Landtag

Die neue Synagoge in Regensburg. Im vergangenen Jahr hat die jüdische Gemeinde das neue Gebetshaus bekommen. (Foto: dpa/Armin Weigel)

21.02.2020

Judenhass entschieden entgegentreten

Bildungsausschuss: Der Antisemitismusbeauftragte Ludwig Spaenle stellt sein Arbeitsprogramm vor

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der gemeldeten antisemitischen Straftaten deutlich gestiegen. Das mache enorme Anstrengungen von Staat und Gesellschaft gegen Judenhass und Antisemitismus nötig, erklärt Ludwig Spaenle. In seiner neuen Aufgabe will er in einem Dreiklang aus Solidarität, Prävention und Repression jüdisches Leben fördern und dem Antisemitismus entgegentreten.

Ludwig Spaenle, Antisemitismusbeauftragter der Staatsregierung, hat im Bildungsausschuss sein Arbeitsprogramm zur Bekämpfung von Judenfeindlichkeit in Bayern vorgestellt. Er tat dies vor dem Hintergrund einer steigenden Zahl antisemitischer Vorfälle. Zu Beginn der Woche hatte das Innenministerium mitgeteilt, dass sich 2019 die Zahl der gemeldeten antisemitischen Straftaten um rund 40 Prozent auf 307 erhöht hat. Fast 300 der Fälle werden dem rechten politischen Spektrum zugerechnet. Vor diesem Hintergrund mit Spannung erwartet wird die Jahresbilanz der neu beim Bayerischen Jugendring angesiedelten Meldestelle für antisemitische Vorfälle, RIAS. Dort werden auch Fälle unterhalb der Strafbarkeitsschwelle registriert.

Die deutlich gestiegene Zahl an antisemitischen Straftaten und ein verändertes gesellschaftliches Klima machten „enorme Anstrengungen von Staat und Gesellschaft gegen Judenhass und Antisemitismus nötig“, so Spaenle. Der breite Einsatz für jüdisches Leben in Bayern sei eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Er stelle fest, dass Tabus und Hemmschwellen absänken, im Internet könne praktisch „jeder Unsinn“ verbreitet werden. Durch „saudumme Bemerkungen“, Beleidigungen, aber auch tätliche Übergriffe würden Juden in Bayern in ihrer Freizügigkeit eingeschränkt und fühlten sich teilweise bedroht. „Das Einschreiten ohne Selbstgefährdung muss bei solchen Vorfällen Standard sein“, betonte Spaenle.

In seiner neuen Aufgabe will der frühere Kultusminister in einem Dreiklang aus Solidarität, Prävention und Repression jüdisches Leben fördern und dem Antisemitismus entgegentreten. Als wichtigsten Baustein dafür nannte er die Vermittlung eines vertieften Wissens über das Judentum und dessen in Bayern seit 1000 Jahren währender Geschichte. „Gegen antisemitischen Unrat hilft nur Bildung und Kenntnis“, sagte Spaenle. Gemeinsam mit dem Kultusministerium arbeite er deshalb an einer Handreichung für den Schulunterricht sowie für die Erwachsenenbildung. Dabei müsse auch ein „differenziertes Israel-Bild“ vermittelt werden, das zulässige Kritik an politischen Entscheidungen in Israel von allgemeiner Judenfeindlichkeit trenne. Nach den Vorbildern des deutsch-französischen und des deutsch-polnischen Jugendwerks setzte sich Spaenle für die Gründung einer entsprechenden bayerisch-israelischen Einrichtung ein. Die Begegnung von Jugendlichen sei „eines der wirksamsten Mittel gegen antisemitische Vorurteile“, betonte Spaenle.

Fraktionsübergreifendes Lob für Spaenle

Als positiv bewertete Spaenle die immer größere Verbreitung der internationalen Antisemitismus-Definition IHRA als Grundlage für Maßnahmen gegen Judenhass. Neben der Staatsregierung hätten bayernweit bereits rund 70 Verbände, Institutionen und kommunale Gremien die IHRA-Vorlage übernommen. Sie bezögen damit klar Position gegen Antisemitismus in ihren Reihen. Mit Blick auf das Jubiläumsjahr 2021, in dem der ersten urkundlichen Erwähnung einer jüdischen Gemeinde in Deutschland im Jahr 321 gedacht wird, kündigte Spaenle mehrere Projekte und Veranstaltungen auch in Bayern an. Damit könne deutlich gemacht werden, dass jüdisches Leben seit jeher zu Deutschland und Bayern gehöre.

Im Ausschuss wurde Spaenle fraktionsübergreifend für sein Engagement gelobt. Der Ex-Minister sei „mit ganzem Herzen dabei“, solche Personen brauche es an dieser Stelle, würdigte Gabriele Triebel (Grüne). Über die von Spaenle angedachten Maßnahmen hinaus forderte sie konkrete Unterstützung für jüdische Schüler, die an Schulen von Antisemitismus betroffen seien. Um sich ein Bild von der Lage zu machen, müssten diese Fälle landesweit gesammelt und ausgewertet werden, um Gegenmaßnahmen entwickeln zu können. Triebel sprach sich zudem dafür aus, den Besuch von KZ-Gedenkstätten auch für Mittelschüler zur Pflicht zu machen und die Förderschulen mit Unterrichtsmodulen in leichter Sprache in die Vermittlung jüdischen Lebens einzubeziehen.

Margit Wild (SPD) begrüßte es, dass Spaenle das jüdische Leben in Bayern verstärkt in den Mittelpunkt rücken will. An den Schulen werde die Geschichte des Judentums zu sehr auf die Opferrolle im Holocaust reduziert. Dabei sei es wichtig, auch die vielen kulturellen und gesellschaftlichen Leistungen jüdischer Persönlichkeiten in den vergangenen Jahrhunderten zu vermitteln. Wild regte an, die Berufsschulen in den Jugendaustausch einzubeziehen. Der FDP-Abgeordnete Matthias Fischbach würdigte die zahlreichen Ansätze zur Behandlung des Antisemitismus an Schulen, ihm fehlte aber der Bezug zu aktuellen Phänomenen. Er wünschte sich einen Leitfaden zum Umgang mit antisemitischen Äußerungen und Vorfällen an Schulen. Zudem müsse in der Präventionsarbeit der Blick auf Jugend- und Subkulturen mit ihren unterschwelligen Verschwörungstheorien gerichtet werden.

Für die CSU-Fraktion verwies Gerhard Waschler auf das kürzlich von der Staatsregierung verabschiedete Konzept zur Stärkung der Erinnerungskultur sowie die Mittelaufstockung für bayerisch-israelische Begegnungen. Für die Austauschprogramme müsse aber noch mehr geworben werden, da es oft Vorbehalte wegen der Sicherheitslage in Israel gebe. Diese sei nicht so schlecht, wie es die mediale Berichterstattung erscheinen lasse, sagte Waschler unter Bezug auf eigene Erfahrungen. Eva Gottstein (Freie Wähler) begrüßte die Einsetzung des Antisemitismusbeauftragten als „sinnvoll“. Die von Spaenle vorgestellte Stoßrichtung zur Bekämpfung des Antisemitismus sei richtig. (Jürgen Umlauft)

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