Politik

Bayerische Polizeibeamte bringen einen Afghanen zum Flughafen. (Michael Kappeler/dpa)

13.02.2020

Bayern schiebt die meisten Menschen nach Afghanistan ab

Erneut landet ein Abschiebeflug aus Deutschland in Kabul. Diesmal sitzen 31 Männer im Flieger. Ein Blick in die Statistik zeigt: Die Bundesländer nutzen die Möglichkeiten zu Abschiebungen nach Afghanistan sehr unterschiedlich

Unter den Bundesländern hat Bayern im vergangenen Jahr mit Abstand die meisten Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Insgesamt 216 Menschen wurden aus dem Bundesland abgeschoben, wie das Bundesinnenministerium der Deutschen Presse-Agentur auf Nachfrage mitteilte. Am Donnerstag traf ein weiterer Abschiebeflug aus Deutschland in der afghanischen Hauptstadt Kabul ein. Dabei wurden laut Innenministerium 31 Männer vom Flughafen Düsseldorf nach Afghanistan gebracht. Mehr als ein Drittel davon kam aus Bayern.

Unter den am Donnerstag in Kabul gelandeten Personen seien 19 Straftäter, hieß es aus dem Innenministerium weiter. Das Spektrum der Straftaten umfasse unter anderem Raub, Vergewaltigung, sexuelle Nötigung, sexueller Missbrauch von Kindern, Exhibitionismus oder Sachbeschädigung.

An der Abschiebung beteiligten sich demnach Brandenburg, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen und Sachsen-Anhalt. Unter den Rückzuführenden habe sich auch ein Fall der Bundespolizei befunden. Damit haben Bund und Länder seit Dezember 2016 in 32 Sammelabschiebungen 868 Männer nach Afghanistan zurückgebracht.

Keine Abschiebungen in Brandenburg und Bremen

Die Länder nutzen die Möglichkeiten zu Abschiebungen nach Afghanistan sehr unterschiedlich. Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 361 Männer dorthin zurück gebracht. Hinter Bayern folgen Baden-Württemberg (31 Abgeschobene), Rheinland-Pfalz (21) und Nordrhein-Westfalen (19). Brandenburg und Bremen hatten niemanden nach Afghanistan abgeschoben.

Die Zahl ausreisepflichtiger Afghanen, die für eine Abschiebung in Frage kommen, unterscheidet sich innerhalb Deutschlands, allerdings spielt auch die politische Ausrichtung der Landesregierung eine Rolle. So tritt die bayerische Staatsregierung seit Jahren für konsequente Abschiebungen ein, sobald ein Asylantrag abgelehnt wurde und kein Härtefall vorliegt. Insbesondere Straftäter, Gefährder und Identitätsverweigerer werden seither regelmäßig in ihre Heimatländer zurückgeführt.

Aus dem Innensenat Bremens hieß es auf Anfrage, Bremen sehe eine zwangsweise Rückkehr nach Afghanistan in Sicherheit und Würde als nicht gesichert und damit unzumutbar an. Eine Einzelfallprüfung finde hingegen für Straftäter und Gefährder statt, deren Rückführung auch in Bremen nicht ausgeschlossen sei.

Der Bayerische Flüchtlingsrat kritisiert, dass bei vielen Abschiebungen die rechtstaatlichen und christlichen Grundrechte mit Füßen getreten werden. Deren Sprecher Stephan Dünnwald nennt drei aktuelle Beispiele: Jamal N. hat mit seiner afghanischen Lebensgefährtin ein fünf Monate altes Mädchen. Obwohl er gearbeitet hat, bis es ihm verboten wurde, obwohl er sich um seinen Pass bemüht hat, damit er über ein Visumverfahren einen legalen Aufenthalt bekommen kann (der Pass ist inzwischen da), will die Zentrale Ausländerbehörde Schwaben ihn jetzt abschieben.

Masoud ist mit seiner afghanischen Lebensgefährtin verheiratet. Er kam als unbegleiteter Jugendlicher, saß versehentlich 11 Monate in U-Haft (die Staatsanwaltschaft erkannte erst dann, dass er nicht schuldig war), versemmelte deshalb sein Asylverfahren, könnte eine Ausbildung machen, durfte aber nicht. Jetzt soll er abgeschoben werden, trotz Heirat.

Amin wird voraussichtlich im August Vater eines Kindes, das die deutsche Staatsbürgerschaft haben wird. Amin ist Straftäter, schwere Körperverletzung, hat aber drei Jahre Bewährungsstrafe hinter sich gebracht. Er kam 2015 nach Deutschland, lernte Deutsch bis B1 Niveau, arbeitete, hatte eine Lehrstelle, der Antritt der Lehre wurde ihm aber von der Ausländerbehörde verboten. Er lernte vor gut einem Jahr seine deutsche Freundin kennen, sie sind seitdem zusammen, mittlerweile verlobt, seit drei Monaten ist die Freundin schwanger. Dünnwald appelliert an den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann, diese Familien nicht auseinanderzureißen. (BSZ/dpa)

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