Landtag

Ab jetzt mit Koalitionspartner: Markus Söder (CSU) im Landtag, neben ihm Vizeministerpräsident Aiwanger und Umweltminister Glauber (beide FW). (Foto: Peter Kneffel/dpa)

14.12.2018

Neue Zeiten

Bei Markus Söders erster Regierungserklärung nach der Wahl fiel nur einer aus der Rolle: die AfD

Die erste Regierungserklärung nach einer Landtagswahl war früher oft eine Wundertüte mit Knalleffekt. Zum Beispiel 2003, als Ministerpräsident Edmund Stoiber selbst die eigenen Leute mit seinem rigorosen Sparkurs schockte. Oder 2013, als Horst Seehofer die „Koalition mit den Bürgern“ ausrief. Die beiden alleinregierenden CSU-Altvorderen konnten ihre Rede im stillen Kämmerlein ausarbeiten, Absprachen mit einem Koalitionspartner waren nicht nötig. Insofern hatte es diese Woche Markus Söder schwer, mit Neuigkeiten aufzuwarten. Die Absichten des schwarz-orangen Bündnisses stehen für alle nachlesbar seit sechs Wochen im Koalitionsvertrag.

Ein paar kleine Aspekte aus dem Kleingedruckten packte Söder dennoch aus. Er kündigte an, Bayern werde als erstes Bundesland ein Gesetz zum Schutz der Opfer von Gewaltverbrechen vorlegen. Bis 2030 sollen 70 Prozent der neu zugelassenen Fahrzeuge in Bayern elektrisch fahren, schon bis 2025 70 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Quellen stammen. Die umstrittenen befristeten Arbeitsverträge für Lehrer will die Koalition fast komplett abgeschaffen. Und Söder will sich in die Bekämpfung von Fluchtursachen selbst einbringen: Seine erste große Auslandsreise führt ihn nach Afrika.

Die anschließende Debatte verlief in ruhigen und sachlichen Bahnen, bis AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner ans Rednerpult trat. Für die Abgeordneten der anderen Fraktionen wurde ihr Vortrag schnell das, was SPD-Fraktionschef Horst Arnold später als „schwer erträglich“ bezeichnen sollte. Sein FDP-Kollege Martin Hagen fasste es so zusammen: „Eine derart krude Melange rechter Verschwörungstheorien hat dieser Landtag noch nie erlebt, das war eine Schande.“ Dem Beifall nach zu schließen, sprach Hagen der großen Mehrheit des Hauses aus der Seele.

Ebner-Steiner redete viel vom bayerischen Volk, das es vor dieser schwarz-orangen Koalition zu schützen gelte. Deren Ziel sei nämlich, dass der Freistaat in eine „multi-ethnische Besiedlungszone umgewandelt“ werde. In der Rede steckten noch mehr Passagen, die erahnen lassen, warum Verfassungsschützer zumindest Teile der AfD im Blick haben. Zur Sache, also wie die AfD gedenkt, aktuelle Herausforderungen in der Bildungs-, Wohnungs-, Sozial- oder Familienpolitik anzugehen, sagte Ebner-Steiner kein Wort. Nur, dass es mit der AfD nun eine „richtige Opposition“ im Landtag gebe. Eine Opposition „mit null Komma null Substanz dahinter“, wie SPD-Mann Arnold konterte.

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze nahm sich erwartungsgemäß die ökologischen Aspekte in Söders Rede vor. Zu unambitioniert seien diese und kaum mit konkreten Maßnahmen unterfüttert. „Wie wollen Sie das Klima schützen, wenn beim Schutz alles ausgenommen wird, was den Klimawandel verursacht“, fragte sie und forderte klare Pläne für ein Umsteuern in der Verkehrs- und Agrarpolitik. Zudem bemängelte sie, dass Söder die wachsende Armut im reichen Bayern nicht thematisiert habe.

Arnold ließ sich vom bevorstehenden Weihnachtsfest inspirieren. Söder habe „hübsch verpackte Geschenke“ vorgelegt, in denen aber nichts drin sei. „Keines bringt die Augen zum Leuchten, Herzenswünsche bleiben unerfüllt“, klagte er. Die versprochene kostenfreie Kita sei nicht für alle kostenfrei, die Förderung des Wohnungsbaus eine Mogelpackung, und beim Klimaschutz entweiche dem Päckchen vorwiegend heiße Luft. Für die FDP vermisste Martin Hagen Impulse in der Wirtschaftspolitik. Hier drohe Bayern im Ländervergleich abzurutschen. „Wirtschaftsinnovationen hätten ein Update gebraucht, bekommen haben wir Hubert Aiwanger“, sinnierte er.

Während CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer in gewohnter Manier die Regierungspolitik lobte und der Opposition vorwarf, außer Kritik keine Lösungsvorschläge zu bieten, war sein Kollege von den Freien Wählern, Florian Streibl, in seinem Wandel zum Regierungspolitiker ein gutes Stück vorangekommen. Besonders den Grünen hielt er vor, ein Zerrbild von Bayern zu zeichnen. Genau mit diesen Worten hatte Kreuzer vor der Wahl auch die Kritik der damals noch oppositionellen Freien Wähler abgekanzelt. „Bayern ist besser, Bayern ist schön“, rief Streibl der Grünen Schulze noch zu – auch das ein Kreuzer-Zitat aus der Zeit vor der Wahl. (Jürgen Umlauft)

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