Landtag

Von oben rechts im Uhrzeigersinnn: Gebriele Triebel (Grüne), Martin Mittag (CSU), Michael Busch (SPD) und Manfred Eibl (Freie) Wähler. (Fotos: BSZ)

02.11.2018

Was Ex-Kommunalpolitiker als Abgeordnete vorhaben

Sie waren zuvor Bürgermeister/in oder Landrat. Wie sie jetzt im Landtag ihre politischen Erfahrungen einbringen wollen

CSU: Martin Mittag, bislang Bürgermeister von Seßlach (36)

Zeigen, was die Basis braucht

Martin Mittag (CSU) ist zwar erst seit gut vier Jahren – seit den vergangenen Kommunalwahlen im Frühjahr 2014 – Bürgermeister der 4000 Einwohner zählenden Stadt Seßlach im Landkreis Coburg. Aber die Chance, in den Landtag zu wechseln, die wollte er sich trotzdem nicht nehmen lassen.
„Wir haben im Kreisverband den Generationenwechsel geplant“, berichtet der 36-Jährige, der auch Vorsitzender seines Kreisverbandes ist. Martin Mittag tritt nun als Abgeordneter die Nachfolge seines Parteifreunds Jürgen Heike an, der nicht mehr für den Landtag kandidiert hatte. „Ich habe den Bürgern erläutert, dass das eine große Chance ist, in München etwas zu bewegen für unsere Region“, erläutert der scheidende junge Rathauschef.

Politische Erfahrung besitzt Martin Mittag. Seit gut 20 Jahren engagiert er sich in der Kommunalpolitik. Aus diesem Erfahrungsschatz möchte er künftig auch als Abgeordneter in München schöpfen. „Zeigen, was an der Basis läuft, was die Basis braucht“, das soll das Ziel seiner Tätigkeit im Maximilianeum sein. Darüber hinaus, so Martin Mittag, interessiere er sich für die Themen Arbeitsmarkt und Gesundheitsvorsorge.

„Eine Chance, für meine Region etwas zu bewirken“

Der entscheidende Unterschied zwischen der Arbeit im Stadtrat und im Landtag aus seiner Sicht: „Wir beschäftigen uns gezielter mit konkreten Themen vor Ort, es geht etwa darum, welche Straße gebaut beziehungsweise saniert werden soll oder wie weit wir die Abwassergebühren erhöhen müssen.“
Mit einem entscheidenden Problem seiner neuen Tätigkeit als Abgeordneter hat sich der Oberfranke bisher nur am Rande beschäftigt: Wo wohnen in München, der Stadt mit dem angespanntesten Mietmarkt? Er habe zwar „einige Anfragen“ laufen, so der Parlamentsneuling – vertraut aber auch auf die „sehr gute ICE-Verbindung von München nach Coburg“.


Freie Wähler: Manfred Eibl, bislang Bürgermeister von Perlesreut (58)

Sprachrohr des kleinen Mannes

Lust auf berufliche Veränderung war der entscheidende Antrieb für Manfred Eibl (FW), bisher Bürgermeister der Marktgemeinde Perlesreut im Landkreis Freyung-Grafenau, für den Landtag zu kandidieren – und der Wechsel des bisherigen Abgeordneten Alexander Muthmann zur FDP. Bestärkt wurde Manfred Eibl durch die „gute Entwicklung und die Zukunftsfähigkeit“ seiner Marktgemeinde.

„Amtszeiten begrenzen: Warum denn nicht?“

„Ich bin jetzt im 17. Jahr Bürgermeister, in meiner dritten Amtszeit, und ich wäre zur nächsten Kommunalwahl 2020 auch nicht mehr angetreten“, verrät der 58-Jährige, der vor seinem beruflichen Wechsel in die Politik in einem Maschinenbaubetrieb tätig war. Parallel wirkt Eibl sei 13 Jahren als Vorsitzender der interkommunalen und bundesweit als Vorreiter geltenden Arbeitsgemeinschaft Ilzer Land.

Von der Begrenzung der Amtszeiten – auch für Kommunalpolitiker – hält der Mann aus dem Bayerwald deshalb persönlich eine ganze Menge. Auch wenn seine Fraktion noch vor wenigen Monaten eine entsprechende Initiative des künftigen Koalitionspartners Markus Söder (der Ministerpräsident soll nach maximal zwei Amtszeiten beziehungsweise zehn Jahren zurücktreten) als „PR-Aktion“ zurückwies.

Im Landtag sei er ausschusstechnisch zwar „für alles offen“, verspricht der Freie Wähler, aber das Thema Daseinsvorsorge im ländlichen Raum habe schon Präferenz. „Sprachrohr des kleinen Mannes“ wolle er sein, speziell jenes im ländlichen Raum, verspricht Eibl. „Denn es wird viel für die sozial Schwachen getan und die Wohlhabenden können sich oft selbst helfen – aber die Menschen mit den mittleren Einkommen, gerade jene abseits der Metropolen, in den Dörfern und Kleinstädten, die bleiben häufig auf der Strecke.“ Und so hofft Eibl auch darauf, dass sich seine Partei in den gerade laufenden Koalitionsverhandlungen das Heimatministerium sichert.


