Landtag

Hochmut kommt vor dem Fall: Ex-Landrat Kreidl hatte es gern opulent.(Foto: dpa)

16.05.2014

Lustreisen, Luxusfeiern und andere Hämmer

Innenausschuss: Das Innenministerium stellt die Ergebnisse der Kommunal- und Sparkassenaufsicht zu den Vorgängen um Ex-Landrat Kreidl in Miesbach vor

In einer schonungslosen Bilanz hat das Innenministerium die Vorgänge um den abgewählten Miesbacher Landrat Jakob Kreidl und die Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee aufgearbeitet. Der für die kommunale Aufsicht zuständige Abteilungsleiter Michael Ziegler legte dem Innenausschuss auf Antrag der SPD dazu einen umfangreichen Bericht vor. Fazit der Kommunalaufsicht: Die vermeintliche Sponsor-Tätigkeit der Sparkasse zugunsten kommunaler Amtsträger sowie von ihr gewährte Begünstigungen waren größtenteils unzulässig oder es bestehen „nicht unerhebliche Zweifel an der Zulässigkeit“.

Auch Kreidl und sein Vize-Landrat Arnfried Färber (Freie Wähler) haben sich demnach mehrere Unkorrektheiten erlaubt, als sie ohne Information und Beschlussfassung durch die zuständigen Kreisgremien Zahlungen für Feiern oder Reisen aus der Kreiskasse anordneten. Auf die betroffenen Kommunalpolitiker wie auf den inzwischen abgelösten Sparkassenchef Georg Bromme könnten nun Rückzahlungs- oder Schadenersatzforderungen zukommen.

Ziegler arbeitete die Vorwürfe und ihre rechtliche Bewertung in seinem gut halbstündigen Vortrag sachlich und ohne Umschweife ab. Noch am wenigsten hatten die Prüfer des Innenministeriums und der Regierung von Oberbayern demnach an der Feier zu Kreidls 60. Geburtstag auszusetzen, die die ganze Affäre erst ins Rollen gebracht hatte. Inklusive aller Steuern hatte die Veranstaltung mit letztlich 460 Gästen rund 120 000 Euro gekostet. Knapp 80 000 berappte die Sparkasse für ihren Verwaltungsratschef Kreidl, gut 33 000 Euro kamen aus der Kreiskasse, den Rest zahlte Kreidl aus seiner Privatschatulle. Zwar könne man die Feier noch als Repräsentationsveranstaltung der Sparkasse werten, so Ziegler, an der Angemessenheit der Kostenbeteiligung bestünden aber erhebliche Zweifel. Mit Blick auf die Ertragskraft des Instituts sei der Betrag „unverhältnismäßig und damit unzulässig“ gewesen.

Als in Gänze unzulässig werteten die Prüfer den Zuschuss der Sparkasse von knapp 50 000 Euro für eine als Informationsreise ausgegebene Wochenendfahrt der Landkreisspitze sowie von 16 Bürgermeistern und den Sparkassenvorständen nach Österreich und in die Schweiz. Für die Sparkasse habe weder ein Aufgabenbezug noch ein unmittelbarer Nutzen bestanden. Nicht zulässig sei auch die Übernahme der Kosten für die Feier des 70. Geburtstags von Vize-Landrat Färber in Höhe von gut 55 000 Euro gewesen. Hier habe es sich klar um eine Privatfeier gehandelt, da die Sparkasse zum Beispiel keinen Einfluss auf die Gästeliste gehabt habe. Ebenso unzulässig sei die Kostenübernahme für die Renovierung und Ausstattung der Diensträume Kreidls im Landratsamt für fast 300 000 Euro gewesen. „Es ist Aufgabe des Landkreises, das Landratsamt zu bauen und zu unterhalten, nicht der Sparkasse“, rügte Ziegler.

Nicht in Einklang mit den Aufgaben der Sparkasse seien zudem der Ankauf einer Alm bei Bayrischzell und von Räumlichkeiten der Herzoglichen Schlossbibliothek Tegernsee für insgesamt 2,4 Millionen Euro gewesen. Noch nicht konkret überprüft, aber zweifelhaft seien weitere Engagements der Sparkasse, so Ziegler weiter. Er nannte hochwertige Geschenke an Vorstände und Verwaltungsratsmitglieder, Kostenübernahmen für Trauerfeiern, Politikerreisen oder Rathausrenovierungen sowie fragwürdige Spenden und Bewirtungen. Bei der weiteren Aufarbeitung werde man die Kreissparkasse „eng begleiten und beraten“.

Kreidl und Färber wird in dem Bericht in mehreren Punkten eigenmächtiges Handeln attestiert. Die Kostenbeteiligungen des Kreises an den genannten Geburtstagsfeiern seien nicht nur unverhältnismäßig gewesen, sondern auch ohne Unterrichtung der zuständigen Gremien erfolgt. Gleiches galt für den Kreiszuschuss zur Reise nach Österreich und in die Schweiz. Hier habe sich Kreidl sogar über die Bedenken des Kämmerers hinweggesetzt. Die Renovierung von Kreidls Büro im Landratsamt hätten allein auf mündlichen Absprachen zwischen diesem und Sparkassenchef Bromme beruht. Alle Vorgänge seien nun Gegenstand weiterer kommunalaufsichtlicher Prüfungen, schloss Ziegler.

Dessen Bericht sorgte im Ausschuss für große Betroffenheit. „Hier tut sich ein Abgrund auf“, entfuhr es Paul Wengert (SPD). Die Miesbacher Spezlwirtschaft erinnere ihn an „vordemokratische Zeiten“. Was in Miesbach passiert sei, „ist nicht nur unanständig, es verstößt auch gegen Recht und Gesetz“. Dies müsse jetzt die Staatsanwaltschaft auf den Plan rufen, so Wengert. Ins Visier seiner Kritik gerieten auch die örtlichen Kommunal- und Sparkassenaufseher. Aus seiner Sicht habe es ein „komplettes Aufsichtsversagen“ gegeben. Es sei ihm unverständlich, dass die Selbstherrlichkeit der Landkreis- und der Sparkassenspitze keinem Kontrollorgan aufgefallen sei.

„Es wurden laufend rote Ampeln überfahren“

Die Grüne Katharina Schulze forderte vor diesem Hintergrund, die Sparkassenaufsicht gesetzlich neu zu regeln. Eigentümer und Kontrolleur dürften künftig nicht mehr dieselben sein. Zudem brauche es für die Sparkassen klare Sponsoring-Richtlinien. Ähnlich sah das Joachim Hanisch (Freie Wähler). In Miesbach sei die Sparkasse unter den Augen der Aufseher als „Selbstbedienungsladen“ missbraucht worden. „Es wurde nach Gutsherrenart bezahlt, verschoben und gesponsort“, so Hanisch. Auch bei der CSU distanzierte man sich von Kreidl. Norbert Dünkel sprach von einem „Sachverhalt mit hoher Qualität an Verfehlungen“, der eine weitere umfassende Aufklärung nötig mache. Ausschusschef Florian Herrmann (CSU) erklärte, es seien „laufend rote Ampeln überfahren worden“. (Jürgen Umlauft)

Kommentare (1)

  1. t-w-j am 22.05.2014
    Erst lässt man die "Regionalfürsten" ohne jedwede Kontrollle gewähren und hinterher kommt der große Aufschrei. Das gilt nicht nur für die Verwendung von Sparkassenmitteln sondern auch bei Stadtwerken, Kommunalunternehmen und sonstigen Gesellschaften außerhalb der öffentlichen Haushalte.
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