Leben in Bayern

Traktoren befreien das Vorfeld vom Terminal 2 am Flughafen München von den Schneemassen. (Foto: Matthias Balk/dpa)

14.01.2019

"Wir halten hier den Flughafen am Leben"

Verschneite Startbahnen, vereiste Flugzeuge: Der Winter stellt den Münchner Flughafen vor Herausforderungen. Hunderte Mitarbeiter des Winterdienstes sind im Einsatz, um Schnee zu räumen oder Flugzeuge zu enteisen. Mit von der Partie: Pistenraupen, Kehrzüge und "Eisbären"

Die Luft am Münchner Flughafen ist eisig. Seit einigen Minuten ist die Startbahn für Flugzeuge geschlossen - jetzt gehört die Fläche ganz dem Winterdienst. 16 riesige Räumfahrzeuge - sogenannte Kehrzüge - erscheinen aus dem Grau. Schnee wirbelt auf und verleiht dem V-förmigen Trupp einen leicht mystischen Anblick. Die orange blinkenden Lichter der Fahrzeuge und die Beleuchtung der Landebahn verstärken diesen Eindruck. Acht Meter breite Schaufeln schieben den Schnee zur Seite, der sich auf der Bahn gesammelt hat.

Den Kehrzügen folgt ein noch viel größeres Fahrzeug: Es hat 45 Meter lange ausfahrbare Arme und versprüht Kaliumformiat, um die Fläche zu enteisen. "Etwa 3000 bis 4000 Liter werden pro Bahn versprüht", schätzt Georg Eglsoer. Als Einsatzleiter des Winterdienstes koordiniert er die Mannschaft. In seinem roten Einsatzwagen liegen drei Funkgeräte. Mit ihnen steht er im ständigen Kontakt zum Tower, dem Verkehrsleiter und seinen Leuten im Winterdienst. "Wir halten hier den Flughafen am Leben", sagt er lachend.

Nach 20 Minuten ist die Arbeit auf der Landebahn getan und die Fläche wieder eis- und schneefrei. Wegen Schnees sind in den vergangenen Tagen nach Angaben des Flughafens Hunderte Flüge ausgefallen oder waren verspätet. Ärgerlich für die Reisenden, aber in Anbetracht dessen, was der Winterdienst an einem verschneiten Tag leisten muss, nicht verhinderbar, meint Robert Wilhelm, Sprecher des zweitgrößten Deutschen Airports. Bei andauerndem Schneefall müsse abwechselnd eine der beiden Bahnen für die Räumung gesperrt werden. "Heißt also 50 Prozent unserer Kapazität der Bahn fehlt schonmal", sagt Wilhelm.

Hinzu kommt, dass jedes Flugzeug kurz vor dem Start enteist werden muss und die Abstände zwischen den startenden und landenden Flugzeugen bei schlechter Sicht vergrößert werden. "Statt 90 Starts und Landungen pro Stunde bei schönstem Wetter haben wir dann bloß noch die Hälfte oder noch weniger." Fluggesellschaften wie die Lufthansa annullieren bei schlechter Wettervorhersage daher oft schon im Vorfeld Flüge, um große Verspätungen zu vermeiden.

Die Enteisung dauert bis zu 20 Minuten

Winterwetter bedeutet für den Flughafen eine ständige Herausforderung. Daher stehen in München den Angaben nach 672 Mitarbeiter des Winterdienstes zur Verfügung. Pro Schicht sorgen etwa 200 Arbeiter dafür, dass alle Flächen frei von Schnee und Eis sind. Priorität haben dabei die beiden Start- und Landebahnen. Dort und auf den Rollwegen werden die sogenannten Kehrblasgeräte eingesetzt.
Wie der Name verrät, sind sie neben Schaufeln mit einer Drahtbürste und einem Gebläse ausgestattet. Große Schaufeln schieben den Schnee zur Seite. Der übrige Schnee wird mit der Bürste aufgeraut und anschließend weggeblasen, erklärt Wilhelm.

Auf den Vorfeldern, auf denen die Flugzeuge geparkt sind, wären diese Fahrzeuge zu sperrig. Dort helfen Landwirte aus der Umgebung mit ihren Traktoren aus. Mit 490 Arbeitern besteht die große Mehrheit der Mitarbeiter des Winterdienstes aus Landwirten und Fuhrunternehmern.

Der Einsatz auf der Südbahn ist beendet. Georg Eglsoer bedankt sich über den Funk: "Dankeschön die Herren, super war's." Jetzt muss er sich um eine weitere Herausforderung kümmern: "Alles, was hier auf die Seite geschoben wird, müssen wir verladen", sagt er und meint damit den Schnee am Rand der Rollwege. Der wird mithilfe von Schneefräsen auf Lastwagen verladen und auf eine der fünf großen Schneedeponien gebracht. Dort kann er dann schmelzen.

Etwas weiter von den Deponien entfernt steht ein Flugzeug der British Airways auf dem Taxiway, der Piste zu den Startbahnen. Es befindet sich unmittelbar vor dem Start. Orangene Flüssigkeit tropft von den Flügeln. Vier kranähnliche Spezialfahrzeuge, sogenannte Eisbären, besprühen die komplette Maschine mit einer Enteisungsflüssigkeit: einem Mix aus heißem Wasser und Glykol. Das ist bei kalten Temperaturen unbedingt notwendig. Ansonsten wäre die Flugfähigkeit nicht gewährleistet und "in Flugzeug könnte plötzlich ohne Vorwarnung wie ein Stein zu Boden fallen", erklärt Wilhelm.

Je nach Größe des Flugzeugs könne die Enteisung bis zu 20 Minuten dauern. Bei der Maschine der British Airways geht es dieses Mal schnell. Nach nur drei Minuten ist das Flugzeug enteist und rollt weiter auf die Startbahn. Dann muss es schnell gehen - nur wenige Minuten später befindet es sich in der Luft.

Sollte das Wetter eine Zeit lang ruhiger sein, stehen den Mitarbeitern des Winterdienstes Aufenthaltsräume zur Verfügung. "Wenn nichts zu tun ist, dann können sie Karten spielen", sagt Wilhelm.
(Rebekka Markthaler, dpa)

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