Landtag

Wie in Regensburg blieben viele Gerichtssäle in der Hochphase der Corona-Krise leer. (Foto: dpa/Armin Weigel)

05.06.2020

Tausende Verfahren geplatzt

Die Landtags-SPD warnt vor Urteilsstau

Die Gerichte in Bayern waren schon vor der Corona-Krise stark belastet. Es mangelt nach wie vor an Richtern sowie Staatsanwälten und die Sozialgerichte ächzten nach einer Änderung des Krankenversicherungsrechts unter einer Klageflut. Nach dem Ausbruch der Epidemie sind zusätzlich Tausende Gerichtsverfahren verschoben worden. Grund: Gerichte waren angehalten, nur noch die nötigsten Verhandlungen durchzuführen, um die Infektionsgefahr im Gerichtssaal so gering wie möglich zu halten. Horst Arnold (SPD) hält das zwar für „nachvollziehbar und richtig“. Der Fraktionschef bat die Staatsregierung aber um einen Überblick, wie viele Gerichtsverfahren genau nicht zustande gekommen sind.

Das Justizministerium schreibt in seiner Antwort, allein an den Sozialgerichten im Freistaat hätten geschätzte 2850 Verhandlungstermine nicht wie geplant stattfinden können – im Zuständigkeitsbereich des Landesarbeitsgerichts Nürnberg waren es weitere 2000. Wie viele Zivil-und Strafprozesse an ordentlichen Gerichten ausfielen, konnte das Justizministerium nicht beantworten. Auch zu Prozessen an weiteren Arbeitsgerichten oder an Finanzgerichten wurden keine Angaben gemacht. Die Staatsregierung ist aber optimistisch, dass der Rückstau an Verhandlungstagen noch in diesem Jahr aufgelöst werden kann.

Videotechnik soll verstärkt zum Einsatz kommen

Die Empfehlung des Hauses von Justizminister Georg Eisenreich (CSU) an die Praxis lautete, öffentliche Hauptverhandlungen auf das Nötigste, „insbesondere auf eilbedürftige und dringende Fälle wie Haft- oder Unterbringungssachen, Strafverfahren mit drohender Verjährung oder sonstigen Fristen, lang andauernde Strafverfahren mit einem bereits fortgeschrittenen Verfahrensstadium oder dringliche beziehungsweise eilbedürftige Zivil- oder Familiensachen“ zu reduzieren. „Ob die Beachtung dieser Empfehlung zu einem ‚Urteilsstau‘ geführt haben könnte, kann mangels statistischer Daten hierzu nicht festgestellt werden.“

Um Zivilverfahren schneller abarbeiten zu können, wollen die Gerichte verstärkt auf Videotechnik in Verhandlungen setzen. Derzeit können nach Angaben des Justizministeriums 50 Videokonferenzanlagen von 53 Gerichten genutzt werden, acht weitere wurden bestellt. Im Strafrecht sei der Einsatz von Videotechnik allerdings kaum möglich. Des Weiteren gelte in Gerichtsgebäuden eine Mund-Nasen-Bedeckungspflicht und ein Mindestabstand von 1,5 Metern. Richter*innen können zum Beispiel Trennscheiben aufstellen lassen und für die Inaugenscheinnahme von Dokumenten oder Fotos Beamer einsetzen.

SPD-Fraktionschef Arnold mahnte eine maßvolle Rückkehr zum Normalbetrieb an: „Im Sinne der Bürgerinnen und Bürger gilt es, allzu lange Verzögerungen oder gar einen Urteilsstau zu verhindern“, sagte er. Gerade in Sozialgerichtsverfahren gehe es oft um Streitigkeiten zu Fragen der Kranken-, Renten- oder Unfallversicherung beziehungsweise um Kinder-, Arbeitslosen- oder Blindengeldangelegenheiten. Daher sei es psychisch wie finanziell für die Betroffenen wichtig, dass sie eine gewisse zeitliche Verlässlichkeit haben, was die Entscheidungen betreffe.
(David Lohmann)

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