Politik

03.04.2020

Ausgangsbeschränkungen: Strenger als nötig

Ein Kommentar von Angelika Kahl

Um zwei weitere Wochen hat die bayerische Staatsregierung die Ausgangsbeschränkungen nun verlängert. Vorerst. Denn wie sich die Lage in Deutschland entwickeln wird, mag heute noch kein seriöser Wissenschaftler prognostizieren. Die entsetzlichen Bilder aus Italien oder Spanien geben Markus Söder recht. Jetzt die Beschränkungen aufzuheben wäre ein fataler Fehler. Der Kampf gegen die Infektionsketten und die rasante Ausbreitung des Coronavirus wäre verloren – und aus den zurückliegenden zwei Wochen mit Kontaktsperren so gut wie nichts gewonnen.

Für die nächsten Tage ist wieder schönstes Frühsommerwetter vorhergesagt. Glück hat derjenige, der die Sonne im eigenen Garten oder zumindest auf dem Balkon genießen kann. Und Glück hat auch diejenige, die mit der Familie einen ausgedehnten Spaziergang machen kann. Aber nicht jeder in Bayern hat dieses Glück. Und auch an die sollte die Politik denken. Je länger die Ausgangsbeschränkungen dauern, desto wichtiger wäre es, sie für die Menschen möglichst erträglich zu gestalten.

40 Prozent der Haushalte in Bayern sind Singlehaushalte

In Bayern aber sind die Ausgangsbeschränkungen am strengsten. Die ältere alleinstehende Dame, die nicht mehr so gut zu Fuß ist, darf sich auf keine Parkbank setzen – sie wird sofort von der Polizei verjagt. Sie darf auch ihre beste Freundin nicht mehr sehen. Außerhalb Bayerns wäre das kein Problem. Die Bund-Länder-Vereinbarung erlaubt im Gegensatz zum Freistaat ein Treffen mit einer weiteren Person aus einem anderen Hausstand im Freien.

Eine Nachjustierung der strengen bayerischen Ausgangsbeschränkungen wäre hier dringend geboten. Immerhin sind über 40 Prozent der Haushalte in Bayern Singlehaushalte. In größeren Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern sind es gar über 50 Prozent. Und jede dritte alleinstehende Person ist über 65. Rausgehen und soziale Bindungen aufrechterhalten sind erwiesenermaßen nicht nur für die Psyche, sondern auch für ein intaktes Immunsystem ebenso wichtig wie gesunde Ernährung und ausreichender Schlaf. Ein Picknick mit der Familie oder der besten Freundin wäre da in Corona-Zeiten eine große Verbesserung der Lebensqualität – bei kaum erhöhtem Ansteckungsrisiko.

Kommentare (2)

  1. zarniwoop am 05.04.2020
    Es wird zunehmend erschreckend, wie flächendeckend sich mittlerweile der sog. Qualitätsjournalismus immer schneller in einer Schleife des selffulfilling Prophecy dreht - getreu dem neuen Leitmotiv der kritischen Distanz: Ein Mittel hat Wirkung gezeigt - also muss er verstärkt werden.
    Es ist schlicht falsch, dass man die Entwicklung der Lage nicht prognostizieren könne! Das Virus wird ganz simplen statistischen Gesetzmäßigkeiten gehorchen: Ansteckungsgrad mal Zeit ergibt einen Zeitraum, innerhalb dessen sich eine bestimmte Anzahl von Menschen infizieren wird.
    Die entsetzlichen Bilder aus Italien geben Herrn Söder eben nicht Recht: denn wenn etwas offensichtlich ist, dann dass dort Begleitumstände zum Tragen kommen, die es sonst nirgends auf der Welt gibt. In Italien liegt die Sterberate bei über 12% - auf die Gesamtzahl der Betroffenen rechnet man mit ungefähr 1% - fällt Ihnen da nicht irgend etwas auf? Selbst in den medial so ge-hypten USA kommt man gerade einmal auf 2,7% (Quelle: 1point3acres.com)!
    Welch Lehren darf man seriöser Weise also aus den beiden Ländern ziehen? Doch sicherlich nicht, dass eine ähnliche Entwicklung wie dort irgendwo anders zu erwarten wäre!
    Wäre es vielleicht nicht interessant zu berichten, dass in Italien etwa jeder Tote, an dem man das Corona-Virus nachweisen kann, als "Corona TOTER" reportet wird - egal was die reale Todesursache war (Quelle: RKI).

