Landtag

Angelika Schorer. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

21.01.2022

Die Unermüdliche

Im Porträt: Angelika Schorer, CSU-Abgeordnete und neue Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes

Vier Kinder, ein großer Bauernhof und dazu noch politisches Engagement auf kommunaler und Landesebene. Klar, ein viel beschäftigter Mann im Landtag würde nicht für Aufsehen sorgen und schon gar nicht gefragt werden, wie er all das unter einen Hut kriegt. Schon gar nicht bei der CSU. Denn trotz aller Gleichstellungsdebatten ist die CSU noch immer ziemlich traditionell ausgerichtet, wenn’s darum geht, wer in der Familie Karriere macht und wer daheim den Nachwuchs hütet.

Umso erstaunlicher ist deshalb die Karriere von Angelika Schorer (63). Die stets gut gelaunte Allgäuerin wurde vor fast 20 Jahren in den Landtag gewählt: im Jahr 2003, als die CSU nach einem fulminanten Ergebnis die Zweidrittelmehrheit errungen hatte. Schorer hatte bereits damals ein Direktmandat inne, was für CSU-Frauen nicht die Regel ist. Nicht mal die super beliebte ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat es je geschafft, eines der begehrten Direktmandate zu ergattern.

„Ich hatte viel Glück“, sagt Schorer. Wahr ist aber auch: Sie wusste immer, was sie will, und hat dafür gekämpft. So gab es bei der Frage, wer 2003 die Nachfolge des damaligen Marktoberdorfer Direktkandidaten Helmut Schreck antreten soll, eine Vielzahl von Interessierten. Schorer musste sich am Ende einer Kampfabstimmung mit zwei Männern stellen, die sie klar für sich entscheiden konnte.

Ihr Erfolgsrezept: Offen sein für Kritik und mit den Menschen reden

Als Erfolgsgeheimnis nennt Schorer: Kritik aushalten, mit den Leuten reden und immer wieder den Rat anderer erbitten. „Das ist das Allerwichtigste“, betont sie. Man brauche Menschen, „die einem ehrlich sagen, was man besser machen kann“. Sie erinnert sich, dass ein erfolgreicher Unternehmer aus ihrem Landkreis ihr damals Kleidertipps gab. Schorer fand das ein bisschen übergriffig. „Das hat mich im ersten Moment befremdet.“ Vor allem, weil sein Rat lautete, weniger oft Hosenanzüge und öfter Kleider – und Dirndl! – zu tragen. Typisch CSU vermutlich. Allerdings wollte Schorer von deren Klientel ja auch gewählt werden. Also hörte sie auf die Empfehlung; mit Blick auf ihre Wahlergebnisse hat es der CSU-Frau jedenfalls nicht geschadet.

Zur Politik kam sie eher zufällig. Im Jahr 1994 besuchte der damalige Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion, Alois Glück, eine Reihe landwirtschaftlicher Betriebe, um sich über die Probleme im Agrarbereich zu informieren. Schorer, die mit ihrem Mann einen Milchviehbetrieb bewirtschaftete, war überaus angetan von der Ausstrahlung und Sachkompetenz des populären Alois Glück. „Der hat mich so begeistert“, schwärmt sie. Für sie war fortan klar, dass auch sie politisch aktiv werden wollte – natürlich bei den Schwarzen. „Wir haben eh CSU gewählt.“ Ihre Kinder, heute 41, 38, 35 und 33 Jahre alt, waren damals noch klein.

