Frauen sind einerseits Bildungsgewinnerinnen, andererseits jedoch Karriereverliererinnen. Wie sich dieses Paradoxon vieler weiblicher Biografien erklärt und wie sich das aufheben lässt, darüber diskutierte Gudrun Brendel-Fischer, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Frauen der CSU, im Rahmen eines Werkstattgesprächs mit einigen ihrer Geschlechtsgenossinnen. „Wiedereinstieg nach der Familienpause“ lautete der Titel der Veranstaltung. In ihm ist angedeutet, dass vielen Frauen nach einem Ausstieg der Wiedereinstieg in ihren Beruf schwer fällt respektive schwer gemacht wird.
"Kennen Sie die Drei-Wetter-Taft-Frau?"
Erziehungs- und Pflegezeiten sind laut Renate Dodell, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CSU, „eine schwierige Zeit für Familien und Unternehmen“. Durchschnittlich dauere eine solche „Pause“ nämlich 56 Monate. Habe eine Frau mehr als vier Kinder, scheide sie in der Regel sogar ein Jahrzehnt aus dem Berufsleben aus. Dies bringe mittel- und langfristig Nachteile: Frauen verdienen durchschnittlich 23 Prozent weniger als Männer. „Beim Alterseinkommen macht der Unterschied sogar 60 Prozent aus“, rechnete Dodell vor. Dass Frauen überproportional von Altersarmut bedroht sind – vor allem alleinstehende –, sei Fakt. Ein Schicksal, dass vor allem die über eine halbe Million Mini-Jobberinnen in Bayern betreffe.
Während in der Realität viele Frauen trotz guter Ausbildung wegen familiärer Verpflichtungen nur einen 400-Euro-Job ausüben können, transportieren Medien häufig das Bild der strahlenden Karrierefrau und Supermutter, deren Frisur in jeder Lebenslage perfekt sitzt. Das hat zumindest Stephanie Czerny, Geschäftsführerin im Burda-Konzern, festgestellt. „Kennen Sie die Drei-Wetter-Taft-Frau? Eine schreckliche Reklame!“, sagte die Mutter von vier Kindern.
Die Zuhörerinnen im Landtag stimmten Czerny lachend zu. Einige nickten zustimmend, als sie postulierte: „Jeder Wiedereinstieg ist eine persönliche Geschichte.“ Sie selbst sei nach einer längeren Familienpause vor 15 Jahren von Verleger Hubert Burda in dessen Verlag geholt worden. Sie und Bunte-Chefin Patricia Riekel seien mittlerweile zwei Frauen in der Führungsriege – neben 20 Männern. Czerny: „Mir sind das zu wenig Frauen.“ Um den weiblichen Anteil zu erhöhen, müssten die Arbeits- an die Lebensbedingungen des 21. Jahrhunderts angepasst werden. So sei ausschlaggebend, „dass die Arbeit gemacht wird, nicht dass die Mitarbeiter präsent sind“. Mit anderen Worten plädiert Czerny für flexible Arbeitszeiten und Heimarbeitsplätze. Aber auch die Frauen müssten ihre Einstellung verändern: „Wenn wir wieder arbeiten, haben wir Schuldgefühle gegenüber unseren Kindern, gegenüber unserem Mann, gegenüber unserem Chef“, zählte sie auf. Dies sei fehl am Platz.
Reichlich realitätsfern klangen allerdings folgende Thesen der Geschäftsführerin: Es mache keinen Sinn, einen Beruf auszuüben, der keinen Spaß mache. „Dann müssen Frauen halt so lange suchen, bis sie einen Job finden, der zu ihnen passt. Überhaupt sollten sie nicht arbeiten, nur um des Arbeitens willen oder weil ihnen „die Decke auf den Kopf fällt“. Dann wäre es sinnvoller, sie engagierten sich sozial.
Während dieser Ausführungen beschlich einen der Gedanke: „Das können sich die meisten Frauen nicht leisten.“ Und: „Viele wären froh, überhaupt eine Arbeitsstelle zu finden.“
Frauen, die bei der AOK in Regensburg beschäftigt sind, müssen sich keine Gedanken darüber machen, ob sie bei ihrem Arbeitgeber auch nach einer Familienpause noch willkommen sind. Seit 2004 ist Richard Deml dort Direktor und praktiziert nach eigener Aussage folgende Maxime: „Jede Frau, die Ja sagt zum Kind, muss zu jedem Zeitpunkt und in jedem Umfang wieder einsteigen können.“ Unter anderem 69 Teilzeitmodelle, grundsätzlich unbefristete Verträge sowie Fort- und Weiterbildungen machten dies möglich.
Von solchen Bedingungen kann die Staatsanwältin und Mutter eines Kindes Jutta Nerrlich nur träumen – „dabei ist mein Mann ein Musterbeispiel an Emanzipation“. Aber sein Chef anscheinend nicht. Der habe wenig Verständnis gezeigt, erzählte Nerrlich, als ihr Mann – wie zuvor sie – sieben Monate in Elternzeit ging. „Man muss den Männern Zeit geben“, empfahl Wirtschaftsprüfer Manfred Berndt. In seiner eigenen Firma achte er darauf, dass die weiblichen Angestellten Beruf und Familie vereinbaren können. „Die Zeitbombe tickt aber“, konterte Brendel-Fischer.
Weitere weibliche Biografien, die während der Podiumsdiskussion skizziert worden sind und für die Vielfalt sowie Komplexität heutiger Lebensentwürfe stehen: Die Werbekauffrau und Mutter dreier Kinder Stefanie Goß, die nach einer dreijährigen Familienpause nun wieder 20 Stunden in einem Abgeordneten-Büro arbeitet. Zwei Kinder hat Sabine Gramm. Außerdem ist sie die einzige Referatsleiterin in einem bayerischen Ministerium, die Teilzeit arbeitet. Von Montag bis Freitag arbeitet Sabine Heimbach als stellvertretende Sprecherin der Bundesregierung in Berlin. Am Wochenende pendelt sie zu ihrem Mann und ihren beiden Kindern nach Bayern.
Eine wichtige Ergänzung kam indes aus den Reihen der Zuhörer: „Ein Frauentyp, der auf dem Podium leider vergessen wurde, ist der der Alleinerziehenden“, sagte eine Kamerafrau und Mutter von zwei Kindern, die sie alleine großgezogen habe. „Wir haben sie fest im Blick“, beschwichtigte Brendel-Fischer. Auch habe man mit dem Gespräch nicht vorgehabt, nur besser Verdienende vorzustellen.
Dennoch wäre es sinnvoll gewesen, eine Alleinerziehende, eine Mini-Jobberin oder eine von Altersarmut Betroffene zur Podiumsdiskussion einzuladen. Die daraus resultierenden Botschaften wären repräsentativer gewesen. (Alexandra Kournioti)
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