Landtag

Geändert: Die Geschäftsordnung. (Foto: BSZ)

12.12.2014

"Machtarroganz" contra "Stimmungsmache"

Debatte im Plenum zur Änderung der Geschäftsordnung: CSU setzt sich durch

Gegen den erbitterten Widerstand der Opposition hat die CSU-Fraktion die Neuregelung bei den Redezeiten im Landtagsplenum durchgesetzt. Seit 1997 hatten alle Fraktionen gleich lange Redezeiten. Künftig errechnet sich die Redezeit auf der Basis einer für alle gleichen Grundredezeit zuzüglich eines von der Fraktionsgröße abhängigen Zuschlags nach der Formel 4:2:1:1.

Künftig entfallen zum Beispiel bei einer auf eine Stunde angesetzten Debatte auf die CSU (101 Abgeordnete) 20, auf die SPD (42) 15 sowie auf Freie Wähler (19) und Grüne (18) je 12,5 Minuten. Regierungsmitglieder erhalten in diesem Fall zusätzliche Redezeit im Umfang des Kontingents der größten Fraktion, also ebenfalls 20 Minuten. Zusammengerechnet teilen sich Regierungslager und Opposition die Redezeit damit in Zukunft hälftig auf.

CSU-Fraktionsgeschäftsführer Josef Zellmeier begründete den Vorstoß mit dem Schließen einer Gerechtigkeitslücke. Mit der alten Regelung hätten Abgeordnete kleiner Fraktionen rechnerisch sehr viel mehr Rederecht als die großer Fraktionen. Viele CSU-Abgeordnete hätten deshalb auch ein Jahr nach der Landtagswahl noch keine Gelegenheit gehabt, im Plenum zu sprechen, während es zum Beispiel Jürgen Mistol von der 18-köpfigen Grünen-Fraktion schon auf über zwei Dutzend Auftritte gebracht habe, rechnete Zellmeier vor. Ein Grüner Abgeordneter habe rechnerisch fünf Mal so viel Redezeit wie einer der CSU, obwohl es fünf Mal mehr CSU-Abgeordnete gebe. Diese „Diskriminierung der Schwarzen“ bei der Redezeit müsse beendet werden, forderte Zellmeier.

Die Reaktion der Opposition auf die Verschiebung des Rederechts zu ihren Lasten fiel heftig aus. „Was Sie hier machen, ist undemokratisch, unsouverän und auch ein Stück weit kindisch. Heute zeigt sich die alte Machtarroganz der CSU wieder“, erregte sich SPD-Fraktionsgeschäftsführer Volkmar Halbleib. Zellmeiers Argumentation sei nur vorgeschoben. In Wahrheit wolle die CSU berechtigte Kritik der Opposition an der Staatsregierung wegdrücken. Dies rühre an die Grundfesten des Parlamentarismus. Tatsächlich habe die CSU schon in der Vergangenheit häufig das ihr zustehende Rederecht nicht ausgeschöpft. Wenn CSU-Abgeordnete nicht ans Rednerpult kämen, sei das also kein Zeit- oder Gerechtigkeitsproblem, „da passt halt die Rednerordnung bei der CSU nicht“, so Halbleib.

Der Fraktionsgeschäftsführer der Freien Wähler, Florian Streibl, sagte, die CSU führe sich auf „wie ein kleines beleidigtes Kind“. Statt sich der Kritik zu stellen, versuche die CSU, den politischen Gegner über die Redezeiten zu disziplinieren. „Das ist beschämend“, so Streibl. Grundsätzlich hätte er nichts gegen mehr Redezeit für die CSU, wenn dies zu mehr Qualität in den Debatten und mehr Kontrolle der Regierung führen würde. Dem sei aber nicht so. „Die CSU-Fraktion ist verkommen zum Halleluja-Chor der Staatsregierung“, sagte Streibl. Sein Grünen-Kollege Thomas Gehring warf der CSU schlechten Stil vor. Ihr gehe es nicht um Dialog im Parlament, sondern allein um die Durchsetzung ihrer Mehrheit. „Die Not muss groß sein, wenn Sie so verfahren“, meinte Gehring. CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer wies die Vorwürfe zurück: „Sie haben ein verschobenes Demokratieverständnis. Ihnen geht es null um die Sache, Sie wollen nur Stimmung machen.“

Neben der Neuregelung bei den Redezeiten beschnitt die CSU mit ihrer Mehrheit weitere Minderheitenrechte der Opposition, zum Beispiel bei der Einsetzung von Anhörungen. Vorschläge der Opposition, mit denen der Parlamentsbetrieb nach deren Einschätzung interessanter und informativer geworden wäre, lehnte die CSU ab. So wird es beim Hammelsprung zur Feststellung unklarer Abstimmungsergebnisse bei der Praxis bleiben, dass erst der Saal geräumt wird und die Abgeordneten bei ihrem Wiedereintritt gezählt werden. Zudem wird es die von der Opposition gewünschte Regierungsbefragung ebenso wenig geben wie eine Aufwertung der Zwischenfragen. Im Einvernehmen verabschiedet wurde dagegen eine Präzisierung der Mitwirkungsrechte des Landtags bei Bayern auf europäischer Ebene betreffenden Fragen. (Jürgen Umlauft)

Kommentare (1)

  1. Guido Langenstück am 13.02.2015
    War ja auch nicht anders zu erwarten. Und wenn ein Landtagsabgeordneter bzw. eine Abgeordnete von der Opposition etwas deutlicher gegenüber der CSU-Mehrheit wird, funkt "Mutti" Stamm (CSU, Landtagspräsidentin) gerne dazwischen. Jüngst zu erleben bei der Debatte zur 3. Startbahn am 3.2.15, wo die Abgeordnete Katharina Schulze von den Grünen von Barbara Stamm unsachlich angegangen worden ist: http://www1.bayern.landtag.de/lisp/res/glplayer/Main.html?media=/lisp/res/metafiles/wp17/17_306/20150203172332_referenz.smil&startIndex=4&liveTransscriptionURL=%27%27&subtitleURL=%27%27 Feine Demokratie in Bayern, oder?
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