Politik

11.06.2010

Abgang einer Integrationsfigur

Von Selbstmitleid keine Spur: Als Grünen-Fraktionschef Sepp Daxenberger im Landtag seinen Rücktritt verkündet, weil die Krebserkrankung ihm keine Kraft für die Politik mehr lässt, erzählt er statt von seinen Schmerzen lieber von seinem schlechten Gewissen. Das habe er zuletzt gegenüber seinen Kolleginnen und Kollegen gehabt, weil er nicht so kraftvoll für die Fraktion arbeiten konnte, wie er wollte. Daxenberger weiß, wie wichtig er für seine Partei ist. Seine Partei weiß es auch. Als Daxenberger den grünen Abgeordneten in der Fraktionssitzung seine Entscheidung mitteilte, flossen Tränen. Wenn sich Bayerns prominentester Grüner nun aus der ersten Reihe der Politik zurückzieht, ist das aber nicht nur für die Grünen ein herber Verlust, sondern auch für die bayerische Politik. Daxenberger ist ihre wichtigste Integrationsfigur. In Bayern hielt sich die enge Verknüpfung zwischen gesellschaftlichen Milieus und Parteien hartnäckiger als anderswo. Die traditionsbewussten Bauern auf dem Land wählten CSU, die umweltbewegten Lehrerkinder in den Städten Grüne. Politisch lebten die Bayern in Parallelgesellschaften nebeneinander her. Dann kam Sepp Daxenberger, Bauer aus Waging am See, Kirchgänger, Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr, und machte die Grünen auch für heimatverbundene Bayern auf dem Dorf wählbar. Daxenberger wurde 1996 der erste grüne Bürgermeister Bayerns. Als Spitzenkandidat bei der Landtagswahl 2008 trug er mit dazu bei, die CSU unter 50 Prozent zu drücken. Daxenberger selbst holte 136 351 Stimmen – über 12 600 mehr als der damalige CSU-Parteichef Erwin Huber. Eine kleine Revolution. Bayerns politische Landschaft ist seitdem nicht wiederzuerkennen. Ohne feste Bindungen zwischen Milieus und Parteien kämpfen selbst CSU und Grüne teilweise um ähnliche Wählergruppen. Gegen Vermutungen, Grüne und CSU könnten mit ihm in naher Zukunft einmal eine Koalition eingehen, wehrte sich Daxenberger aber beharrlich. In der kommenden Woche will die Grünen-Fraktion im Landtag einen Nachfolger für Daxenberger wählen. Die Abgeordneten haben dafür eine breite Auswahl an talentierten, erfahrenen Politikern. Aber als Integrationsfigur bleibt Sepp Daxenberger unersetzbar. (Bernhard Hübner)

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