Leben in Bayern

Eine Biene sammelt Pollen. Das Nahrungsangebot für die Tiere nimmt stetig ab. (Foto: dpa/Monika Skolimowska)

14.08.2020

Bienenrettung am heimischen Balkon

Die Honiglieferanten werden immer weniger – ein Nürnberger Künstlerduo zeigt zeigt, wie wir im Alltag gegensteuern können

Mit blühenden Wildkräutern in leuchtend gelben Kästen wollen die fränkischen Künstler Peter H. Kalb und Gisela M. Bartulec die Bienen in Bayerns Städten retten. Mit Installationen machen sie immer wieder auf ihr Projekt aufmerksam – mit Erfolg: Unter dem Titel „Beedabei“ vermehren sich die Bienenfutterstellen des Duos rasant in Bayern. Über 3500 gibt es im Freistaat bereits.

Kunst kann Wände verzieren. Aber auch versuchen, die Welt zu retten. Mit seinem Kunstprojekt „Beedabei“ arbeitet das Nürnberger Künstlerduo Peter H. Kalb und Gisela M. Bartulec ganz praktisch daran, kleine Bienen in großen Städten mit der nötigen Nahrung zu versorgen und damit vor dem Aussterben zu bewahren.

„Das sind unsere Bienenfutterstellen“, sagt Kalb und zeigt auf einen knallgelben Blumenkasten mit blühenden Wildkräutern. „Geranien sind zwar pflegeleicht und schön, aber total überzüchtet, und können daher leider keine Bienen ernähren“, erklärt Kalb und nimmt einen der Blumenkästen in die Hand, der längst zum Markenzeichen und Botschafter der einfachen, aber genialen Kunst-Bienen-Rettungsaktion geworden ist. „Wir hatten selber auf unserem Balkon bemerkt, dass die Anzahl der Bienen zurückgeht“, erzählen Kalb und Bartulec.

Um die Menschen für die Bienenaktion spielerisch zu begeistern, bauen Peter und Gisela aus den gelben Blumenkästen spektakuläre Skulpturen auf Marktplätzen, im Fußballstadion oder vor schönen alten Schlössern. Kurz nach der Fertigstellung der gelben Blumenkasten-Kunstwerke bitten die beiden Bienenretter das Publikum, die gelben Skulpturen zu zerstören und sich einen der leuchtenden Blumenkästen mit den bienenfreundlichen Gewächsen für den heimischen Balkon zu schnappen. Mit den blühenden Blumenkästen unter dem Arm schwärmt das Publikum nach den Aktionen zurück nach Hause und trägt damit die Idee von Beedabei von Balkon zu Balkon. „Wir machen am liebsten Kunst zum Mitmachen“, betonen die beiden Künstler. Abstrakte Kunst ohne konkreten Nutzen sei nicht die Sache des Paares.

Mittlerweile dienen schon über 3500 knallgelbe Beedabei-Blumenkästen als Werbebotschafter der Rettungsaktion. Und täglich werden es mehr auf den bayerischen Balkonen. In Nürnberg sind schon sehr viele der gelben Blumenkästen im Stadtbild zu sehen. Und auch in Bamberg, Coburg, Hof und Zirndorf hängen welche. Sogar in Paris sollen die gelben Bienenrestaurants schon auf Balkonen gesichtet worden sein. Bad Berneck hat mit den gelben Kästen seine Brücken verziert. Im fränkischen Burgthann leuchten die gelben Bienenfutterstellen am Rathaus. In Fürth unterstützen die Fachleute vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten die Beedabei-Bewegung. Unter dem Motto „Gut für die Biene – schön für den Betrachter“ hat sich auch die Interessengemeinschaft „Ihre RegionalGärtnerei“ dem Kunstprojekt tatkräftig angeschlossen.

„Die gelben Blumenkästen fallen einfach jedem sofort auf“, freuen sich Kalb und Bartulec und erzählen, wie „happy“ sie jedes Mal immer noch seien, wenn sie zufällig einem der gelben Kästen begegnen. Glücklich sind die beiden auch, dass die gelben Pflanzkübel nicht von einem namenlosen Großkonzern kommen, sonden von einem Familienbetrieb im fränkischen Alzenau extra für Beedabei hergestellt werden. Kalb erklärt, dass die Suche nach dem fränkischen Blumenkasten-Hersteller ihn einige Zeit seines Lebens gekostet habe.