Grüne: Gabriele Triebel, auch künftig Zweite Bürgermeisterin von Kaufering (57)

Stimme der Region sein

Seine Kollegin Gabriele Triebel von den Grünen wird das Problem vermutlich anders lösen. Die 57-jährige Diplom-Sportlehrerin aus Kaufering – sie wirkt in ihrer Heimatstadt seit vier Jahren als Zweite Bürgermeisterin, dem Stadtrat gehört sie seit 2002 an – lebte schon einmal in München und hat aus dieser Zeit noch einige Freundschaften, „wo ich für eine Nacht unterschlüpfen kann, wenn es zu spät geworden ist für die Heimfahrt“.

„Ich hatte Lust, etwas ganz anderes zu machen“

Grund für den Wechsel: Nach 16 Jahren in der Kommunalpolitik habe „Lust auf Veränderung“ bestanden, das Bedürfnis, „was ganz anderes zu machen“ und neue Menschen kennen zu lernen. Als dann noch der Spitzenkandidat und Fraktionschef Ludwig Hartmann anfragte, war für Gabriele Triebel die Sache klar. Wovor sie nach der Prägung durch den Konsensorientierten Stadtrat Bammel hat: die Parteiräson im Landtag.

Da der Zweite Bürgermeister in Kaufering ehrenamtlich tätig ist, muss Gabriele Triebel dieses Amt vorerst auch nicht aufgeben, „zumindest nicht bis zur nächsten Kommunalwahl“. Die neue Achse Landtag-Stadtrat will sie unter anderem nutzen, um ihrem Heimatort in komplizierten Sachfragen zur Seite zu stehen. Beispielsweise bei komplizierten Förderanträgen.

„Stimme der Region“ zu sein, das ist ihr wichtig. Darüber hinaus könnte es sich die Grüne gut vorstellen, als Pädagogin in der Bildungspolitik aktiv zu werden, ebenso reizt sie der Wissenschaftsausschuss und dort speziell die Gedenkstättenarbeit. Hintergrund: In Kaufering gab es ein Außenlager des KZ Dachau.

Was für Triebel – bei aller Vorfreude auf den demokratischen Streit mit den Kollegen der anderen Fraktionen – klar ist: „Mit der AfD gibt es keine Zusammenarbeit.“ Sie will zwar nicht den einzelnen Menschen ignorieren, aber die politischen Ziele der Nationalkonservativen – „rassistisch und anti-europäisch“ – sind für die Frau aus Kaufering nicht diskutabel.


SPD: Michael Busch, bisher Landrat von Coburg (61)

Pragmatismus ist gefragt

Einen anderen Politikstil in den Landtag tragen möchte Michael Busch (SPD), der seit 10,5 Jahren als Landrat des Landkreises Coburg amtierte. „Zielorientierter“ müsse die Politik der Sozialdemokraten werden, findet der 61-Jährige, die Parteizugehörigkeit dürfe keine so übermäßige Rolle mehr spielen – ähnlich wie in den Kreistagen und Stadträten. Und man müsse als Landespolitiker „öfter rausgehen und den Menschen die Probleme und die Entscheidungen erklären – auch die unangenehmen“.

„Es kommt doch bei den Menschen viel besser an, wenn ich als SPDler hergehen kann und sage, dies und das habe ich konkret erreicht, zur Not auch gemeinsam mit der CSU – als immer nur zu verkünden, mit welchen Anträgen man im Parlament gescheitert ist“, findet Busch.

Diese negative Sicht auf das eigene Wirken schrecke auch talentierte junge Leute ab, sich politisch in der SPD zu engagieren. „Wer will denn immerzu nur als Verlierer dastehen?“, fragt Michael Busch. „Man möchte doch auch mal Erfolge verkünden können!“

Stärker berücksichtigt sehen möchte Michael Busch auch die Belange des ländlichen Raumes, die nach seiner Ansicht in den vergangenen Jahren in seiner Partei zu kurz gekommen seien. Die Landes-SPD betrachte Bayern viel zu sehr aus der Perspektive der Großstadt. Ein Beispiel: „Die Forderung nach Schaffung einer Wohnungsbaugesellschaft. So was haben wir in Stadt und Kreis Coburg längst, sogar zwei. Und wir haben auch unser Klinikum nicht privatisiert, und trotzdem schreibt es schwarze Zahlen.“

„Landespolitiker müssen öfter raus zu den Bürgern“

Eine interessante Beobachtung des erfahrenen Kommunalpolitikers: Obwohl er bei seinen Bürgern als Landrat beliebt und anerkannt ist und auch mit seiner Wiederwahl 2020 hätte rechnen können, wurde er an seinem Wahlkampfstand fürs Maximilianeum deutlich kritischer von den Einwohnern angegangen; vor allem die Bundespolitik machte die Menschen richtig sauer, erinnert sich Busch. (André Paul)

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