Politik

22.01.2019

Sollen Hacker härter bestraft werden?

Ja, sagt Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Völlig überzogen, meint Benjamin Adjei, Digitalisierungsexperte der Landtags-Grünen. Was denken Sie? Diskutieren Sie mit!

JA

Joachim Herrmann (CSU), bayerischer Innenminister:

Härtere Strafen sollen einerseits den Tätern eine konsequente Lehre sein, künftig die Finger von den Daten anderer zu lassen. Andererseits wollen wir auch die Abschreckungswirkung auf potenzielle Täter spürbar erhöhen. Die aktuellen Vorfälle zur Veröffentlichung fremder Daten im Internet zeigen, dass die fortschreitende Digitalisierung nicht nur Potenziale und Freiräume bringt. Sie bringt auch ein neues Maß der Verwundbarkeit in allen Bereichen von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.

Viele Menschen haben heute auf ihren Computern Daten und Informationen, die mindestens genauso wertvoll sein können wie die Gegenstände in ihrer Wohnung. Wenn in das engste Umfeld eingedrungen wird und sehr persönliche Dinge gestohlen werden, dann ist das Opfer mitunter für sein ganzes Leben traumatisiert. Ist das bei einem vergleichbaren Einbruch in die persönliche digitale Datenwelt und damit in die Privatsphäre anders? Die Antwort der Staatsregierung ist ganz klar: Einbrüche in diese digitale Privatsphäre müssen genauso bestraft werden wie ein Wohnungseinbruch. Das bedeutet: Datendiebe sollen nicht mehr mit einer Geldstrafe davonkommen, sondern wie Wohnungseinbrecher mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren rechnen müssen. Wie beim Wohnungseinbruchsdiebstahl soll es dabei im Grundsatz eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten geben. Das schreckt ab!

Wir fordern, dass Fälle von Daten-ausspähung, Datenveränderung und Datendiebstahl bis hin zur Computersabotage mit aller Konsequenz aufgeklärt und bestraft werden. Das sind keine Kavaliersdelikte. Dazu brauchen unsere Strafverfolgungsbehörden auch in der digitalen Welt effektive Ermittlungsbefugnisse. Dazu kommt: Wenn Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens im Netz wie Freiwild behandelt werden können, könnte das letztendlich dazu führen, dass sich diese Menschen nicht mehr öffentlich engagieren, weil die Gefahr besteht, an den digitalen Pranger gestellt zu werden. Das wäre dann auch eine Gefahr für die Demokratie.

NEIN

Benjamin Adjei, Sprecher für Digitalisierung der Landtags-Grünen:

Es ist ein typischer Reflex, bei Rechtsverstößen aller Art nach härteren Strafen zu rufen. Dabei ist es in diesem Fall nicht so, dass der Täter straffrei davonkommen wird – im Gegenteil. Es scheint vielmehr, dass die Kolleginnen und Kollegen aus der Politik sich mit überzogenen Strafforderungen handlungsfähig präsentieren wollen, nachdem sie von einem Scriptkid an der Nase herumgeführt wurden. Dabei ist hinlänglich bekannt, dass höhere Strafen nicht funktionieren. Stattdessen braucht unsere Polizei mehr gut ausgebildete Cybercops, um Verbrechen in der digitalen Welt aufklären zu können. Mit der Nürnberger Reiterstaffel, die zuletzt mit viel Tamtam vorgestellt wurde, werden wir Computerkriminalität nicht bekämpfen.

Zweitens: Viele Menschen gehen mit ihren persönlichen Daten viel zu sorglos um. Sie haben zu viel Vertrauen in die Anbieter sozialer Netzwerke und zu wenig Medienkompetenz, um die Gefahren für ihre Privatsphäre richtig einschätzen zu können. Was es jetzt braucht, sind verpflichtende Sicherheitsstandards für soziale Netzwerke und E-Mail-Anbieter wie Zwei-Faktor-Authentifizierung. Darüber hinaus muss mehr Wert auf Aufklärung und digitale Bildung gelegt werden. Deshalb fordern wir ein Schulfach Digitalkunde, mehr Anstrengungen in der Erwachsenenbildung und staatliche Aufklärungskampagnen zum Umgang mit persönlichen Daten. Hilfestellung brauchen hier übrigens nicht nur Privatpersonen, sondern auch unsere Unternehmen und gerade die vielen Familienbetriebe in Bayern. Sie können sich keine eigene IT-Abteilung leisten, sind quasi „zu Fuß im Internet“ unterwegs und Datendieben schutzlos ausgeliefert.

Letzter Punkt: Das Internet braucht Regulierung. Mit der DSGVO ist Europa hier einen wichtigen ersten Schritt gegangen. Jetzt müssen die Länder – und die Bundesländer – nachziehen und handhabbare rechtliche Rahmenbedingungen schaffen, damit unsere persönlichen Daten wieder größeren Schutz erhalten.

Kommentare (2)

  1. otrere am 24.01.2019
    Nein ich finde eher, dass man denen einen Job anbieten sollte um die Schwachstellen schneller erkennen zu können und zu beheben. Nur weil jetzt Politiker betroffen waren, erfolgte dieser Aufschrei.
  2. Michl am 24.01.2019
    Jahrelang war es unseren Damen und Herren Politiker völlig egal, wenn es Teile der Bevölkerung getroffen hat. Jetzt wurden ein paar der Ihren ausgespät und siehe da, die bösen Hacker müssen schärfer bestraft werden. So machen die das schon immer und bei Allem.

    Richtig wäre, nicht ständig nach schärferen Strafen zu rufen, sondern wie Herr Adjei richtig erkennt, die Ermittlungsbehörden entsprechend aufzustocken. Wen erwischen die schon groß? Doch nur solche Lausbuben, wie erst kürzlich.

    Die großen Abzocker sind nach wie vor für unsere Behörden, mangels entsprechender Ausstattung, nicht ermittelbar und genau die richten ordentlich Schaden an. Wer hat nicht schon Spam-Mails aus Afrika oder irgendwelchen osteuropäischen Ländern erhalten. Wer betreibt denn online Wirtschaftsspionage? Ahh, könnte eine andere Regierung sein, oh wir bauen gerade eine Pipeline zusammen, naja, da können wir nichts tun.

    Es spricht nicht für die Qualität unserer Staatsoberhäupter, ständig mit derart populistischen Äußerungen Furore zu machen, es macht sie nur noch lächerlicher und unglaubwürdiger als sie eh schon sind. Herr Pu... oder Herr Erd... lesen vermutlich auch hier mit, die Amis sowieso.

    Klotzen nicht kleckern, wäre die Devise
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