    Sollte die Politik nicht vielleicht eher daran denken, wie wir diese Gesellschaft trotz Corona wenigstens ein bisschen am Funktionieren halten können?
    In Bayern sind die Ausgangsbeschränkungen am am strengsten - toll. Ist es nicht komplett unsinnig, wenn Ihrer älteren Dame verboten ist, sich irgendwo im Freien hinzusetzen? Es ist eine Frechheit, dies mit ein bisschen "Nachjustierung" abzutun!
    Es werden massiv Grundrechte eingeschränkt - auf Basis medialer Panikmache. Dies hat zur Folge, dass die Politik sich immer mehr in diesen Strudel des Irrsinns ziehen lässt: Es bringt Wählergunst.
    Wäre es vielleicht nicht sinnvoller zu fragen, was wir wirklich wissen?
    Allem Anschein nach ist etwa eine Schmierinfizierung auszuschließen - mit anderen Worten, es reicht wahrscheinlich, wenn man sich körperlich nicht zu nahe kommt (Quelle: M. Lanz, https://youtu.be/VP7La2bkOMo). Warum sollten also Industriebetriebe und Läden geschlossen werden? Die Nähe kann nicht ausgeschlossen werden, weil Menschen trotz Corona Lebensmittel einkaufen müssen.

    Was hat eine Anzahl von Single-Haushalten per se mit einer drastischen Einschränkung des Grundrechts der freien Beweglichkeit zu tun? Oder wollen Sie damit implizit die Forderung nach der klassischen Ehe auf Tableau bringen, gemäß dem Motto "nur wer kirchlich verheiratet ist, darf raus"? Sie finden das weit hergeholt?

    Mundschutz in der Öffentlichkeit hat keinerlei Auswirkungen - warum gibt man vor, über deren verpflichtende Benutzung zu diskutieren? Erhielt das RKI Anweisungen, nach vier Monaten urplötzlich ohne neue Erkenntnisse seine Empfehlungen zu ändern?

    Das Durchschnittsalter der Corona-Toten beträgt 81 Jahre - das ist für Sie eine Berechtigung, dass die Politik nun, nachdem die Vorgänger-Generationen diesen Planeten ziemlich ramponiert ihren Kindern und Enkeln hinterlassen werden, auch noch die Wirtschaft für die nachfolgenden Generation ruinieren wird? Denn wer wird die Kosten für die Folgen tragen müssen? Wer die Schulden macht, ist klar. Wäre es vielleicht nicht intelligenter, sich zu überlegen, wie man diesen Menschen auf der Zielgerade ihres Lebens vielleicht besser schützen kann, ohne dass die gesamte nachfolgende Generation dafür drastisch bestraft wird?
    Warum kommen Taiwan und Südkorea ohne diesen ganzen massenpanischen Mumpitz aus, der hierzulande medial so gefeiert wird?

    Auch Corona bestätigt eindrucksvoll, dass komplexe Probleme nicht mit simplen Lösungen zu bewältigen sind. Auch nicht, wenn sie in der Kommentarspalte der Bayerischen Staatszeitung propagiert werden.

    R. Ebert

    p.s.:: Ich bin über 60 (und damit der Risikogruppe schon sehr nahe) und bleibe Abonnent der BS, weil ich vom Sinn eines kritischen Diskurses überzeugt bin.
  2. Andrea am 04.04.2020
    Stimmt. Ich bitte auch um diese Erlaubnis. Natürlich kaufe ich für meine Mutter ein und übergebe im Flur. Doch ein erlaubter Spaziergang zu zweit würde ihr so gut tun. Es ist echt hart so isoliert zu sein. Bitte!
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