Auch ein Leben als Bäuerin war für Schorer keineswegs vorgezeichnet. Zwar entstammt sie einem bäuerlichen Elternhaus. Doch nach ihrem Schulabschluss absolvierte sie eine Ausbildung zur Bankkauffrau und arbeitete eine Reihe von Jahren in diesem Bereich. Sie gab den Job nach der Geburt des zweiten Kindes auf – die Arbeit auf dem Hof beanspruchte sie zeitlich zur Genüge. Als Bäuerin, sagt Schorer, „ist man voll eingespannt“. Doch sie fand es schön, selbstverantwortlich zu wirtschaften: „Das macht schon Freude.“

Apfelstrudel backen daheim als Ausgleich zur Politik

Nachdem sie 1994 in die CSU eingetreten war, engagierte sie sich in der Arbeitsgruppe Landwirtschaft auf Landkreis- und Bezirksebene, 2002 wurde sie in den Gemeinderat Jengen gewählt, avancierte zur Vizelandrätin. In ihrer schwäbischen Heimat, erzählt Schorer, „war ich in allen Ämtern die erste Frau“. Sie entsinnt sich: „Das war eine Sensation.“

Die Landtagskandidatur wurde ihr angetragen, betont Schorer. Sie hatte sich damals nicht darum gerissen, die Gelegenheit dann aber beherzt am Schopf gepackt.

Im Landtag saß sie anfangs im Innenausschuss. Was nicht gerade ihr Wunsch war, sie hatte auf den Agrarausschuss gehofft. Als einzige CSU-Frau kümmerte sie sich also um Sicherheits-und andere Themen. Auch das, erfuhr Schorer, kann spannend sei. Sie vertiefte sich in die Polizeiarbeit, ließ sich im Zuge der Polizeireform 2004 von Ordnungshütern vor Ort die konkreten Probleme schildern. „Da konnte ich dann im Landtag mit Wissen glänzen“, erzählt Schorer. In den Landwirtschaftsausschuss kam sie dann auch noch, aber erst in ihrer dritten Landtagsperiode. Dafür avancierte sie dann gleich zur Vorsitzenden – als erste CSU-Frau. Derzeit ist sie Mitglied im Bauausschuss.

Ihr Mann war nicht immer begeistert von den aushäusigen Aktivitäten der Gattin. Derlei war vor 20 Jahren keineswegs üblich in dörflichen CSU-Kreisen. „Wir hatten schon gelegentlich Diskussionen“, bekennt Schorer. Doch ihre Schilderungen lassen erkennen, dass die beiden ein gutes Team sind, in dem der eine die Wünsche und Bedürfnisse des anderen respektiert und unterstützt. Tatsächlich hat ihr Mann sie sogar gelegentlich zu CSU-Terminen chauffiert, wenn es zeitlich mal eng war. Vor drei Jahren haben die Schorers den Bauernhof an eine der Töchter übergeben.

Gemütlicher ist es für Angelika Schorer nur vorübergehend geworden. Im Dezember 2021 wurde sie zur Präsidentin des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) gewählt. Man bat sie, sich zu bewerben, einen Gegenkandidaten gab es trotzdem. 36 000 Hauptamtliche und 190 000 Ehrenamtliche sind für das BRK tätig. Die Aufgaben der Mega-Organisation sind auch mit Blick auf die Corona-Pandemie gewaltig.
Sorge bereitet der neuen Präsidentin die Belastung der Rettungskräfte. „Viele von ihnen sind am Limit“, sagt sie. Die neue Impfpflicht im Pflegebereich macht die Sache nicht leichter. Schorer selbst steht hinter der Impfpflicht, ist aber keine Hardlinerin. Sie äußert Verständnis für Impfvorbehalte in der Bevölkerung, würde nicht einfach den Pflichtpiks für alle durchboxen, sondern befürwortet berufsgruppenbezogene Impfungen, etwa auch für Feuerwehrleute.

Und wenn die Politik mal Pause hat? Während (CSU-)Männer sich oftmals mühen, die Lektüre bleischwerer Polit-Biografien als bevorzugten Zeitvertreib zu verkaufen, hat die fröhliche Neunfach-Großmama Schorer kein Problem damit, ihre raren Freizeitaktivitäten so zu beschreiben: Apfelstrudel backen, Traumschiff gucken und – hach! – shoppen.
(Waltraud Taschner)

 

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