Landtag

Polizeischüler üben die Festnahme einer Verdächtigen. Teile ihrer wegen Corona ausgefallenen Ausbildung sollen die jungen Leute nun im Streifendienst erlernen. Nicht alle Parlamentarier glauben dass dies funktionieren kann. (Foto: dpa/Daniel Karmann)

16.06.2020

Öffentlicher Dienst trotzt Beschränkungen durch Corona-Krise

Viel Telearbeit, verschobene Prüfungen und Ausbildungsinhalte sowie große Solidarität der Behörden untereinander

Auch auf die Beschäftigten in den Verwaltungen hat die Corona-Krise Auswirkungen. Vor allem kam es darauf an, die Arbeit der Behörden aufrecht zu erhalten, so der Tenor der Berichterstattung im Ausschuss für den öffentlichen Dienst. Und auch die Qualität der Ausbildung der jungen angehenden Staatsdiener soll nicht leiden.

Vor allem die Gesundheitsämter hätten vor der Corona-Krise mitunter ein Schattendasein in der öffentlichen Wahrnehmung geführt beziehungsweise wären nicht immer ausreichend präsent gewesen, konstatiert der Ausschussvorsitzende Wolfgang Fackler (CSU). Da habe man gesellschaftlich etwas dazugelernt.

Wie genau sich die Auswirkungen die Pandemie auf den öffentlichen Dienst im Freistaat ausgewirkt hat, darüber berichtete die Ministerialdirigentin Nicole Lang aus dem Finanzministerium. Das Haus von Ressortchef Albert Füracker übernimmt eine koordinierende Rolle aller Ministerien bei Personalangelegenheiten.

Mit einer deutlichen Mehrbelastung sei die Arbeit verbunden gewesen, so Lang. Ganz wichtig sei die Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit des öffentlichen Dienst gewesen. Vor allem in der Steuerverwaltung habe es viel zu tun gegeben – unter anderem durch die zahlreichen Anträge auf Stundung der Steuerschuld beziehungsweise auf staatliche Soforthilfe. Worauf man habe achten müssen war eine Gleichbehandlung der doch ziemlich heterogenen Beschäftigungsgruppen im Staatsdienst.

Die Behörden hätten stark auf Telearbeit gesetzt – zwar freiwillig, aber immer wenn möglich. Hier zu wollte die stellvertretende Ausschussvorsitzende Tessa Ganserer von den Grünen wissen, in wie vielen Fällen dem Antrag auf Telearbeit seitens des Dienstherren nicht stattgegeben werden konnte. Hierzu habe sie keine exakten Zahlen, erwiderte die Ministerialdirigentin, es lägen aber auch keine entsprechenden Beschwerden beziehungsweise negative Rückmeldungen vor. Durchschnittlich hätten aber rund 50 Prozent der Staatsdiener Telearbeit praktiziert. An dieser Stelle gebühre ein besonderer Dank den IT-Verantwortlichen in den Ämtern, die erst die technischen Möglichkeiten dafür geschaffen hätten. Neben der – bedingt durch Corona – stärkeren Inanspruchnahme des Netzes habe man auch die Sicherheitsaspekte berücksichtigen müssen.

Keine amtsärztlichen Untersuchungen

Dienstreisen in Risikogebiete fanden generell nicht statt, alle übrigen seien auf das absolut nötige Maß begrenzt worden, Fortbildungen wurden ausgesetzt und bei der unvermeidlichen Präsenz in den Ämtern habe man darauf geachtet, durch entsprechende Gleitzeiten die Zahl der Anwesenden und damit das Ansteckungsrisiko so gering wie möglich zu halten. Für Auszubildende wurden Praxiseinheiten wenn möglich vorgezogen, der theoretische Unterricht musste – wie bei allen Schulen – vertagt werden.

