Landtag

Die Staatsregierung will die Digitalisierung unter anderem für den Ausbau der Telemedizin nutzen. (Foto: dpa/Monika Skolimowska)

22.02.2019

Mehr Geld für defizitäre Einrichtungen

Unterstützung für Kurzzeitpflege, Geburtshilfe und Krankenhäuser: Was das Gesundheitsministerium plant – und was die Abgeordneten davon halten

Um die Gesundheitsversorgung im Freistaat zu stärken, will Ministerin Melanie Huml (CSU) freie Plätze in der Kurzzeitpflege bezuschussen, defizitäre Geburtshilfestationen mindestens drei Jahre finanziell unterstützen und Krankenhäusern bei der Modernisierung unter die Arme greifen – selbst wenn sie rote Zahlen schreiben.

Wie es um die Wertschätzung von Pflegekräften bestellt ist, verdeutlichte Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) im Gesundheitsausschuss mit einem persönlichen Erlebnis. Kürzlich unterhielt sie sich mit einer Schülerin, die neben dem Abitur im Altenheim arbeitet. „Hat es trotz Abitur für nichts anderes gereicht?“, hätten sie die Bewohner gefragt. Dabei sei es der Schülerin eine Herzensangelegenheit, Senioren zu helfen. „Wir müssen Menschen, die für ihren Beruf brennen, viel stärker wertschätzen“, unterstrich Huml.

Laut Ministerin ist im Bereich der Pflege 2018 schon viel passiert (siehe Seite 2). Um noch mehr Menschen für die Pflege zu gewinnen, will sie die Arbeitsbedingungen verbessern. Dazu gehöre nicht nur eine bessere Bezahlung, sondern auch mehr Entlastung. Huml verwies zum einen auf den Ausbau der Kurzzeitpflege in Bayern. Um den Trägern eine Personalaufstockung zu ermöglichen, sollen die Tage, an denen ein Platz nicht belegt ist, vom Freistaat pauschal mit 100 Euro vergütet werden. Zum anderen sollen die vom Bund zugesagten insgesamt 13 000 Pflegestellen auch Bayern zugute kommen. „Auch wenn ich natürlich weiß, dass Personal schwer zu finden ist.“

Ein weiterer Baustein zur Stärkung der Pflege ist laut Huml das Bündnis für generalistische
Pflegeausbildung in Bayern. Hintergrund ist das Pflegeberufegesetz des Bundes. Ab 2020 wird die Ausbildung der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpfleger zu einem gemeinsamen Berufsbild zusammengefasst. Erst im dritten Ausbildungsjahr erfolgt eine Spezialisierung. Die Unterzeichner des Bündnisses wollen die Zusammenarbeit möglichst effizient koordinieren und für ausreichend Ausbildungsplätze sorgen. „Wenn wir das nicht gut umsetzen, ist das keine Werbung für den Beruf“, mahnte Huml.

Um die Versorgung der jüngsten Bürger zu verbessern, setzt das Gesundheitsministerium auf zwei Säulen. Die erste sieht für Kommunen einen Pauschalbetrag von 40 Euro pro geborenem Kind vor, um Projekte im Bereich der Hebammenversorgung voranzutreiben. In Erlangen-Höchstadt konnte dadurch zum Beispiel eine Zentrale zur besseren Vermittlung von Hebammen aufgebaut werden. Die zweite Säule sieht vor, defizitäre Geburtshilfestationen finanziell zu unterstützen und sie so vor der Schließung zu bewahren. Voraussetzung: Im Zeitraum von drei Jahren müssen mindestens 50 Prozent der Geburten in der Region in diesem Krankenhaus stattfinden.

Huml fordert mehr Geld aus dem Gesundheitsfonds für Bayern

Um die flächendeckende Versorgung zu gewährleisten, hat die Staatsregierung letztes Jahr den Krankenhausförderetat um 140 Millionen Euro auf 643 Millionen Euro angehoben. „Wir hoffen, dass wir auch im nächsten Jahr bei dieser Summe bleiben können“, versicherte Huml. Damit Krankenhäuser nicht aus Sorge vor roten Zahlen vor notwendigen strukturellen Veränderungen zurückschrecken, werde auch das Defizit beim Ausbau zukunftsfähiger Strukturen der Standorte vom Freistaat getragen.