Jetzt will das Duo auch noch München erobern

Auf die einfache, aber geniale Idee mit den leuchtend gelben Futterkästen hatte die beiden der Kulturmanager Hans-Joachim Wagner, der Nürnberg zur Europäischen Kulturhauptstadt im Jahr 2025 machen will und das Bewerbungsbüro dazu leitet, gebracht. Er habe das Duo dazu ermuntert, ganz neu und ganz groß zu denken und eine Idee vorzuschlagen, die die beiden schon immer einmal in die Tat umsetzen wollten. Bienen-Bingo! Justament in diesem Augenblick sei die Idee geboren worden, ein Projekt für die Bienen auf die Beine zu stellen. „Wir wollten den armen Bienen nicht mehr dabei zuschauen, wie sie direkt vor unseren Augen in den Städten verhungern müssen.“

Ein Jahr vor dem erfolgreichen Volksbegehren zur Artenvielfalt, das den Schutz der Insekten ins Rampenlicht rückte, haben der bildende Künstler und die Autorin ihre Blumenkasten-Vision zur Bienenrettung entwickelt. Unter der Überschrift „Beedabei“ hat sich das Künstlerpaar beim Nürnberger Bewerbungsbüro zur Kulturhauptstadt 2025 angemeldet und damit einen Nerv getroffen. Bei einer Online-Abstimmung ist die Projektidee von den Nürnberger*innen in der Kategorie für nachhaltige Stadtentwicklung zum Sieger gekürt worden. Mit dem Preisgeld in Höhe von 5000 Euro hat das Paar losgelegt, die Idee ins Werk zu setzen.

Zum Weltbienentag im Mai vor einem Jahr haben Kalb und Bartulec zum ersten Mal aus ihren gelben Balkonkästen eine überdimensionale Skulptur mit zwölf Europa-Sternen auf dem Nürnberger Hauptmarkt gestaltet. 18 regionale Gärtnereien haben dabei geholfen, die Kästen bienenfreundlich zu bepflanzen. Noch am selben Tag haben die Künstler das Kunstwerk aufgelöst und die sonnengelben Kästen mit dem blühenden Bienenfutter zum Ausschwärmen auf die Reise geschickt – indem sie sie dem Publikum mitgaben. „Durch das Zusammenspiel mit der Gesellschaft lebt unsere Kunst“, freuen sich die beiden Bienenretter.

Bienen hier, Bienen dort: Peter H. Kalb und Gisela M. Bartulec dürfte vom vielen Summen mittlerweile ganz schön der Schädel brummen. Seit über einem Jahr denkt das Nürnberger Künstlerpaar nur noch an die Rettung der gelben Tierchen. Kürzlich haben die beiden ihre Skulptur vor Schloss Weißenstein im oberfränkischen Pommersfelden aufgebaut. Danach haben Kalb und Bartulec das große Max-Morlock-Stadion in Nürnberg mit ihren kleinen Kästen gerockt und aus 350 Pflanzkübeln einen 18 Meter großen Fußball geformt. Den gelben Blumenkasten, der längst zu ihrem Markenzeichen geworden ist, gibt es mittlerweile auch auf der Beedabei-Homepage zu kaufen – inklusive Samen-Überraschungspaket.

Das Coronavirus hat zwar auch die Nürnberger Bienen-Aktionskünstler nicht ganz kalt gelassen. Die weitere Ausbreitung der gelben Blumenkästen aufhalten kann die Pandemie aber nicht. Vielmehr wollen Peter H. Kalb und Gisela M. Bartulec mit ihren leuchtenden Bienen-Futter-Behältern jetzt erst recht Bayern erobern. Augsburg, München oder Murnau – Kalb und Bartulec wollen noch in vielen Städten den einen oder anderen herkömmlichen Geranienkübel durch ihren gelben Blumenkasten mit dem nahrhaften Bienenfutter ersetzen. Damit Bayern nicht verstummt, sondern auch in Zukunft weitersummt.
(Nikolas Pelke)

Foto (BSZ): Bienenretter: das Künstlerduo mit seinem Blumenkasten.

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