Leben in Bayern

Torsten Marx löst im DB-Regio-Werk Pasing eine Schraube um Getriebeöl zu wechseln. Züge der Bahn, die nicht im Einsatz sind werden hier rund um die Uhr gewartet. (Foto: Tobias Hase/dpa)

08.08.2019

Mit dem Ultraschallgerät zur Achswelle

Die Eisenbahn ist ein 24-Stunden-Geschäft. Da fast alle Züge tagsüber auf den Gleisen gebraucht werden, müssen sie dann repariert und gewartet werden, wenn die Fahrgäste schlafen. Ein Besuch in einer Fahrzeuginstandhaltungshalle

An der Mechanik liegt es schon mal nicht, dass die Zugtüre sich nicht mehr öffnen lässt. Das kann Ömer Yenidede mit wenigen Handgriffen schnell ausschließen. Der gelernte Elektroniker klettert aus dem abgestellten Zug, steigt eine angedockte Metalltreppe hinunter, schnappt sich einen Laptop und verschwindet wieder im Inneren des Waggons.

Der rund 70 Meter lange Zug, angestrichen in den typischen rot-weißen Farben der Deutschen Bahn, ist einer von fünfen, die in dieser Abendschicht in der Fahrzeuginstandhaltungshalle repariert und gewartet werden. Während draußen im Münchner Westen langsam die Sonne untergeht, herrscht in der mehr als 200 Meter langen Halle mit fünf parallelen Gleisen an vielen Stellen geschäftiges Treiben.

Neben Yenidede machen sich an diesem Abend sechs Bahn-Mitarbeiter an dem Zug zu schaffen. Während der 46-Jährige eine Klappe oberhalb der defekten Türe öffnet und den tragbaren Computer mit einem der zahlreichen Kabel dahinter verbindet, überprüft ein Kollege ein paar Meter weiter eine Achswelle mit einem Ultraschallgerät. Ein weiterer kontrolliert ein Radlager.

Umstellung auf Nachtschicht ist heftig

Insgesamt arbeiten in der Halle pro Nachtschicht bis zu 15 Schlosser und Elektriker. Drei Gleise weiter sind einige von ihnen damit beschäftigt, mit Hilfe eines an der Decke fixierten Krans eine Radachse an einem aufgebockten Zug zu tauschen. "Im Schnitt alle sechs Wochen wird ein Zug der DB Regio in die Werkstatt gebracht - meistens geht es dabei um Instandhaltung, die nach einem festen Turnus geplant ist", sagt der Werksleiter Rudolf Reichel. "Bei einem akuten Defekt, wird der Wagen früher von den Schienen genommen."

Rund 900 Züge der DB Region Bayern werden in der Werkshalle, die die Bahn erst vor zwei Jahren für etwa 50 Millionen Euro fertiggestellt hat, betreut. Die Wagen kommen rund um die Uhr an - auch nachts. Denn die Züge sollen möglichst kurz nicht zur Verfügung stehen und schnell wieder auf die Schienen gebracht werden.

Was in der jeweiligen Schicht zu tun ist, bekommt Yenidede als Gruppenführer zu Schichtbeginn auf einem Übersichtsplan mitgeteilt. Ausgefüllt hat die Tabelle der Instandhaltungsleiter, der vorab die Infos bündelt, was zu tun ist - seit einigen Jahren alles digital.

Laptops: mittlerweile die wichtigsten Werkzeuge

Auch für Yenidede ist der Laptop mittlerweile sein wichtigstes Werkzeug. "Es wird alles immer digitaler. Ohne einen Computer würde hier nichts mehr gehen", sagt er, während er auf dem Bildschirm den Fehlerspeicher ausliest. Es ist kurz vor 22.00 Uhr, seine Schicht hat vor etwa eineinhalb Stunden begonnen und sie wird noch bis 4.30 Uhr dauern. Die Nachtschicht ist seine fünfte in Folge, danach hat er ein paar Tage Pause, bevor es für zwei Wochen in die Tagschicht geht.

Als wirklich dramatisch empfindet er die Nachtschicht nicht: "Ich schlafe dann eben tagsüber ein paar Stunden, da bin ich nachts dann schon fit." Auch ein Kollege pflichtet ihm bei: "Grundsätzlich hat das auch Vorteile - man kann viele Dinge erledigen, während andere bei der Arbeit sind." Nur der Wechsel von Tag- auf Nachtschicht, der sei heftig, sind sich beide einig. "Die Umstellung in den ersten Tagen ist für den Körper schon schwierig."

Das weiß auch der Arbeitgeber, betont Reichel. "Um die Kollegen zu unterstützen bieten wir beispielsweise spezielles Job&Fit-Menüs in der DB-Kantine und haben eigene DB-Trainings für Schichtarbeiter."

Auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) kennt die Nachtschichtproblematik: "Arbeiten, wenn andere schlafen oder feiern, gehört für viele Beschäftigte bei den Bahnen zum Berufsbild dazu", sagt ein EVG-Sprecher. Entsprechend habe die Gewerkschaft in ihren Tarifverträgen sehr differenzierte Zuschläge und Zulagen für die unterschiedlichen Belastungen insbesondere im Schicht- und Wechseldienst ausgehandelt. Belastungen entstünden derzeit wegen Personalmangels, kritisiert der Sprecher. Es sei aber zu erkennen, dass der DB-Konzern sich hier immerhin um Personalaufbau bemühe.

Rund fünf Züge fertigen Yenidede und sein Team pro Schicht ab und schicken sie aus der Halle zurück auf die Schiene - wenn das Problem besonders knifflig ist, bleibt der Wagen aber auch schon mal abgestellt. Dann übernimmt die Tagschicht die Lösungssuche, während Yenidede und seine Kollegen in die Betten fallen.
(Elena Koene, dpa)

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