Landtag

Fordert auch in der Flüchtlings-, Klima- und Umweltpolitik mehr Engagement: Markus Söder. (Fotos: dpa/Schuldt (2), Mirgeler)

24.05.2019

"Nur mit Europa sind wir stark"

In seiner Regierungserklärung warnt Ministerpräsident Markus Söder vor einem Erstarken der Rechtspopulisten in Europa

Kurz vor der Europawahl appelliert Markus Söder (CSU) an Bayerns Bürger, zur Wahl zu gehen – und die Verantwortung für die Zukunft der EU nicht in die Hände von Rechtspopulisten zu legen. Fast alle Parteien sprechen sich im Landtag für ein starkes Europa aus – und erkennen einen gemeinsamen Gegner: die AfD.

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Bürger Bayerns zur Teilnahme an der Europawahl am Sonntag aufgefordert. Es wäre ein „historisches Versagen“, aus Langeweile oder Desinteresse die Zukunft Europas zu gefährden, sagte Söder in seiner Regierungserklärung. Es gehe darum, jenen Kräften entgegenzutreten, die Europa schlecht redeten oder gar zerstören wollten. „Das Europa der FPÖ, des Front National, des Herrn Wilders, des Herrn Salvini und auch der AfD ist nicht das gute Europa“, wandte sich Söder gegen das Erstarken von Rechtspopulisten. Diese seien nicht geeignet, seriös Verantwortung zu übernehmen.

Söder hob die Bedeutung des europäischen Einigungsprozesses für Frieden, Freiheit und Wohlstand hervor. Diese historischen Errungenschaften seien keine Selbstverständlichkeiten. Zudem stehe Europa für gemeinsame Werte. „Wir Europäer sind in Vielfalt vereint, wird dürfen nicht zulassen, dass das am Ende zerstört wird“, warnte Söder. In einer globalisierten Welt seien die europäischen Nationalstaaten alleine nicht stark genug, um gleichberechtigt gegenüber großen Wirtschaftsmächten wie den USA oder China aufzutreten. „Auf bayerischen Beinen in der Welt zu stehen, das gelingt uns nur mit Europa“, betonte Söder.

Für die kommenden Jahre forderte er, mehr in die Zukunftsfähigkeit des Kontinents zu investieren. Die Ausgaben für Forschung müssten daher an erster Stelle der Prioritätenliste stehen. „Wir brauchen keine Umverteilungs- sondern eine Innovationsunion“, sagte Söder. Unerlässlich sei Europa zudem in Sicherheitsfragen. Dazu müssten Daten über potenzielle Gefahren und Gefährder intensiver über Grenzen hinweg ausgetauscht und der Außengrenzschutz weiter verstärkt werden. Söder trat dafür ein, die Grenzschutzagentur Frontex bereits bis 2022 zu einer „echten europäischen Grenzpolizei“ auszubauen.

In der Migrationsfrage bezeichnete Söder die bayerische Politik als Vorbild für eine „Balance aus Humanität und Ordnung“. Bayern sei das Land der gelingenden Integration für Schutzsuchende, handle aber auch konsequent gegenüber Straftätern, die so rasch wie möglich abgeschoben würden. Den Tod Tausender Menschen auf ihrer Flucht über das Mittelmeer nannte Söder „unerträglich“. Hier müsse Europa helfen und für eine solidarische Lastenverteilung bei der Aufnahme von Flüchtlingen sorgen. Zudem müsse sich Europa stärker um die Fluchtursachenbekämpfung in Afrika kümmern. Bayern schlage mit seinem „Afrikapaket“ bereits ein neues Kapitel der Beziehungen auf. Söder regte die Einsetzung eines EU-Kommissars für Afrika an, der sich umfassend um Initiativen für den Nachbarkontinent kümmern solle.

Auch in der Umwelt- und Klimapolitik verlangte Söder mehr europäisches Engagement. Es brauche eine „ehrliche gemeinsame Energiestrategie“, Europa müsse eine Klimaunion mit einem dafür zuständigen Kommissar werden. Nationale Alleingänge brächten hier wenig, „wir müssen europäisch denken“. Am Ende warb Söder um Unterstützung für den EVP-Spitzenkandidaten, den CSU-Politiker Manfred Weber. Mit ihm bestehe die „einmalige historische Chance“, dass ein Bayer Präsident der EU-Kommission werde.

