Politik

Das Parlament ist noch nicht so recht in Fahrt gekommen. Unser Bild zeigt das Dach des Maximilianeums mit zwei der insgesamt 14 Viktorien. (Foto: dpa/Sina Schuldt)

05.04.2019

Aller Anfang ist schwer – zumindest diesmal

Der Landtag kommt kaum in die Gänge: Woran liegt das?

Seit der Landtagswahl ist ein gutes halbes Jahr verstrichen. Doch spektakuläre Initiativen sind vom Parlament nicht ausgegangen. Der mit Abstand wichtigste Anstoß für die Landespolitik kam von der außerparlamentarischen Opposition: Das von der ÖDP in die Wege geleitete Volksbegehren Rettet die Bienen führte dazu, dass der Artenschutz zum Megathema im Landtag wurde. Die schwarz-orange Regierung knickte ein, will den Gesetzentwurf des Volksbegehrens übernehmen. Was ist da los? Ein Blick auf die Beschlüsse und Befindlichkeiten der sechs Landtagsfraktionen.

Der Eindruck täuscht nicht, räumt Florian Streibl ein, Vorsitzender der Freie-Wähler-Fraktion: „Der Landtag hat noch nicht richtig Tritt gefasst.“ Streibl schiebt es auf den Wahltermin Mitte Oktober – danach sei wegen der Koalitionsverhandlungen und der Regierungsbildung erst mal nichts passiert, dann war Weihnachtspause. Und dann musste sich zumindest seine Fraktion erst mal in ihre neue Rolle finden – als Koalitionspartner der CSU. Während FW-Chef Hubert Aiwanger früher zu jedem erdenklichen Thema hurtig Forderungen und freche Sprüche in Richtung CSU rausblies, muss er sich jetzt, als Vizeministerpräsident, erst mal mit der CSU abstimmen. Jetzt wird’s, bedingt durch den angekündigten Kompromiss beim Artenschutz, erst mal darum gehen. Ins Zeug legen wollen sich die FW aber auch beim Thema Fachkräftemangel – hier wollen sie Arbeitserleichterungen für Asylsuchende erwirken.

Eine vom Wähler gerupfte Fraktion und das Ende der Alleinregierung – die CSU hat eine Weile gebraucht, um sich von den Folgen des Wahlabends zu erholen. Wegweisende Initiativen von der selbst ernannten „Herzkammer der CSU“ ließen auf sich warten. Auf der Habenseite stehen eine Handvoll Anträge unter anderem zum Zuckerrübenanbau sowie ein letztlich an der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit gescheiterter Gesetzentwurf zur Aufnahme des Klimaschutzes in die Verfassung.

Sehr viele Neue: Die grüne Fraktion gleicht einem Start-up

Viel Zeit und Man-Power gebunden haben die Beratungen zur Anpassung der Geschäftsordnung des Landtags an das größer gewordene Parlament. Mit der Verabschiedung des Doppelhaushalts 2019/20 – und natürlich dem Artenschutz-Gesetz – will die CSU nun durchstarten.

Die Rolle als Oppositionsführer und zweitstärkste Fraktion nach der CSU haben die Grünen sehr selbstbewusst angenommen. Doch die vielen Jungen und Neuen in ihren Reihen müssen sich erst einarbeiten. Fraktionschef Ludwig Hartmann vergleicht die neue Fraktion mit einem „Start-up“, es müsse sich halt noch einiges einspielen. An den Grünen liegt es dennoch nicht, dass die Tagesordnungen überschaubar geblieben sind. Knapp ein Drittel der bislang fast 1500 Drucksachen stammen aus ihrer Feder, darunter ein Parité-Gesetzentwurf für mehr Frauen im Landtag. Dass der Landtag nun beim Gesetzeskompromiss im Nachgang zum Bienen-Volksbegehren auf die Grünen angewiesen ist, sorgt für eine gewisse Genugtuung. „Die brauchen uns“, sagt Hartmann.

Die FDP hat es als kleinste Oppositionsfraktion von Haus aus schwer, wahrgenommen zu werden. Eines ihrer Zugpferde bei der Landtagswahl, Ex-Focus-Chefredakteur Helmut Markwort, scheint abgetaucht. Immerhin, kleinere Erfolge konnten die Liberalen verbuchen: So stimmte der Landtag einem FDP-Antrag zu, der Justizminister Georg Eisenreich (CSU) verpflichtet, seinen Aktionsplan zur Justiz offenzulegen. Den hatte die schwarz-orange Koalition bereits abgenickt. „Dabei kannte man im Landtag den Plan gar nicht“, ärgert sich FDP-Fraktionschef Martin Hagen. Er selbst macht im Parlament durchaus bella figura. Doch weil auch die FDP bislang nicht durch bahnbrechende Initiativen auffiel, drang dies nur begrenzt nach außen.

Den  neuen SPD-Fraktionschef kennt kaum jemand

Die SPD wiederum scheint aus der Schockstarre nach der Landtagswahl noch nicht so recht erwacht. Mit einem Wahlergebnis von 9,7 Prozent waren die Sozialdemokraten als zweitkleinste Oppositionsfraktion in den Landtag zurückgekehrt. Vom neuen Fraktionschef Horst Arnold hört man wenig. An seiner Bekanntheit, sagt Arnold, arbeite er noch. Weist aber zugleich darauf hin, dass er sich nicht als „Alleinunterhalter“ sieht. Tatsächlich fehlt ihm das PR-Talent seines Vorgängers Markus Rinderspacher. Dafür, attestiert ihm SPD-Mann Harald Güller, sei Arnold „kollegialer“. Zu den Themen, um die sich die SPD verstärkt kümmern will, zählen Klimaschutz und Tariftreue der öffentlichen Hand.

Als neue Fraktion war die AfD zunächst sehr mit dem Aufbau ihrer Arbeitsstrukturen und der Klage darüber beschäftigt, von den „Altparteien“ benachteiligt zu werden. Fraktionschefin Kathrin Ebner-Steiner kündigt zwar immer wieder an, die Fraktion sei dabei, das AfD-Wahlprogramm „Punkt für Punkt“ umzusetzen. Zu Buche schlägt aber bislang nur ein Gesetzentwurf für ein Minarett-Verbot und ein Antrag auf weniger Auflagen für kleine Handwerker. Dringlichkeitsanträge für das Plenum drehten sich vorwiegend um das Thema Zuwanderung. Auf anderen Politikfeldern herrscht noch überwiegend Fehlanzeige. Das sorgt für Ärger in den eigenen Reihen. Nach einem Austritt und einem Beinahe-Ausschluss brodelt es in der Fraktion – Ausgang offen.  (Waltraud Taschner/Jürgen Umlauft)

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