Landtag

Erwin Huber (CSU) stellt sich den Ausschussmitgliedern. (Foto: dapd)

31.12.2010

"Es gab kein Warnsignal"

Ex-CSU-Chef Erwin Huber bestreitet Schuld an BayernLB-Fiasko

Der frühere Finanz- und Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) hat vor dem Landesbank-Untersuchungsausschuss Vorwürfe zurückgewiesen, er sei beim Kauf der Kärntner Hypo Group Alpe Adria seinen Pflichten als Verwaltungsrat der BayernLB nicht nachgekommen. Ähnlich äußerte sich Städtetagschef Hans Schaidinger (CSU).
Der frühere Finanz- und Wirtschaftsminister Erwin Huber (CSU) hat vor dem Landesbank-Untersuchungsausschuss Vorwürfe zurückgewiesen, er sei beim Kauf der Kärntner Hypo Group Alpe Adria (HGAA) seinen Pflichten als Verwaltungsrat der BayernLB nicht nachgekommen. „Ich habe meine Aufgabe als Vertreter des Anteilseigners immer ernst genommen“, betonte Huber. Die Darstellung, dass der Verwaltungsrat dem Bankvorstand blind vertraut und damit seine Kontrollpflichen verletzt habe, „ist schlicht falsch“.
Er selbst wolle sich als einen „engagierten, unbequemen, kritischen, ja lästigen Verwaltungsrat“ bezeichnen. „Umso mehr schmerzt es mich, dass das Engagement bei der HGAA eine gewaltige Fehlinvestition und ein schlimmes Fiasko geworden ist“, sagte Huber. Diese Entwicklung sei aber zum Kaufzeitpunkt im Jahr 2007 nicht absehbar gewesen. „Es gab kein Warnsignal oder eine Warnlampe, die ich bei meiner Zustimmung zum Kauf überfahren hätte.“ Auch habe ihm niemand von dem Kauf abgeraten.
Huber betonte, er habe sich auf die Kaufentscheidung sorgfältig vorbereitet, obwohl er bei der kurzfristig anberaumten, entscheidenden Sitzung des Verwaltungsrats am 20. April 2007 wegen einer Terminkollision nicht habe teilnehmen können. Bei seiner Abwägung habe er auf verschiedene Quellen zurückgreifen können. Entscheidend sei ein Gespräch mit dem damaligen Finanzminister Kurt Faltlhauser gewesen. „Eine halbe Stunde Briefing durch Faltlhauser ersetzt stundenlanges Lesen von Akten“, sagte Huber.
Die von seinem Staatssekretär Hans Spitzner (CSU) im Vorfeld gemachte Bemerkung, der HGAA-Deal sei eine „heiße Kiste“, habe sich aus seiner Sicht nicht bewahrheitet. „Bei Spitzner gab es viele heiße Kisten, aus dieser kam nichts heraus außer heiße Luft.“
Huber räumte ein, ihm sei bewusst gewesen, dass der Kauf der HGAA mit Risiken behaftet war. Diese seien aber mit maximal 250 Millionen Euro beziffert und für beherrschbar gehalten worden. „Für ein Risiko von den letztendlich realisierten 3,7 Milliarden Euro gab es beim Kauf nicht den geringsten Anhaltspunkt“, so Huber. Erst im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass es „raffiniert, möglicherweise sogar strafbar versteckte Risiken“ gegeben habe.
Huber verwies darauf, dass auch der Landtag und die Sparkassen als Vertreter der Eigentümer seinerzeit die Grundsatzentscheidung zum HGAA-Kauf mitgetragen hätten. Er frage sich deshalb, warum es dann zu den scharfen Schuldzuweisungen an den Verwaltungsrat komme.
„Es stimmt eben nicht, dass sich da ein paar CSU-Politiker in ein unabsehbares Abenteuer gestürzt haben – diese Story ist zwar schön, aber falsch“, erklärte Huber.
Auch der Regensburger Oberbürgermeister Hans Schaidinger (CSU) verwies in seiner Zeugenvernehmung auf das Vertrauen, dass der Verwaltungsrat dem Vorstand der BayernLB grundsätzlich entgegengebracht habe. „Ich hatte keinen Grund anzunehmen, dass der Vorstand unsorgfältig arbeiten würde“, betonte Schaidinger, der als Vertreter der bayerischen Städte dem Kontrollgremium bis heute angehört. Nur bei begründetem Misstrauen hätte er nachhaken müssen, „eine andere Arbeitsweise gibt es nicht“, ergänzte er.
Für den Kauf der HGAA habe der Verwaltungsrat „Leitplanken“ vorgegeben, innerhalb derer der Vorstand das Geschäft habe abschließen können. Dazu habe gehört, dass alle noch offenen Fragen – in der damaligen Beschlussvorlage waren das 24 zum Teil gravierende Punkte – vor Vertragsunterschrift „zufriedenstellend abgearbeitet“ sein müssen.
Kommen die Bankschefs am Ende zu dem Ergebnis, dass dies der Fall sei, „dann liegt das innerhalb der Leitplanken“, erklärte Schaidinger. Bei negativem Ausgang hätten sie dem Kontrollgremium noch einmal berichten müssen. Davon ging auch Huber in seiner Vernehmung aus. Ausschusschef Thomas Kreuzer (CSU) zeigte sich angesichts dieser Aussagen verwundert, weil Schaidingers Aussage bedeute, „dass das zu beaufsichtigende Organ die Entscheidung darüber trifft, ob die Aufsicht eingeschaltet wird“.
Vertreter der Opposition forderten Schaidingers Rückzug aus dem Verwaltungsrat. Diesen Schritt legte Schaidinger auch der FDP-Abgeordnete Karsten Klein nahe. Schaidinger habe bei seiner Vernehmung deutlich gemacht, dass ihm das Verantwortungsbewusstsein für eine kritisch-konstruktive Begleitung der Landesbank „komplett fehlt“, so Klein.
Als erster aus der Chefetage der BayernLB äußerte sich der heutige Finanzvorstand Stefan Ermisch im Ausschuss. Er trat dem Vorstand erst nach dem HGAA-Kauf im Juli 2008 bei, deshalb steht ihm kein Auskunftsverweigerungsrecht zu. Zu den konkreten Vorgängen des HGAA-Kaufs konnte er deshalb keine Angaben machen. Interessant war aber seine Einschätzung zur HGAA aus seiner vorherigen Tätigkeit bei der „Bank Austria“. Die HGAA sei damals für ihn ein „unwesentlicher Spieler“ auf dem Bankenmarkt gewesen, der auf dem Balkan „in schwierigen Märkten mit hohen Wachstumszielen unterwegs gewesen“ sei.(Jürgen Umlauft)

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