Politik

01.06.2012

Angeschossener Tiger

Ein Kommentar von Tobias Lill

Der Tiger wankt. Lange galt Facebook als unangefochtener Herrscher im Dschungel der sozialen Computernetzwerke. Mehr als 800 Millionen Kunden hat die digitale Kontaktbörse aus Kalifornien weltweit. Und auch in Deutschland vertrauen mehr als 20 Millionen Menschen dem Konzern, geben auf seiner Plattform mitunter intimste Geheimnisse preis. Analysten malten dem von Mark Zuckerberg gegründeten US-Konzern deshalb lange Zeit eine goldene Zukunft aus. Doch seit dem Börsengang vor zwei Wochen ist alles anders. Der Kurs der Aktie verlor in nur wenigen Tagen ein Viertel seines Wertes. Aus Zuckerberg wurde Zockerberg.
Der Grund für das Desaster: das Geschäftsmodell. Facebook ist für Nutzer kostenlos, doch die Werbeeinnahmen sind bisher gering. Einen Weg zu mehr Einnahmen haben die Amerikaner noch nicht gefunden. Klar ist: Würde Facebook von seinen Kunden einen Mitgliedsbeitrag verlangen, liefen diese in Scharen davon. Das zeigen Erfahrungen anderer sozialer Netzwerke. Schon gibt es die ersten jungen Menschen, die bewusst auf die Kommunikationsplattform verzichten. Und die Konkurrenz schläft nicht – neue, innovativere Netzwerke buhlen um die Facebook-Mitglieder.

Viel zu tun für Datenschützer


Doch Deutschlands Datenschützer, die Facebook seit Jahren zu Recht als Datenkrake geißeln, sollten sich nicht zu früh freuen. Denn angeschossene Raubtiere sind besonders gefährlich. Um seine renditehungrigen Aktionäre zu füttern, könnte der kalifornische Tiger auf sein größtes Kapital zurückgreifen: die Kundendaten. Für Unternehmen, aber auch Behörden, ist es viel wert, zu wissen, wer welche Autos fährt, welche Bücher liest oder mit wem befreundet ist. Auch die gesammelten E-Mail-Adressen und Wohnorte sind bares Geld wert. Firmen könnten sich so ein perfektes Profil der potenziellen Kunden erstellen – es droht der gläserne Mensch.
Schon heute pfeift Facebook hierzulande auf den Datenschutz. Mitglieder müssen dem Konzern alle Rechte an dort hochgeladenen Texten, Fotos oder Videos überlassen. Nicht nur manch ahnungsloser Teenager verliert so leicht die Kontrolle über sensible Daten. Doch die Kunden müssen geschützt werden. Die Politik muss Facebook genau im Auge behalten. Nationale Behörden sind damit indes überfordert. Nur eine eigene EU-Datenschutzbehörde kann einem Weltkonzern Paroli bieten – doch die gibt es bislang nicht.

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