Politik

An den Mehrheitsverhältnissen in den Chefetagen wird sich erst mal nichts ändern. (Foto: dpa)

04.02.2011

Aufatmen bei den Bossen in spe

Die DAX-Konzerne im Freistaat liegen beim Frauenanteil im Aufsichtsrat noch unterm Bundesschnitt - eine Quote würde helfen

Die CDU hat sie, die CSU rang sich nach langem Sträuben erst kürzlich dazu durch, SPD, Grüne, Linke – sie alle setzen auf Frauenquoten in den eigenen Reihen. Nur die Wirtschaft, so hat es jetzt Kanzlerin Angela Merkel (CDU) dekretiert, darf weiterhin das Prinzip Hoffnung propagieren, darf Versprechungen abgeben, die sie nicht hält, und Ausreden präsentieren, die mitunter haarsträubend klingen. Eine gesetzliche Frauenquote, wie sie Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) gefordert hat, wird es erst mal nicht geben. Nicht vor der Bundestagswahl 2013 jedenfalls, das hat Merkel bastamäßig klargestellt. Zu groß waren die Widerstände in den eigenen Reihen, beim Koalitionspartner FDP – und, natürlich, bei den Unternehmen selbst.
Somit bleibt in Deutschland erst mal alles, wie es ist. Der Anteil weiblicher Führungskräfte in deutschen Unternehmen – er ist bekanntermaßen blamabel. In Bayern wiederum ist der Nachholbedarf, was etwa weibliche Aufsichtsräte angeht, sogar noch größer als im Rest der Republik: Das ergab eine Umfrage der Staatszeitung unter den acht bayerischen DAX-Unternehmen. Lediglich 17 von 132 Aufsichtsratsmitgliedern der acht Konzerne sind Frauen. Das entspricht einem Anteil von mageren 12,9 Prozent. Bundesweit beträgt die Quote 13,6 Prozent.


Vorbild Siemens


Miserabel ist es daneben um die Gleichberechtigung in Bayerns Vorstandsetagen bestellt: In sieben DAX-Konzernen sitzt keine einzige Frau im Vorstand. Lediglich bei Siemens sind zwei von acht Posten an Frauen vergeben. Damit liegt in Deutschland ausgerechnet ein Elektronikkonzern an der Spitze. Von den restlichen 29 deutschen DAX-Konzernen können nur noch zwei weitere mit je einem weiblichen Vorstand aufwarten.
Selbst bei den Versicherungsriesen, die traditionell viele Frauen beschäftigen, gibt es keine weiblichen Vorstände. Besser sieht es dort allerdings in der zweiten Reihe aus: So ist laut einer Firmensprecherin ein Viertel aller Allianz-Führungskräfte weiblich. Und bei der Munich Re kletterte die Quote 2009 von 20,7 auf 23,2 Prozent. „Wir wollen den Anteil von Frauen in Führungspositionen sukzessive erhöhen”, heißt es beim weltweit größten Rückversicherer. Zum Vergleich: Bei MAN sind derzeit nur 7 Prozent der Führungsposten mit einer Frau besetzt. Doch sei die Tendenz „steigend”, versichert ein Sprecher. So unterstütze MAN diverse Förderprogramme. Bei Siemens heißt es dagegen nur: „Wir reden nicht über das Thema. Wir haben bereits gehandelt.”

Die Gewerkschaften haben gehandelt


Gehandelt haben auch die Gewerkschaften: Die Quote in den Vorständen der DGB-Organisationen richtet sich in der Regel nach dem Frauenanteil an der Mitgliedschaft. Jüngst wählte Ver.di erstmals sogar eine Frau an die Spitze. „Eine gesetzliche Quote für die Wirtschaft“ fordert deshalb Christiane Berger, stellvertretende Chefin des DGB Bayern. Eine solche würde übrigens auch Gewerkschafts-Frauen nützen: Denn auf der Arbeitnehmerbank in den Aufsichtsräten sitzen im Freistaat sogar noch mehr Männer als im Bundesschnitt.
Trotz des in Bayern unterdurchschnittlich niedrigen Chefinnen-Anteils zählt auch die CSU-FDP-Koalition zu den Quotengegnern. Die FDP, weil sie der Wirtschaft traditionell möglichst wenig vorschreiben will. Die CSU wiederum will ihre Basis nach der quälenden Quotendebatte für Parteigremien nicht schon wieder mit einem Frauenthema erschrecken. Im CSU-Präsidium glaubt man immerhin, dass Seehofer eine Quote nicht blockieren würde, sollte sich die CDU irgendwann dazu durchringen.
Die Justizministerkonferenz prüft zurzeit, wie sich eine Frauenquote für Unternehmen rechtlich realisieren ließe. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU), selbst eine Quoten-Befürworterin, sieht durchaus juristische Hürden: „Ganz einfach wird das nicht.“ In ihrem eigenen Haus geht Merk übrigens mit gutem Beispiel voran: „Die nächsten beiden Abteilungsleiterstellen, die im Ministerium frei werden, will ich mit Frauen besetzen“, kündigt Merk an. Das wäre dann eine Steigerung von null auf zwei.
Merks Parteikollegin, die Landtagsabgeordnete Reserl Sem, geht noch weiter: Neben einer Frauenquote für die Wirtschaft wünscht sie sich eine für den öffentlichen Dienst: „Damit könnte der Staat ein Zeichen setzen.“
(Tobias Lill, Waltraud Taschner)

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