Landtag

Das Mädchenparlament stimmte für ein Verbot von genmanipulierten Lebensmitteln und von Schönheitsoperationen für Jugendliche. (Foto: LOH)

28.03.2014

Was junge Frauen wollen

Mädchenparlament: Ein Planspiel im Landtag will politische Bildung stärken und Begeisterung für Politik wecken

Ja zum Wahlrecht mit 16, nein zum achtjährigen Gymnasium. Beim Planspiel „Mädchenparlament“ im Maximilianeum machten 160 Schülerinnen aus ganz Bayern Politik für Jugendliche. In sechs verschiedenen Ausschüssen von Medienpolitik bis Gesundheitspolitik wurden Argumente ausgetauscht, Anträge erarbeitet und schließlich im Plenum darüber abgestimmt. Normalerweise liegt der Frauenanteil im Maximilianeum bei 29 Prozent. Beim achten Mädchenparlament stieg die Quote für einen Tag auf stolze 100 Prozent. „Wir wollen Mädchen rechtzeitig sensibilisieren, ihre Geschicke selbst in die Hand zu nehmen“, erklärte die Schirmherrin des Planspiels und frauenpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Simone Strohmayr, der Staatszeitung. Die Kommunalwahl habe wieder einmal gezeigt, dass Frauen in Spitzenämtern noch unterrepräsentiert seien.

160 Frauen und ein Mann

Die Abgeordnete lud deshalb 160 Schülerinnen aller Schulformen aus ganz Bayern in den Landtag. „Leider ist es nicht immer so, wie es heute ist“, erläuterte sie anschließend den Neunt- und Zehntklässlerinnen. Sonst seien von den 180 Parlamentariern lediglich 53 weiblich und davon nur zwei unter 30 Jahren. „Trauriges Schlusslicht bei der Frauenquote ist die CSU mit gerade mal 20 Prozent“, klagte sie. Dabei sei Politik doch auch Frauensache. Strohmayr forderte daher die Mädchen auf, selbst aktiv zu werden – mit Erfolg.

Schnell waren die sechs ausgelegten Listen für das Planspiel voll. Besonders großes Gedränge gab es dabei vor den Ausschüssen zum Thema „G8 oder G9?“, „Handyverbot in der Schule“ und „Schönheitsoperationen für Jugendliche verbieten?“. Zudem wurde ein Team gesucht, welches sich um die Organisation der Plenardebatte, das Einsammeln der Anträge und die Einhaltung der Redezeiten kümmert. „Die drehen euch dann am Mikrophon den Saft ab“, warnt Strohmayr. Die Moderation der jeweiligen Sitzungen übernahmen die Abgeordneten des Arbeitskreises Frauen der SPD-Landtagsfraktion. Einziger Mann im Maximilianeum war Arif Tasdelen, der für die verhinderte Angelika Weikert einsprang.

Zwar waren zuerst nicht alle Schülerinnen bei der Sache – einige interessierten sich mehr für die Handylademöglichkeiten in den Tischen. Doch nach der Wahl des Sprechers und Schriftführers des Bildungsausschusses begann eine lebhafte Diskussion über den Sinn des achtjährigen Gymnasiums. „Das betrifft uns direkt“, begründen Veronika und Julia vom schwäbischen Gymnasium Friedberg ihr Engagement. Allerdings konnten sie ihre schon vorbereiteten Argumente nicht vortragen: Sie mussten in die Opposition und die Vorteile des G8 herausarbeiten. „Ich helfe euch aber, falls ihr gar keine Argumente findet“, versuchte Strohmayr die beiden aufzumuntern. Das wäre wohl auch für die SPD-Frau eine Herausforderung gewesen. Soweit kam es jedoch nicht.

Nach einer Stunde hatte die Opposition den „Antrag auf Erhaltung und Reformierung des G8“ völlig eigenständig verfasst. „Gut so“, lobte Strohmayr, „eine Opposition muss immer sehr selbstständig sein.“ Als Gründe für die Beibehaltung des achtjährigen Gymnasiums nannten die Mädchen den schnelleren Einstieg ins Berufsleben, das Erlernen von Selbstständigkeit, Kostenersparnisse für den Freistaat und – ziemlich gewieft – die „Förderung des Arbeitens unter Leistungsdruck“. Der Clou des Antrags war jedoch die Erweiterung um die Reformkomponente. Darin forderten Veronika, Julia und ihre Kolleginnen Verbesserungen beim bestehenden G8 wie kleinere Klassen, Nachhilfebörsen, Schulpsychologen, Flexijahre, Tandemklassen und eine stärkere Spezialisierung.

Doch Sprecherin Elisa von der Regierung übte ebenfalls schon, um bei der späteren Abstimmung im Plenum die weiblichen Abgeordneten auf ihre Seite zu ziehen. „Das G8 funktioniert einfach nicht so, wie wir uns das vorstellen“, probte sie voller Pathos. „So haben wir einfach keine Zeit mehr für Schüleraustausche.“ „Sag nicht so oft ’einfach’“, ermahnten sie ihre Mitstreiterinnen. Aber Elisa ließ sich nicht aufhalten: „Das G8 wurde nur eingeführt, um Geld zu sparen“, fuhr sie fort. „Wir haben ein Recht auf Bildung, schließlich ist das der Grundstein für unseren Wohlstand“ – großes Gelächter. „Das zieht immer“, war Elisa überzeugt. Sie sollte recht behalten.

Bei der anschließenden Abstimmung im Plenarsaal wurde ihre Rede mit viel Applaus angenommen. Mit absoluter Mehrheit votierten die 160 Planspiel-Abgeordneten für das G9. Außerdem stimmten sie für eine Einschränkung des Handyverbots: Telefonieren im Unterricht soll verboten bleiben, während den Pausen aber zukünftig erlaubt sein. Einigkeit bestand auch beim Wahlrecht mit 16 Jahren: Es könne schließlich nicht sein, dass andere Leute bestimmten und die Jugend die Entscheidungen ausbaden müsse. Verboten werden sollen dafür Schönheitsoperationen für Jugendliche und der Import von genmanipulierten Lebensmitteln.

Veronika und Julia könnten sich vorstellen, später ein politisches Amt zu übernehmen. Allerdings hätten sie nicht gedacht, wie intensiv sich Politiker mit einem Thema befassen müssen. Ihr Fazit: „Abgeordnete zu sein, ist ganz schön anstrengend.“ (David Lohmann)

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