Vor allem diese Punkte waren es, die Vertreter aller Parteien die Fürsorge des Freistaats für seine Beschäftigten loben ließen. Gleichzeitig habe es, fügte Nicole Lang hinzu, bewundernswerte Beweise von Engagement gegeben – etwa durch Mitarbeiter über 60 Jahren, die als Angehörige einer Risikogruppe eigentlich hätten daheim bleiben dürfen und sich trotzdem freiwillig zum Schalterdienst meldeten. Aus anderen Behörden wären rund 1400 Beschäftigte in die Gesundheitsverwaltungen gewechselt, die zum 1. Juli nach und nach wieder an ihre eigentlichen Arbeitsplätze zurückkehren würden.

Auch Übernahmen von neuen Staatsdienern fanden während des Lockdowns statt – allerdings ohne die sonst in solchen Fällen üblichen Untersuchungen durch den Amtsarzt; lediglich Bescheinigungen von Hausärzten mussten die Anwärter vorlegen. „Die amtsärztlichen Untersuchungen werden aber nachgeholt“, schränkte Nicole Lang ein. „Wer sich dann als nicht geeignet herausstellt muss leider wieder entlassen werden.“ Verschoben werden mussten jedoch die Einstellungstests.

"Noch Luft nach oben bei der Digitalisierung"

SPD-Vertreter Arif Tasdelen konstatierte, dass noch „Luft nach oben bei der Digitalisierung“ bestünde. Telearbeit sei ein „Zukunftsmodell“. Und wenn es derzeit noch Arbeitsplätze in der Verwaltung gäbe, die dafür nicht geeignet sind, „dann muss man schauen wie man sie sie geeignet macht“.

Bei der Ausbildung der künftigen Staatsdiener mussten allerdings Konzessionen gemacht werden, wie die Ministerialdirigentin darlegte. Einen Schwerpunkt nahm hierbei die Situation bei der Polizei ein. Nicole Lang bestätigte, dass diverse Ausbildungsinhalte nur eingeschränkt vermittelt werden konnten. Was noch fehle, solle entweder im Streifendienst oder durch spätere Weiterbildungsveranstaltungen nachgeholt werden. Die Qualifikationsprüfung sei vorgezogen worden – bei freiwilliger Teilnahme. Nahezu alle Anwärter hätten sich daran auch beteiligt – mit Ausnahme einer Klasse von 24 Personen, die sich komplett in Quarantäne befand. Es habe auch nur vier Durchfaller landesweit gegeben, dass sei auch im Vergleich mit früheren Jahren eine sehr gute Quote. Der Ministerialvertreterin war es wichtig zu betonen, dass es sich auch heuer beim Abschlussjahrgang „nicht um geschenkte Abschlüsse“ handele.

CSU-Vertreter Max Gibis befand, dass man die jungen Anwärter auch nicht ohne weiteres ein Jahr länger ausbilden könne, schließlich würden diese in den Ämtern ja auch dringend benötigt. Defizite bei ihnen durch die Corona-Beeinträchtigungen sehe er nicht – im Gegenteil. Durch den Zwang zum eigenständigen Lernen daheim hätten sie sogar ein höheres Maß an Selbstständigkeit erworben. Ohne einen der Anwesenden konkret anzusprechen ätzte Gibis noch über jene, „die sich in der heißen Phase der Krise, als es galt Entscheidungen zu treffen, vom Acker gemacht haben und nun kluge Ratschläge geben“.

Deutlich Wasser in den Wein goss diesbezüglich AfD-Vertreter Max Bayerbach. Es sei häufig „übers Ziel hinausgeschossen“ worden und was die Funktionsfähigkeit der Behörden im Lockdown beträfe, sei „Flaschenpost von unten nach oben“ praktiziert worden. „Wenn man mit der Basis spricht, erhält man andere Einschätzungen als Sie hier darlegen“, sagte er an die Adresse der Ministerialbeamtin. Gerade bei komplizierten Ausbildungsbestandteilen der Polizei wie beispielsweise die Tatortaufnahme oder das Verhalten in lebensbedrohlichen Situationen bezweifle er, dass man „das mal so nebenbei im Streifendienst erlernen kann. Da wird die Fürsorgepflicht lax gehandhabt“.
(André Paul)

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