeitsforen – ein Vorschlag von Brunns, den Horst Arnold dankbar aufgegriffen hat. In diesen Foren sind mehrere Arbeitskreise zusammengeschlossen, zusätzlich sind Fachreferenten und die Mitarbeiter der Pressestelle dabei. „Hier werden Themen fachübergreifend diskutiert“, erläutert von Brunn. Eines der drei neuen Foren leitet er selbst. Es ist zuständig für das Thema Nachhaltigkeit und bezieht dabei auch die Aspekte Umwelt, Wirtschaft, Finanzen, Landwirtschaft, Europa, Wohnen und Finanzen ein.

Er ist nicht der Typ, der rumsitzt und jammert

Von Brunn ist nicht der Typ, der nach einem Misserfolg herumsitzt, sich leid tut und sein Schicksal bejammert. Er hat bereits das nächste Ziel vor Augen: die Wahl in den SPD-Landesvorstand. „Mir geht es darum, dass ich mitarbeiten kann an unseren Inhalten und einem klaren SPD-Profil in Bayern“, sagt er zur Begründung.

Die SPD müsse deutlicher als bisher zu erkennen geben, wofür sie steht. „Vielen Menschen ist das nicht mehr klar“, beklagt er. Jedenfalls habe er das im Wahlkampf häufig gehört. Er glaubt: Zentral seien die Themen soziale Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit, das Verhältnis von Markt und Staat. So will von Brunn den Staat stärker in die Pflicht nehmen beim Wohnungsbau oder beim – am besten kostenlosen – Nahverkehr. „Darüber wird in der SPD zu wenig geredet“, kritisiert er. Überhaupt: Die Sozialdemokratie sei zu sehr mit sich selbst beschäftigt. „Wir müssen mit den Bürgern diskutieren.“ Demokratie finde „halt auch auf der Straße statt“.

Von Brunn schaffte es in der vergangenen Legislatur wiederholt, sich mit Themen wie dem Naturschutz am Riedberger Horn oder den Missständen bei Bayern-Ei landesweit Gehör zu verschaffen. Wenn er sich in ein Thema verbeißt, ist von Brunn kaum zu stoppen. Dass der Verbraucherschutz im Freistaat nach dem Salmonellenskandal um Bayern-Ei verbessert wurde, ist vor allem sein Verdienst. Die SPD müsse in den kommenden Monaten und Jahren „viel lauter werden“, betont er. „Und wir müssen mehr und härter arbeiten.“

Zur Personalie Natascha Kohnen hält sich von Brunn bedeckt. Klar ist allerdings auch so, dass sein Politikstil sich diametral vom eher leisen Auftreten der Landeschefin und Spitzenkandidatin bei der Landtagswahl unterscheidet. Die Kritik an Kohnen ist ohnedies allgegenwärtig. Ihre Wiederwahl beim Parteitag Ende Januar gilt dennoch als sicher – bislang gibt es zumindest keine Gegenkandidaten.
Bevor er in den Landtag kam, arbeitete von Brunn als IT-Berater. Eine Aufgabe, die sich nach seinem Philosophie- und Geschichtsstudium nicht unbedingt aufgedrängt hatte. Doch als ihn ein Freund, der ein IT-Unternehmen aufgezogen hatte, anwerben wollte, schlug von Brunn ein. Offenbar konnte er sich gut einarbeiten – der Quereinsteiger blieb zwölf Jahre in der IT-Branche, bis zu seiner Wahl in den Landtag 2013. Seine Bewerbung um ein Bundestagsmandat im Jahr 2008 hatte nicht geklappt – was er nicht bedauert. München, sagt von Brunn, sei halt einfach schön: „Ich liebe die Berge.“

Dass der Landtag deshalb Endstation seiner Karriere bleibt, ist indes nicht ausgemacht. „Berlin und Brüssel“, formuliert er diplomatisch, „sind auch spannend.“ (Waltraud Taschner)

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