Grüne: Rechtspopulisten zersetzen Europa von innen

Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze erklärte, die Zukunft Europas müsse „mutig und entschlossen gestaltet“ werden. Anders als in früheren Jahren fehle es in den konservativen Parteien derzeit an Personen, die dafür einträten. „Wir brauchen mehr Europa, denn als Nationalstaaten allein können wir die globalen Herausforderungen nicht meistern“, sagte Schulze. Nötig sei eine gemeinsame Finanz-, Industrie-, Sicherheits- und Außenpolitik. Europa müsse zudem sozial gerechter, demokratischer und ökologischer werden. Den Rechtspopulisten warf Schulze vor, Europa „von innen zersetzen“ zu wollen. Dies dürften die Demokraten in Europa nicht zulassen.

Nach Ansicht von AfD-Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner sind viele Menschen zu Recht EU-skeptisch. Sie seien die Bevormundung aus Brüssel leid und der „Dauerpropaganda aus dem Phrasenschwein“ überdrüssig. Gründe seien der fehlende Grenzschutz, die „Dauerkrise Euro“ und ein „gewaltiges Demokratiedefizit“. Ebner-Steiner wies den Vorwurf zurück, die AfD mache Europa verächtlich. „Wir zeichnen ein durch und durch positives Bild von Europa, wir haben nur eine andere Idee von Europa“, erklärte sie. Man wolle ein „Europa der Vaterländer“, denn Freiheit und Souveränität gehörten untrennbar zusammen. Sie sprach sich für mehr Bürgerbeteiligung und ein Veto-Recht nationaler Parlamente gegen EU-Vorgaben aus.

Für die SPD begrüßte Markus Rinderspacher die pro-europäische Rede Söders. Dies sei ein „Kurswechsel“ zu früheren Jahren, als die CSU den ungarischen Europa-Verächter Viktor Orban hofiert und regelmäßig auf die EU-Bürokratie geschimpft habe. Nach Ansicht Rinderspachers müsse Europa das Soziale mehr in den Mittelpunkt rücken. Dazu gehöre eine gerechte Besteuerung internationaler Großkonzerne genauso wie Maßnahmen gegen Lohndumping und Investitionen in Beschäftigung. Auch Rinderspacher sprach sich für einen vertieften Einigungsprozess aus. Denn überall dort, wo Nationalisten das Sagen bekämen, sei das Ergebnis Chaos.

FDP-Fraktionschef Martin Hagen lobte Söder dafür, dass die Staatsregierung den „europapolitischen Irrweg“ der vergangenen Jahre verlassen habe. Es müsse sich nun zeigen, ob dies Opportunismus angesichts der bevorstehenden Europawahl sei oder doch einem Lernprozess geschuldet. Befremdlich fand Hagen Söders landsmannschaftliches Werben für Manfred Weber. Offenbar sei ihm Herkunft wichtiger als Eignung und Kompetenz. „Für uns ist nicht entscheidend, wo jemand herkommt, sondern wo er mit Europa hin will“, erklärte der Liberale. Er unterstütze deshalb die dänische EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

Für mehr europäische Gemeinsamkeiten auf den wichtigen Politikfeldern trat CSU-Fraktionschef Thomas Kreuzer ein. Um international auf Augenhöhe mit den großen Wirtschaftsmächten agieren zu können, „müssen wir Europäer enger zusammenrücken“, sagte Kreuzer. Die europäische Ebene sei zudem wichtig, um Konflikte zwischen Nationen gewaltfrei lösen zu können. „Wer wie die AfD die EU dämonisiert und sogar von einem Dexit faselt, der stärkt nicht den Nationalstaat, sondern schwächt unser Land und legt Axt an die Säule unseres Wohlstands“, erklärte Kreuzer. Freie-Wähler-Fraktionschef Florian Streibl betonte, es gebe sicher berechtigte Kritikpunkte an der EU, sie stehe aber für 70 Jahre Frieden, Freiheit und Wohlstand in Europa. Diese Errungenschaften gelte es zu verteidigen: „Unser Europa heißt: Nie wieder Verdun, nie wieder Auschwitz.“ (Jürgen Umlauft)

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