Landtag

Stand den Mädchen mit Rat und Tat zur Seite: Simone Strohmayr mit Schülerinnen des Gymnasiums Königsbrunn. Foto: BSZ

04.05.2012

"Es ist ein Armutszeugnis, dass wir Quoten brauchen"

Bayerische Schülerinnen schlüpfen auf Einladung der SPD-Fraktion einen Tag lang in die Rolle von Landtagsabgeordneten

Viel zu lange gebe es schon die Diskussion um eine verbindliche Frauenquote – „doch durchgesetzt hat sie sich noch immer nicht“, schimpft Miriam. Die 16-jährige Schülerin steht im Plenarsaal des Bayerischen Landtags am Mikrofon und benennt auch gleich das Problem: „Es sitzen zu viele Männer im Parlament.“
An diesem Tag ist das anders. Das Plenum ist fest in weiblicher Hand. Denn die SPD-Landtagsfraktion hat 180 Schülerinnen aus ganz Bayern ins Maximilianeum geladen. Die Mädchen schlüpfen einen Tag lang in die Rolle von Landtagsabgeordneten, um sich mit zentralen Themen in der bayerischen Politik zu beschäftigen. In verschiedenen Ausschüssen haben sie diskutiert, Anträge und auch Gegenanträge formuliert. Nun soll im Plenum darüber debattiert und abgestimmt werden.

„Wir forden eine verbindliche Frauenquote von 50 Prozent bis zum Jahr 2022“

„Wir forden eine verbindliche Frauenquote von 50 Prozent bis zum Jahr 2022“, sagt Miriam. „Uns geht es aber um noch viel mehr, nämlich die Veränderung der Gesellschaft.“ Die Festschreibung anonymer Bewerbungen und den Ausbau der Kinderbetreuung enthält ihr Antrag  ebenfalls. Doch schon regt sich Widerstand, denn Anja ist ganz anderer Meinung: „Der Antrag erfasst nicht den Kern des Problems“, sagt sie. Das lasse sich nämlich keineswegs mit einer Frauenquote lösen. „Es geht darum, dass Frauen immer wieder einen Mangel an Wertschätzung erfahren“, betont die Schülerin. „Und schließlich wollen doch auch gar nicht alle Frauen Karriere machen. Manchen sind Familie und Kinder einfach wichtiger“, gibt sie zu bedenken. „Und wie bitte soll es durchsetzbar sein, dass man den Unternehmen vorschreibt, nur noch Frauen einzustellen?“
Schon ist die Debatte voll entbrannt. Das fordere man ja gar nicht, und in staatlichen Institutionen sei eine Quote durchaus durchsetzbar, kontert Miriam. „Auch Frauen haben eine eigene Meinung und ja wohl das Recht, sie der ganzen Welt mitzuteilen“, so ein Zwischenruf aus dem Plenum. „Wir sollten uns im 21. Jahrhundert mal fragen, warum es eine Quote braucht für die Gleichberechtigung“, ärgert sich eine andere Schülerin. „Das ist ein Armutszeugnis!“ Sie erntet tosenden Applaus. Am Ende fällt die Abstimmung eindeutig aus: Die große Mehrheit der Mädchen ist für die verbindliche Einführung einer Frauenquote.
Andere Entscheidungen dagegen fallen äußerst knapp aus: Zum Beispiel der Antrag zum Thema Cybermobbing, hier wurde die Einführung von verpflichtenden Seminarfahrten heftig diskutiert. Am Ende sprechen sich die Mädchen im Parlament dagegen aus. Auch die Legalisierung weicher Drogen findet keine Zustimmung der Mehrheit.
Die Schaffung eines Jugendparlaments dagegen wird klar votiert, dazu sollen bestehende Strukturen wie das europäische Jugendparlament und Schülervertretungen vernetzt werden. Caroline vom Humboldt-Gymnasium in Vaterstetten stellt den Antrag vor. Die 16-Jährige sitzt selbst im europäischen Jugendparlament und ist begeistert: „Man lernt zu argumentieren und zu diskutieren“, erklärt sie. „Und mir macht reden einfach Spaß.“ Ideale Voraussetzung für eine Politikerinnen-Karriere? „Nein“, sagt Caroline dann doch entschieden. „In die Politik werde ich nicht gehen. Ich mag dieses Parteien-Denken nicht.“
Simone Strohmayr, frauenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, ist am Ende begeistert, „wie kräftig alle mitdiskutiert haben“. Und Natascha Kohnen, Generalsekretärin der Bayern-SPD, gibt den Mädchen zum Abschied eine Bitte mit auf den Weg: „Lebt Demokratie nicht nur heute, sondern tagtäglich – gerade auch was die Gleichstellung angeht.“ Und dann hat sie einen großen abschließenden Wunsch: „Ich hoffe, dass ich es noch erleben kann, dass ich einige von euch hier aktiv wieder treffe.“ (Angelika Kahl)

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