Leben in Bayern

08.01.2020

Armut oft Anlass für Hänseleien

Manchmal reicht schon ein "Billighandy", in anderen Fällen das nicht angesagte Outfit, um auf dem Schulhof zum Außenseiter zu werden. Das gab es auch früher schon. Die sozialen Medien haben das Problem aber potenziert. Jetzt schlägt der Kinderschutzbund in Bayern Alarm

Schwierige finanzielle Verhältnisse im Elternhaus lassen Kinder nach Erfahrungen des Deutschen Kinderschutzbundes (DKSB) auch in Bayern häufig zu Mobbingopfern werden. "Nicht das richtige Handy zu besitzen, keine Markenkleidung zu tragen, keinen Reit- oder Klavierunterricht zu haben oder nicht mehrmals im Jahr in den Urlaub fahren zu können - damit werden Kinder oft rasch zu Opfern von Hänseleien und Ausgrenzung", berichtete die pädagogische Leiterin des DKSB in Bayern, Alexandra Schreiner-Hirsch.

Mobbing, das oft auch noch andere Gründe habe, habe es schon immer in den Schulen gegeben, auch wenn es früher nicht so benannt wurde, erklärte die DKSB-Vertreterin. Mit den sozialen Medien habe das Thema aber eine neue Dimension bekommen, berichtete sie und berief sich auf Berichte von Eltern und betroffener Kinder, die beim Kinderschutzbund Rat suchten. "Jeder ist heute in einer WhatsApp-Gruppe - darüber können Mitschüler heute bewusst ausgeschlossen werden. Und die bieten auch eine Plattform für Mobbing und Attacken."

Wie groß das Problem sei, zeigt nach ihrer Ansicht auch die stark gestiegene Nachfrage nach Medienkompetenz-Kursen des Kinderschutzbundes an bayerischen Schulen. Im Rahmen des Projekts "Medienlöwen" lernten Schüler mit Trainerinnen unter anderem den respektvollen Umgang miteinander in sozialen Netzwerken. "Wir sind gerade dabei, weitere Trainer auszubilden. Die Nachfrage nach diesen Kursen steigt stark", berichtete die Pädagogin.

Rund ein Viertel der Schüler fühlt sich an der Schule nicht sicher

Das punktuelle Angebot solcher Medien- und Gewaltpräventionskurse, wie sie der DKSB auf Anfrage anbietet, sei aber unzureichend. "Wir wünschen uns, dass diese Kurse in Schulen zur Dauereinrichtung werden. Um das soziale Miteinander zu verbessern, empfehlen wir darüber hinaus den Ausbau der Schulsozialarbeit." Parallel seien auch Angebote für Eltern wichtig, wie das Programm "Starke Eltern Starke Kinder", das Eltern in ihrer Erziehungskompetenz stärke.

Die Erfahrung des bayerischen Kinderschutzbundes decken sich nach Einschätzung von Schreiner-Hirsch weitgehend mit Studienergebnissen der Bertelsmann-Stiftung vom Juli 2019. Danach hat die Mehrheit der Schüler in Deutschland Ausgrenzung, Hänseleien und körperliche Gewalt erlebt. Rund ein Viertel fühlt sich an der Schule nicht sicher. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes waren 2019 rund 2,4 Millionen der unter 18-Jährigen von Armut betroffen - etwas weniger als 2017.

Neben einer verstärkten Aufklärungsarbeit an den Schulen fordert der Kinderschutzbund daher auch mehr Engagement der Politik bei der Bekämpfung der Kinderarmut. Notwendig sei eine finanzielle Kindergrundsicherung. "Wichtig ist vor allem eine Entbürokratisierung. Es gibt schon jetzt rund 150 Einzelhilfen für Kinder. Die müssen künftig zu einer Hilfe zusammengefasst und unbürokratisch gewährt werden", betonte Schreiner-Hirsch. "Viele Hilfen werden von Eltern nicht abgerufen - zum einen, weil es sehr bürokratisch ist. Zum anderen, weil es oft als beschämend empfunden wird, die gesamten finanziellen Verhältnisse offenzulegen."

Der Kinderschutzbund ist in Bayern mit 56 Orts- und Kreisverbänden in der Fläche präsent. Der Verband betreibt im Freistaat außerdem 58 sogenannte Netzwerk-Familienpaten-Standorte mit derzeit 400 ehrenamtlichen Familienpatinnen sowie 90 hauptamtlichen Koordinatorinnen vor Ort. Seit dem Projektstart vor zehn Jahren wurden nach DKSB-Angaben rund 4400 Kinder in Familien unterstützt.  In München betreibt der DSKB außerdem ein Kinderschutzzentrum.
(dpa)

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