Landtag

Mit einer Beschäftigungsquote von 5,64 Prozent Schwerbehinderten erfüllt der Freistaat die gesetzliche Pflicht. Die Zahl soll aber steigen. (Foto: Bilderbox)

02.12.2011

"Die Quoten sind zum Teil in Ordnung"

Jahresbericht über die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen beim Freistaat

Manch anderer Beamte hätte den Jahresbericht 2010 über die Beschäftigung schwerbehinderter Menschen beim Freistaat Bayern uneingeschränkt als Erfolgsgeschichte gefeiert. Nicht so Wilhelm Hüllmantel vom Finanzministerium: Trotz der positiven Tendenz, die die Expertise widerspiegelt, erklärte der Ministerialdirigent vor dem Ausschuss für den öffentlichen Dienst: „Die Quoten sind nur zum Teil in Ordnung, zum Teil sind sie zu niedrig.“ Dabei hat der Freistaat das fünfte Jahr in Folge die gesetzliche Pflichtquote von fünf Prozent erfüllt und 2010 gegenüber 2009 gesteigert: Der Anteil Schwerbehinderter unter den Staatsbediensteten hat 2010 5,64 Prozent betragen; 0,07 Prozent mehr als 2009. Diese Zahlen entsprechen 180 428 Arbeitsplätzen.
Als „beunruhigend niedrig“ bezeichnete Hüllmantel indes die Beschäftigungszahlen bei den „einstellungsrelevanten Jahrgängen“ des mittleren und des gehobenen Dienstes. So waren laut Jahresbericht von den 11 582 Teilnehmern an den Auswahlverfahren für den mittleren Dienst gerade mal 172 (1,49 Prozent) schwerbehindert. Von diesen Kandidaten hat man insgesamt 362 in den öffentlichen Dienst übernommen. Darunter waren neun (2,49 Prozent) schwerbehindert. Noch niedriger ist der Anteil bei den Anwärtern für den gehobenen Dienst: 5947 junge Frauen und Männer haben an den Einstellungstests teilgenommen; lediglich 50 (0,84 Prozent) von ihnen waren schwerbehindert. Von den 561 Prüflingen, die es schließlich in den gehobenen Dienst geschafft haben, waren nur zwei (0,36 Prozent) schwerbehindert.
Zwar gibt es für diese vergleichsweise bescheidenen Zahlen eine Erklärung: So sind jüngere Menschen – Anwärter für den öffentlichen Dienst gehören zu dieser Altersgruppe – seltener schwerbehindert als ältere. „Trotzdem müssen wir bei Schwerbehinderten stärker für den öffentlichen Dienst werben und mögliche Hemmschwellen bei ihnen abbauen“, erklärte Hüllmantel. Bereits während der Schulzeit solle beim betreffenden Personenkreis auf eine mögliche Laufbahn im öffentlichen Dienst aufmerksam gemacht werden.
Dies treffe insbesondere auf Personal für das Kultus- und das Wissenschaftsministerium zu. Beide erfüllten 2010 zum wiederholten Mal die Pflichtquote von 5 Prozent nicht. Im Ressort von Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) ist der Anteil der Schwerbehinderten (4,09 Prozent) im Vergleich zum Jahr 2009 (4,12) sogar gesunken.
In zwei Bereichen sind die Zahlen jedoch erfreulich gestiegen: Frauen unter den schwerbehinderten Staatsbediensteten machten im Jahr 2010 fast die Hälfte aus (49,32 Prozent); eine Steigerung um 1,58 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zudem konnte zum ersten Mal seit 2007 das Auftragsvolumen des Staats an die Behinderten-Werkstätten gesteigert werden: Exakt 1 020 963,09 Euro sind 94 757,18 Euro mehr als im Vorjahr. Die zurückhaltende Vergabe-Praxis des Wirtschaftsministeriums in diesem Bereich haben die Abgeordneten indes fraktionsübergreifend gerügt (siehe Infokasten).
Anregungen kamen ebenfalls von allen Seiten: Bernhard Seidenath (CSU) forderte im Sinne der Inklusion die Einstellung von sehbehinderten Lehrern an Schulen. Ähnlich äußerte sich Thomas Gehring (Grüne): „Ein schwerbehinderter Professor würde für schwerbehinderte Studierende an seiner Fakultät einiges bewegen können.“ Eduard Nöth (CSU) verlangte, dass „Lehrer, die nicht mehr vor einer Klasse stehen können, anderweitig im öffentlichen Dienst beschäftigt werden“. Diana Stachowitz (SPD) und Günther Felbinger (Freie Wähler) wiederum forderten für den nächsten Jahresbericht einen Maßnahmenkatalog des Kultus- und des Wissenschaftsministeriums. Aus dem soll hervorgehen, wie man in diesen Häusern die Beschäftigungsquote von 5 Prozent Schwerbehinderte erreichen will. Werkstattaufträge im Jahr 2010 im Überblick:
Die Staatskanzlei und das Sozialministerium vergeben traditionell etliche Aufträge an anerkannte Werkstätten, die Menschen mit Behinderung beschäftigen. Dass das Auftragsvolumen im Jahr 2010 mit 1 020 963,09 Euro um 94 757,18 Euro höher war als ein Jahr zuvor, freute auch Christian Schwarz. Der Büroleiter der bayerischen Behindertenbeauftragten Irmgard Badura vertrat vor den Mitgliedern des Ausschusses für den öffentlichen Dienst seine Chefin.
Mit Genugtuung dürfte er vernommen haben, dass sich sowohl Ministerialdirigent Wilhelm Hüllmantel als auch sämtliche Abgeordnete kritisch zum Wirtschaftsministerium äußerten: Das von Martin Zeil (FDP) geführte Ressort hat im vergangenen Jahr lediglich 905,22 Euro an Werkstattaufträgen vergeben. Diese Summe sei verschwindend gering angesichts des hohen Budgets, über das dieses Haus verfüge, lautete die Einschätzung fraktionsübergreifend. Hüllmantel erklärte, man müsse mit den Kollegen in diesem Ministerium noch einmal über dieses Thema sprechen.
Zu den Arten der vergebenen Werkstattaufträge heißt es im Jahresbericht: „Mit rund 689 000 Euro entfällt der größte Teil der Kosten für Arbeitsleistungen auf den Dienstleistungssektor.“ Innerhalb dieses Bereichs seien den EDV-Dienstleistungen rund 553 000 Euro zuzurechnen. Rund 116 000 Euro hätten Wäschereidienste und etwa 29 000 Euro Buchbindearbeiten eingebracht. Hinzu kämen Gärtner- und Reinigungsarbeiten sowie Aktenvernichtung und Archivierungsdienste.
(Alexandra Kournioti)

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