Politik

Der Senegalesische Football-Spieler Madiama Diop (l.) von den Würzburg Panthers mit seinem Trainer Johannes Brandt. (Foto: dpa)

19.08.2014

Asylbewerber darf nicht zum Auswärtsspiel

Football-Spieler Madiama Diop darf nicht bei Auswärtsspielen seiner Würzburg Panthers auflaufen. Bei Teamkameraden und in der Politik stößt die strikte Durchsetzung der Residenzpflicht auf Kritik. Die Behörde pocht auf die Rechtslage

Von Würzburg nach Bamberg sind es nicht einmal 100 Kilometer. Ein Katzensprung für das American-Football-Team Würzburg Panthers, als sie Anfang August in den Play-Offs der bayerischen Landesliga bei den Bamberg Bears auflaufen mussten. Doch ein Spieler durfte den knappen Sieg seines Teams nicht miterleben -denn rund 14 Kilometer vor der Autobahnausfahrt Bamberg verläuft die Grenze zwischen den Regierungsbezirken Unterfranken und Oberfranken. Und als Asylbewerber darf Madiama Diop diese Linie nicht überschreiten.
Eine Ausnahme von der Residenzpflicht für das Spiel verweigerte die zuständige Behörde bei der Regierung von Mittelfranken dem Senegalesen. Seitdem protestieren Diops Teamkameraden gegen die aus ihrer Sicht unsinnige Entscheidung, und auch in der Politik gibt es großes Unverständnis. "Für mich ist das die Maske der Unmenschlichkeit", sagte der SPD-Abgeordnete und frühere Oberbürgermeister Georg Rosenthal. Die Behörde dagegen betont, sie habe aufgrund der Rechtslage keine andere Wahl gehabt.

Zu den Panthers kam er über das Projekt "Sport ohne Grenzen"

Madiama Diop ist groß und muskulös. Wenn er in einem Mix aus Deutsch, Englisch und Spanisch mit seinen Teamkameraden scherzt, liegt ein breites Lachen auf seinem Gesicht. In seiner Heimat sah der Ex-Soldat keine Zukunft. Er lebte kurz in Frankreich, Spanien und England. Seit dem Frühjahr 2013 ist er in Deutschland. Der 29-Jährige lebt in der Würzburger Gemeinschaftsunterkunft, einer ehemaligen Kaserne fern des Zentrums. Sein Asylantrag läuft noch.
Zu den Panthers kam er vor einigen Monaten über das von der Stadt geförderte Projekt "Sport ohne Grenzen" der Würzburger Freien Turnerschaft. "Ich bin so glücklich über dieses Team", sagt Diop. "Die Hautfarbe interessiert sie nicht. Das, was sie interessiert, ist das Herz." Interimstrainer Johannes Brandt sagt: "Er ist sowohl sportlich als auch privat eine Bereicherung."
Als sie für das Spiel eine Ausnahmegenehmigung beantragten, sei die Reaktion gleich sehr ablehnend gewesen, erzählt Stefan Rinke, der sich um das Projekt "Sport ohne Grenzen" kümmert. Im Ablehnungsbescheid der Zentralen Rückführungsstelle Nordbayern sei die Rede davon, dass der Freizeitwert im Vordergrund stehe. "Das ist eine völlige Fehlbewertung der Rolle des Sports für die Integration", kritisiert er. "Für die ist das nur persönliches Vergnügen. Aber es ist so viel mehr."

Eine Ausnahme sei nur aus zwingenden Gründen möglich

Die Behörde sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt. Ein Sprecher verweist auf die geltende Rechtslage. Eine Ausnahme sei nur bei dringendem öffentlichen Interesse oder zwingenden Gründen wie dem Besuch eines Facharztes möglich, oder falls eine Verweigerung eine "unbillige Härte" bedeute. Beispiele dafür seien etwa die Teilnahme an der Beerdigung eines nahen Verwandten im Ausland oder für Minderjährige die Teilnahme an einem Schulausflug.
"Die Entscheidung der Behörde verstehe ich überhaupt nicht", sagte dagegen der CSU-Abgeordnete Oliver Jörg der "Main-Post". Seiner Ansicht nach bremst hier die Bürokratie die Integration aus. Sinn der Residenzpflicht sei, dass Asylbewerber erreichbar bleiben. In diesem Fall hätte die Verwaltung ihren Ermessensspielraum nutzen solle. Für SPD-Mann Rosenthal zeigt der Fall die Problematik beim Umgang mit Asylbewerbern in Bayern. Die Integration werde durch die umstrittene Residenzpflicht bewusst beschwert.
Die Regierung von Mittelfranken entgegnet: Diop könne trotz der Ablehnung Integrationschancen nutzen und Freunde finden, denn er könne ja am Training und den Heimspielen teilnehmen.
"Jeder, der Sport gemacht hat, weiß, dass es mit das blödeste Gefühl ist, wenn man draußen sitzt oder nicht mit darf", sagt Trainer Brandt. Auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht das Teams Fotos von Unterstützern, die Diops Trikot mit der Nummer 45 oder Zettel mit der Aufschrift "#45" halten. Eine Petition beim Online-Portal "change.org" fand bis Dienstagvormittag mehr als 6000 Unterstützer.
Für Madiama Diop ist die Entscheidung ein Beispiel für die Widerstände, auf die er als Asylbewerber in Deutschland trifft. "Ich mache alles, um mich zu integrieren", sagt er. "Aber man gibt uns nicht die Chance dazu." Falls das Team im Halbfinale zu Hause siegt, wollen sie für ein mögliches Auswärts-Finale wieder einen Antrag stellen. (Sebastian Kunigkeit, dpa)

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