Politik

Ein Schmetterling und Bienen auf der Blüte einer Sonnenblume. Die Bayern zeigen ein Herz für die Artenvielfalt. (Foto: Patrick Pleul/ZB/dpa)

13.02.2019

Bayerns Bienen-Retter bringen Söder in die Bredouille

Im Freistaat Bayern passieren wundersame Dinge: Binnen zwei Wochen ist ein nicht unwesentlicher Teil der Bevölkerung zu Bienen-Rettern mutiert. Doch das erfolgreiche Volksbegehren Artenvielfalt sorgt auch für manchen Ärger. Ministerpräsident Söder ist nun unter Zugzwang

Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ein kleines schwarz-gelbes Insekt den tiefschwarzen CSU-Chef Markus Söder so unter Druck setzen könnte? Dass das Schicksal der summenden Honigsammler den Freistaat derart bewegen könnte, und das mitten im Winter, vielerorts mitten im Schnee? "Rettet die Bienen": So hatten Natur- und Umweltschützer in Bayern in den vergangenen Wochen für ihr Volksbegehren zum Erhalt der Artenvielfalt geworben. Und die Menschen sind den Aufrufen in Scharen gefolgt. Es wurden erst Hunderttausende, dann war die Million geschafft. Das Volksbegehren dürfte sogar eines der erfolgreichsten in Bayerns Geschichte werden. "Das ist überwältigend", sagt die Hauptinitiatorin Agnes Becker.

Damit steht fest, und das schon vor der offiziellen Veröffentlichung der Zahlen durch den Landeswahlleiter an diesem Donnerstag: Es wird in Bayern voraussichtlich nach den Sommerferien einen Volksentscheid geben, bei dem die Bevölkerung über Maßnahmen für mehr Natur-, Umwelt- und Artenschutz abstimmen darf. Das ist ja eine Besonderheit in Bayern: Per Volksbegehren und Volksentscheid kann die Bevölkerung selbst Gesetze oder Gesetzesänderungen auf den Weg bringen. Es gibt zwar Grenzen und durchaus hohe Hürden - doch die sind nun geschafft.

Dabei hatte die Initiative ganz klein angefangen. Den Anfang machte die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), die vor Jahren auch schon das erfolgreiche Nichtraucher-Volksbegehren angestoßen hatte. Nach und nach wurde die Liste der Bündnispartner länger, kurz vor der Landtagswahl reichte die ÖDP den Antrag beim Innenministerium ein. Bei der Wahl half ihr das freilich nicht über 1,6 Prozent hinaus. Doch die Initiative für das Volksbegehren gewann zusehends an Schwung und Schlagkraft - auch weil die Grünen, der Landesbund für Vogelschutz und der Bund Naturschutz sich inzwischen beteiligten.

Einen Nerv getroffen

Und offenbar haben die Initiatoren einen Nerv getroffen. Ökologie, Umwelt- und Klimaschutz sind in. Nicht umsonst befinden sich die Grünen ja seit einiger Zeit auf einem Höhenflug. Und mit dem Slogan "Rettet die Bienen" haben die Organisatoren natürlich ins Schwarze getroffen: Wer sollte nicht dafür sein, Tiere und Insekten, noch dazu so wichtige wie die fleißigen Bienen, stärker als bisher zu schützen?

Doch im Gesetzentwurf des Volksbegehrens geht es nicht nur um die kleinen Bienen. Biotope sollen vernetzt, Uferrandstreifen stärker geschützt und der ökologische Anbau im Freistaat gezielt ausgebaut werden: Von 2030 an sollen mindestens 30 Prozent der Anbauflächen in Bayern ökologisch bewirtschaftet werden - zuletzt waren es laut Agrarministerium rund zehn Prozent. Zudem sollen zehn Prozent aller Wiesen in Blühwiesen umgewandelt werden. Und staatliche Flächen sollen künftig komplett pestizidfrei bewirtschaftet werden.

Teile der bayerischen Landwirtschaft sind deshalb in heller Aufregung. "Stoppt das Bauernbashing", fordert der Bauernverband. Statt das bäuerliche Engagement für den Umwelt- und Naturschutz anzuerkennen und weiter zu stärken, werde Stimmung gemacht und nach neuer Reglementierung gerufen, klagt Verbandschef Walter Heidl.

Söders Ziel: ein alternativer Gesetzentwurf

Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und die schwarz-orange Koalition sind nun politisch massiv unter Druck. Sie müssen unter allen Umständen versuchen, die Initiative des Volksbegehrens mit einem eigenen, möglichst mehrheitsfähigen Gesetzentwurf zu erwidern - bei dem Volksentscheid stünden dann beide Gesetzentwürfe zur Abstimmung.

Söders Ziel ist deshalb ein alternativer Gesetzentwurf, mit dem alle leben können, von den Initiatoren bis zum Bauernverband. "Rettet die Bienen und die Bauern" ist Söders Slogan. Agrarministerin Michaela Kaniber (CSU) und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hoffen ebenfalls auf eine gemeinsame Lösung - sehen aber schon jetzt einigen Nachbesserungsbedarf beim Entwurf des Volksbegehrens. Klar ist: Sollte sich am Ende trotz aller Vermittlungsversuche Söders eine Mehrheit für die Forderungen der Bienen-Retter aussprechen, wäre dies für den CSU-Vorsitzenden Söder mehr als ein peinlicher Fauxpas.

"Wir sind zu jedem Gespräch bereit", sagt die Initiatorin des Volksbegehrens von der ÖDP, Agnes Becker. "Aber die Messlatte ist unser Gesetzentwurf." Der sei schließlich schon ein Kompromiss. Söder, der von der Wucht des Volksbegehrens und der hohen Beteiligung beeindruckt sein dürfte, stehen also schwierige Verhandlungen bevor.
(Christoph Trost, dpa)

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