Politik

06.07.2012

Acta-Aus: Gewinn für die Bürger

Ein Kommentar von Tobias Lill

Es war eine der größten Demonstrationen der jüngeren bayerischen Geschichte: 16 000 Menschen gingen im Februar in München gegen das Anti-Produktpiraterie-Abkommen Acta auf die Straße – und das trotz sibirischer Kälte. Der Freistaat machte seinem Namen alle Ehre: Nirgendwo in der Republik protestierten so viele besorgte Bürger gegen Acta wie hier.
Doch die herrschende CSU ignorierte lange Zeit die Ängste der Bürger vor einer drohenden Überwachung des Internets. Statt dessen gehörte die Partei in Brüssel und Berlin bis vor Kurzem zu den glühendsten Verfechtern des Abkommens. Viele christsoziale Entscheidungsträger unterschätzten die Breite des Protests, taten so, als ginge es nur um ein paar durchgeknallte IT-Nerds mit Laptop und Hornbrille.
Nun aber, nachdem das Europaparlament das umstrittene Abkommen mit großer Mehrheit gekippt hat, tun manche in der Partei so, als sei man schon immer gegen Acta gewesen. Doch die Bayern sind nicht blöd: Die Zahl der Jungwähler, die ihr Kreuzerl bei der CSU machen, dürfte weiter schwinden.
Aber auch für die Piratenpartei ist die Acta-Entscheidung nur ein Pyrrhus-Sieg. Sie hatte mit ihrem Widerstand gegen das Megaprojekt bei vielen jungen Internetnutzern punkten können. Nun müssen sich die Freibeuter ein neues Lieblingsthema suchen.

Die Musikindustrie hätte profitiert 


Eindeutig verloren hat die Musik- und Filmindustrie: Mit Acta hofften Hollywood und die Plattenbosse, das massenhafte Herunterladen von Songs und Filmen in den Griff zu bekommen. Das unter hohem Lobbyeinfluss entstandene weltweite Abkommen hätte es der Verwertungsindustrie jedoch erlaubt, mit Maschinengewehren auf Spatzen zu schießen: Bereits wegen des Kopierens einer CD hätten Jugendliche belangt werden können. Zudem sollten die Internetprovider dafür haften, wenn ihre Kunden gegen das Urheberrecht verstoßen. Als Folge hätten diese die Aktivitäten der Nutzer genau durchleuchten dürfen. Gemäß Acta hätten die Provider bei Verstößen den Usern dann sogar ohne behördliche Anordnung den Zugang sperren können.
Gewinner des Acta-Aus sind deshalb die Menschen in Deutschland: Mit ihren Protesten haben sie verhindert, dass Provider zu Hilfssheriffs und Internetnutzer unnötig kriminalisiert werden.

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