Landtag

Die Grünen forderten, die Wärmeerzeugung aus Geothermie auszubauen. (Foto: dpa/Sven Hoppe)

30.09.2022

Schuld sind immer die anderen

Erst Pandemie, jetzt Rekordinflation und Energiepreisexplosion. Die SPD forderte daher alle Parteien auf, gemeinsam die aktuelle Krise zu bekämpfen. Den Willen zur Zusammenarbeit bekräftigten auch Grüne und FDP beziehungsweise CSU und Freie Wähler. Die Ursache, warum das bisher nicht funktioniert, sahen sie aber jeweils beim politischen Gegner

SPD-Fraktionschef Florian von Brunn rief in seiner Rede zu mehr Zusammenhalt „in der schwersten Krise dieses Landes seit Jahrzehnten“ auf. Die Ampel-Bundesregierung habe schnell gehandelt und ein 100 Milliarden Euro schweres Entlastungspaket auf den Weg gebracht. Ähnliches würde er sich auch von der Staatsregierung wünschen. „Aber die CSU kritisiert nur und zeigt mit dem Finger nach Berlin.“ Zwar habe jetzt auch Ministerpräsident Markus Söder (CSU) einen eigenen bayerischen Härtefallfonds in Höhe von einer Milliarde Euro gegen die Krise angekündigt. Aber obwohl das SPD-geführte Niedersachsen nur halb so viele Einwohnende wie der Freistaat habe, brächte das Land denselben Betrag auf, kritisierte von Brunn. Er meint: „Bayern kann mehr tun!“

CSU-Generalsekretär Martin Huber warf der Ampel-Regierung vor, mit den Ländern nach „Gutsherrenart“ umzugehen. Sie sollen die Beschlüsse mitfinanzieren, würden aber vorher gar nicht gefragt. „Das ist kein Zeichen von Zusammenarbeit“, sagte er in Richtung von von Brunn. Zudem gebe es jetzt Forderungen, dass Bayern mehr für den Strom aus den norddeutschen Ländern zahlen solle. „Das hat mit Solidarität nichts zu tun.“ Die CSU habe schon im Juni einen 15-Punkte-Plan vorgelegt, wie die Menschen in der Krise entlastet werden könnten, beispielsweise durch eine Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken. „Aber die Ampel macht nur einen Stresstest nach dem anderen.“ 

SPD: Bayerischer Härtefallfonds ist zu gering

Eva Lettenbauer (Grüne) nannte die Vorwürfe der CSU „populistisch“. Es sei einfach ein seriöses Vorgehen, die Ergebnisse der Stresstests abzuwarten. Hätte die Staatsregierung mehr in erneuerbare Energien investiert, wäre es erst gar nicht zu dieser Situation gekommen. „Nirgendwo sonst ist die Abhängigkeit von Öl und Gas so hoch wie in Bayern.“ Lettenbauer forderte, jetzt die Wärmeerzeugung vor allem aus Geothermie auszubauen und die von der Krise besonders belasteten Personen mit einem Heizhärtefonds zu unterstützen. Dafür brauche es aber einen Haushaltsplan, der immer noch nicht vorliege. „Wenn das so weitergeht, können die Hilfen erst im April ausgezahlt werden.“

„Ja, wir zeigen mit dem Finger nach Berlin“, sagte Rainer Ludwig (Freie Wähler). „Weil die Ampel regiert und Verantwortung tragen muss.“ Bisher seien alle Maßnahmen zur Krisenbekämpfung wie der Tankrabatt oder das 9-Euro-Ticket „verpufft“, auch die Gasumlage sei von Anfang an ein „Rohrkrepierer“ gewesen. Ludwig verlangte unbürokratische Lösungen, insbesondere die Senkung der Energiesteuer auf das europäisch zulässige Mindestmaß, einen Energiepreisdeckel für Privathaushalte und einen wettbewerbsfähigen Industriestrompreis. „Gerade der Mittelstand wurde von der Bundesregierung vergessen, obwohl er das Rückgrat unserer Wirtschaft ist.“ 

Ulrich Singer (AfD) warf allen Fraktionen vor, durch die Sanktionen gegen Russland die „Deindustrialisierung“ Deutschlands voranzutreiben. „Dadurch verarmen nur die Bürger und nicht Herr Putin“, sagte er. CSU und CDU bräuchten jetzt nicht „Opposition spielen“, nachdem sie 16 Jahre lang die Regierung gestellt und durch die Abschaltung der Atom- und Kohlekraftwerke die Abhängigkeit von russischem Gas vorangetrieben hätten. Die AfD hat laut Singer schon lange als einzige Partei darauf hingewiesen, dass es zu Stromausfällen kommen kann, was aber als „Verschwörungstheorie“ abgetan worden sei. „Jetzt rät sogar das Bundesamt für Katastrophenschutz, für Blackouts vorzusorgen“, betonte Singer.

FDP-Fraktionschef Martin Hagen hielt der AfD vor, „die fünfte Kolonne Moskaus“ zu sein. „Sie vertreten keine deutschen Interessen, sie verraten sie.“ Auch er verwies auf die Anstrengungen der Bundesregierung – insbesondere beim Abbau der kalten Progression. Dadurch könnten 48 Millionen Deutsche allein nächstes Jahr um zehn Milliarden Euro entlastet werden. Hagen wunderte sich daher, warum die CSU im Bundesrat ihre Zustimmung dazu infrage stellt. „Es muss doch selbstverständlich sein, dass sich der Freistaat in der Krise nicht an höheren Steuereinnahmen durch die Inflation bereichert“, kritisierte Hagen. Ebenso forderte er die Union auf, ein bundesweites Bahnverkehrsticket nicht länger zu blockieren.

CSU fordert mehr Engagement des Bundes

Raimund Swoboda (fraktionslos) sah die Schuld für die Krise bei den im Plenarsaal anwesenden Fraktionen. „Sie degradieren den Bürger zum Untertanen“, sagte er. Hart verdientes Geld würde den Menschen aus der Tasche gezogen und zur Pharma-, Öl-, Gas-, Rüstungs- und „Klimawandelindustrie“ oder zu Empfängern von Transferleistungen umgeleitet.

Ulrike Scharf (CSU), Staatsministerin für Familie, Arbeit und Soziales, nannte das Thema der SPD für die Aktuelle Stunde „unerwartet gut“, da Sozialpolitik ein Markenkern bayerischer Politik sei. Durch umfassende Unterstützungskonzepte wie die Übernahme der Kita-Gebühren seien die Menschen gut durch die Corona-Krise gekommen. „Auch die Ergebnisse des Sozialberichts sprechen eine deutliche Sprache“, unterstrich Ministerin Scharf. Bayern habe die niedrigste Arbeitslosenquote und als einziges Bundesland ein Familiengeld eingeführt. Die Bundesregierung hingegen habe die Sprach-Kitas gestrichen und die Wirtschaft beim dritten Entlastungspaket vergessen. „Das Engagement der Länder allein“, mahnte sie den Bund, „wird bei dem Ernst der Lage nicht ausreichen.“ (David Lohmann)

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