Des Weiteren will Huml die Versorgung von Menschen in psychischen Krisensituationen in den nächsten zwei Jahren flächendeckend ausbauen und die Angebote in der Palliativversorgung verdoppeln. Außerdem durch finanzielle Anreize mehr Ärzte aufs Land locken, aber auch in bestimmte Stadtteile – zum Beispiel Kinderärzte. Und die Digitalisierung stärker nutzen, sprich Telemedizin, künstliche Intelligenz und Assistenzrobotik. Ein weiteres Anliegen war ihr der Ausbau der E-Patientenakte und der elektronischen Patientenkarte. Hier werde von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zwar schon viel auf den Weg gebracht. „Aber es gibt immer noch Einiges zu tun“, unterstrich die Ministerin.

Offene Kritik am Bund übte Huml zum einen bei den jahrelangen Beratungen über die Bedarfplanungseinheiten, also die Zahl der Ärzte im Verhältnis zur Einwohnerzahl. „Da könnte manches a bisserl zügiger vorangehen“, mahnte sie. Zum anderen kritisierte sie, dass Bayern aufgrund der niedrigen Arbeitslosenquote und hohen Löhne mehr als andere Bundesländer in den Gesundheitsfonds einzahle, aber wie alle anderen nur den Durchschnittswert ausgezahlt bekomme. Huml forderte daher, bei der Berechnung künftig einen sogenannten Regionalfaktor einzubeziehen.

Klaus Holetschek (CSU) dankte Huml für die vielen Initiativen. „Wir dürfen nicht nachlassen, im Bund den Finger in die Wunden zu legen“, rief er der Ministerin zu. Ein wichtiges Thema sei in Zukunft, Pflegekräfte zu rekrutieren und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Holetschek, der auch Bürgerbeauftragter der Staatsregierung für die Pflege ist, mahnte, das Kommunalbüro für ärztliche Versorgung zu stärken – dieses sei bei der Beratung oft an der „Leistungsgrenze“ angekommen. Auch die Forschung im Bereich der integrativen Medizin, also der Kombination aus anthroposophischer und konventioneller Medizin, und im Bereich Krebs müsse weiter ausgebaut werden.

Peter Bauer (Freie Wähler) wies darauf hin, dass bundesweit Studienplätze im Bereich der Medizin abgebaut werden. „Bayern ist das einzige Bundesland, das den anderen Weg geht.“ Um die neu geschaffenen 2000 Studienplätze rasch zu belegen, soll die Zusammenarbeit mit dem Wissenschaftsministerium ausgebaut werden.

Den Grünen war insbesondere die flächendeckende Hebammenversorgung ein Anliegen. „Noch immer müssen in manchen Regionen Frauen über 45 Minuten zur nächsten Geburtshilfestation fahren“, monierte deren Abgeordnete Christina Haubrich. Ihr Fraktionskollege Andreas Krahl forderte, den sogenannten grauen Pflegemarkt nicht zu vergessen – dabei handelt es sich oft um ausländische Pflegekräfte in Privathaushalten, deren Verträge oft nicht den Vorgaben entsprechen.

Andreas Winhard (AfD) überraschte mit der Forderung, der Freistaat solle zur Linderung des Fachkräftemangels auch Pflegekräfte aus dem Ausland anwerben – vorausgesetzt, sie hätten einen ähnlichen Ausbildungsstandard wie deutsche Pflegekräfte. Alle anderen Fraktion setzen sich dafür schon lange ein.

Ausschussvizin Ruth Waldmann (SPD) klagte, dass seit der Schulgeldfreiheit für Heilmittelberufe, etwa angehende Physiotherapeuten, viele Schulen trotz Zuschüssen zu wenig Geld hätten. Waldmann unterstrich: „Die Schulgeldfreiheit darf nicht dazu führen, dass es zu Abstrichen bei der Qualität kommt.“ (David Lohmann)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist die geplante neue Kindergrundsicherung sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

BR Player
Bayerischer Landtag
Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.