Politik

Im bayerischen Landtag ändert sich einiges – viele altgediente Abgeordnete haben ihren Sitz verloren, zwei neue Fraktionen kommen hinzu. (Foto: Xaver Lockau)

19.10.2018

Alles neu – ein bisschen

Geplante CSU-FW-Koalition: Für die Bürger wird sich nicht sooo viel ändern

Gewiss: Die Landtagswahl vom 14. Oktober markiert eine Zeitenwende in Bayern. Die CSU verzeichnet Mega-Verluste, braucht einen Koalitionspartner. Und hat sich bereits für die Freien Wähler entschieden. Damit dürfte sich im Freistaat nicht allzu viel ändern. Im Gegensatz zum Alltag der Polit-Akteure.

Markus Söder und Hubert Aiwanger: In der geplanten schwarz-orangen Koalition arbeiten künftig zwei maximal selbstbewusste Alphatiere zusammen. Tatsächlich dürfte Ministerpräsident Söder dabei noch der umgänglichere Tandempartner sein – er ist immer schon ein großer Netzwerker, hat Erfahrung in parteiinternen Abstimmungs- und Diskussionsprozessen. Ganz anders FW-Chef Aiwanger. Er ist bei seiner eigenen Truppe als recht selbstherrlicher Polit-Rambo verschrien, der auf Teamwork nicht übermäßig erpicht ist. Bereits kurz nach der Wahl irritierte Aiwanger mit der Bemerkung, es sei mit Blick auf die Neubesetzung des Postens der Landtagspräsidentin das letzte Wort noch nicht gesprochen. Traditionell wird diese Personalie von der stärksten Fraktion, also der CSU, besetzt. Diese hatte dafür die bisherige Bauministerin Ilse Aigner vorgeschlagen.

Was die politischen Inhalte angeht, sind die Schnittmengen zwischen FW und CSU indes beträchtlich. So etwa bei der Innen- und Migrationspolitik – beide Parteien fahren hier eine harte Linie, wollen konsequentere Abschiebungen und eine Wertekunde für Zuwanderer. Beide sind außerdem gegen Fahrverbote und Tempolimits, für mehr Videoüberwachung oder für Kreuze in Landesbehörden.

Bei den Stromtrassen dürfte es knallen

Die größten Konfliktfelder derzeit: die dritte Startbahn am Münchner Airport – die CSU will die Piste, die FW keinesfalls. Knallen dürfte es auch beim Thema Stromtrassen: Während die CSU dafür ist, dass zwei große Überlandleitungen durch Bayern führen, setzen die FW auf eine dezentrale Energieversorgung. Unbedingt durchsetzen wollen die FW, dass Kitas in Bayern kostenfrei werden – die CSU war bislang dagegen, pochte auf das neu eingeführte Familiengeld in Höhe von 250 Euro pro Kind.

CSU-Leute verweisen darauf, dass die FW in diversen Politikfeldern nicht festgelegt seien – mit Blick auf ein künftiges Bündnis „ein großer Vorteil“. Andere Christsoziale wiederum betonen, dass die Historie der FW für Zündstoff sorgen könnte. Die FW sind in den Kommunen jeweils deshalb entstanden, weil man mit der CSU-Politik vor Ort nicht einverstanden war. „Für viele Kollegen wird es nicht einfach werden, da emotional einen Zugang zu kriegen“, formuliert ein erfahrener CSU-ler.

Elf Ministerien gibt es derzeit in Bayern; Hubert Aiwanger hat bereits angekündigt, drei bis fünf davon müssten im Fall einer Koalition an die FW fallen. Drei Ministerien jedenfalls sind durchaus drin. Im Fall der schwarz-gelben Koalition, die zwischen 2008 und 2013 in Bayern regierte, hatte die FDP zwei Ministerien inne. Wobei die Liberalen damals auf 8 Prozent gekommen waren, die FW errangen jetzt 11,6 Prozent. Das CSU-Ergebnis betrug im Jahr 2008 43,4 Prozent, bei der zurückliegenden Wahl 37,2 Prozent.

FW-Mann Florian Streibl ist ein CSU-Hasser

Der Münchner FW-Abgeordnete und FW-Generalsekretär Michael Piazolo sagte der Staatszeitung, er fände für seine Partei die Ressorts Landwirtschaft, Bildung, Wirtschaft und Heimat/gleichwertige Lebensverhältnisse interessant. Ob die CSU das wichtige Bildungsressort abgibt, bleibt abzuwarten. Eher schon das Hochschulministerium. Die zuständige Ministerin Marion Kiechle schaffte es als Listenkandidatin nicht in den Landtag; ob sie ohne Mandat wieder berufen wird, ist fraglich. Tatsächlich wäre Piazolo, Professor für europäische Studien, ein denkbarer Kandidat für den Posten. Der Münchner Piazolo war bislang Chef des Landtags-Hochschulausschusses.

Die Verteilung der Ministerien samt Personalien dürfte spätestens kommende Woche klar sein. Offiziell heißt es: erst die Inhalte, dann die Posten. Doch die Spekulationen, wer was werden kann – samt großem Zittern der bisherigen CSU-Minister – haben bereits begonnen.

Interessant wird auch, welches Ressort Hubert Aiwanger leiten wird. Und wer ihm als Fraktionschef nachfolgt. Denkbar ist, dass Florian Streibl den Posten übernimmt. Der Sohn von Ex-Ministerpräsident Max Streibl hegt immensen Groll gegen die CSU, die seinen Vater 1993 abgesägt hatte. Käme Streibl junior ins Kabinett, wäre das „schon eine Provokation für uns“, heißt es in der CSU.

Personaldebatten kommen früher oder später auch auf die CSU zu. Die Oberbayern-CSU fordert einen Sonderparteitag zur Aufarbeitung des Wahldebakels. Gut möglich, dass dort die Wut der Basis über Parteichef Seehofer hereinbricht. Viele CSU-Leute haben ihn und seine ständigen Störfeuer während des Wahlkampfs als Hauptursache für das Wahldebakel ausgemacht. (Waltraud Taschner)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.