Landtag

Solaranlagen auf dem Feld: Die Energiewende verändert das Gesicht Bayerns – das dürfe nicht verschwiegen werden, mahnt die Opposition. (Foto: dapd)

12.10.2012

Wo bleibt der Masterplan?

Energie-Kommission | Vorstellung des Zwischenberichts zur Energiewende löst heftigen Streit aus

Die Vorstellung des Zwischenberichts der Energie-Kommission des Landtags wurde von einem überraschenden Paukenschlag begleitet. Die Vertreter von Freien Wählern und Grünen in dem Gremium, Thorsten Glauber und Ludwig Hartmann, bewerteten die bisherigen Ergebnisse der Kommission äußerst kritisch. Während Glauber von einer „Kaffeeklatschrunde“ sprach, für deren Arbeit sich weder Staatsregierung noch die zur Vorbereitung der Energiewende gegründete Energieagentur  interessiere, stellte Hartmann gar die Zukunft des Gremiums in Frage. Er bemängelte die zahlreichen „Formelkompromisse“ in dem Bericht, die über eine Beschreibung längst bekannter Baustellen nicht hinausgingen. Sollten auch in den nächsten Sitzungen keine konkreten Arbeitsaufträge an die Staatsregierung erteilt werden, „dann sollten wir uns überlegen, ob wir die Kommission noch weiterführen müssen“, so Hartmann.
Zuvor hatte der Kommissionsvorsitzende, Tobias Reiß (CSU), eine positive Bilanz gezogen. Die Energiewende sei in Bayern auf einem guten Weg, die Kommission habe trotz unterschiedlicher Auffassungen in den Fraktionen im Zwischenbericht „nicht nur den kleinsten gemeinsamen Nenner gefunden“. So lehne die Kommission eine autarke bayerische Energieversorgung als ökonomisch nicht realistisch und volkswirtschaftlich nicht effizient ab. Vereinbart worden sei die breitere Förderung der Speichertechnologie und eine Überarbeitung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG). Zudem soll es bayerische Förderprogramme für Anlagen zur Kraft-Wärme-Kopplung und für die energetische Gebäudesanierung geben.

FW-Mann Glauber: "Kaffeeklatschrunde"


Wohlwollend äußerte sich auch Reiß’ Stellvertreter, der SPD-Umweltsprecher Ludwig Wörner. Er hob vor allem die auf hohem wissenschaftlichem Niveau durchgeführten Expertenanhörungen hervor. Mit diesen habe man die Debatte um die Energiewende auf eine fundierte Basis gestellt. Wörner sagte aber auch, dass es noch keine Einigung über die Frage gebe, wie die Lasten der Energiewende gerecht verteilt werden könnten. Er plädierte dafür, die bisher weitgehend von der EEG-Umlage befreite Industrie stärker einzubeziehen, um höhere Strompreise nicht überwiegend Privathaushalten und Kleinunternehmern aufzubürden. „Wir müssen darauf achten, dass uns die Energiewende nicht über den Strompreis gekippt wird“, sagte Wörner. Das sah auch Tobias Thalhammer (FDP) so. Er betonte aber, die Energiewende dürfe durch hohe Stromkosten für die Industrie nicht zur Gefährdung von Arbeitsplätzen  führen. Wichtig seien neben Umweltverträglichkeit auch Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit.

Erst umfassende Bestandsaufnahme, dann Lösungen


Auf vollen Konfrontationskurs zur Staatsregierung ging Glauber. Er habe den Eindruck, die meist im Verborgenen arbeitende Kommission sei für die Koalition nur ein „Placebo“, weil man die offene Debatte im Landtag um die besten Konzepte fürchte. Der Staatsregierung fehle der „rote Faden“, sie scheue sich davor, den Bürgern ehrlich zu erklären, dass die Energiewende das Gesicht Bayerns verändern werde. „Wer die Hand für den Atomausstieg gehoben hat, darf sich jetzt nicht an die Spitze einer Bürgerbewegung gegen die nötigen Veränderungen stellen“, warf Glauber Schwarz-Gelb indirekt eine Blockadehaltung vor. Hartmann ergänzte, der Anspruch der Kommission, die Energiewende parlamentarisch zu begleiten, sei „zur Farce geworden“. Seit einem Jahr lasse das Wirtschaftsministerium Anfragen der Kommission unbeantwortet, im Beirat der Energieagentur seien „von E.ON bis zum Bauernverband alle vertreten, nur das Parlament nicht“.
Reiß verteidigte die Arbeit des Gremiums gegen Kritik. Dessen bisherige Hauptaufgabe sei eine „umfassende Bestandsaufnahme“ gewesen, nun werde man an die Lösung der  Zielkonflikte gehen. Nagelprobe werde die parlamentarische Umsetzung der Kommissionsbeschlüsse sein. Die Äußerungen Glaubers und Hartmanns bezeichnete Reiß als „schweren Rückfall in ideologische Grabenkämpfe“. Grünen und Freien Wählern sei der Wahlkampf offenbar wichtiger als das Gelingen der Energiewende. Glauber verstand seine Äußerungen dagegen mehr als Weckruf. Nötig sei endlich ein „Masterplan Energiewende“. Im Handeln der Staatsregierung und im vorgelegten Zwischenbericht der Energiekommission könne er einen solchen nicht erkennen.
(Jürgen Umlauft)

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