Politik

21.04.2017

Bildung ist der Schlüssel

Ein Kommentar von Angelika Kahl

Es ist erschreckend! In Deutschland stimmten nahezu zwei Drittel der türkischen Wähler für Erdoğans Verfassungsreferendum. Wie kann es sein, dass Menschen, die hierzulande alle Vorzüge der Demokratie genießen, die Machtgelüste eines Mannes unterstützen, der die Demokratie mit Füßen tritt? Dass Menschen, die in Deutschland leben oder gar geboren sind, den Wert von Freiheit und Gewaltenteilung nicht erkennen?

Da läuft etwas gewaltig schief. Zu Recht ist deshalb eine Debatte über Integrationsdefizite entbrannt. Denn zu viele Kinder und Enkel von Gastarbeitern, die man damals gar nicht integrieren wollte, leben heute in einer Art Parallelgesellschaft. Auch, weil nicht wenige sich durch Diskriminierungerfahrungen als Bürger 2. Klasse fühlen.

Doppelpass abschaffen: Wer auf die Zahlen schaut, sieht, dass es um marginale Zahlen geht

Doch statt auf eine ernsthafte Debatte setzt die CSU auf eine altbekannte Forderung: Der Doppelpass muss weg. Echte Integration beinhalte das klare Bekenntnis zur deutschen Staatsangehörigkeit. Als könnte der moderne Mensch – zumal in einer global immer vernetzteren Welt – nicht mehrere Identitäten haben.

Die Zahlen zeigen zudem: Deutschtürken in Bayern mit Doppelpass sind klar in der Minderheit. Von 1979 im Jahr 2015 einbürgerten Türken behielten gerade einmal 82 ihren türkischen Pass. Allerdings: Nicht einmal ein Prozent der in Bayern lebenden Türken wollen die deutsche Staatsangehörigkeit – ob mit oder ohne Doppelpass. Warum? Diese Frage sollte sich die Politik stellen.

Wichtig wäre, Parallelgesellschaften den Boden zu entziehen. Dazu gehört, finanzielle Verbindungen zu türkischen Organisationen, die von Erdoğans Leuten beherrscht werden, zu kappen. Der Staat sollte stattdessen die Ausbildung von Imamen, bislang von der Türkei finanziert, unterstützen. Der Islam-Unterricht – samt Vermittlung demokratischer Werte – sollte an den Schulen endlich flächendeckend angeboten werden.

Bildung ist der Schlüssel. Menschen mit Migrationshintergrund haben es in unserem System aber leider immer noch schwer. In den USA und Großbritannien, wo die doppelte Staatsangehörigkeit selbstverständlich ist, leben in erster Linie gut ausgebildete türkische Emigranten – angezogen von Spitzenuniversitäten oder gut bezahlten Jobs. Und siehe da: Dort hat das „Nein“ beim Verfassungsreferendum mit 83,8 beziehungsweise 79,8 Prozent klar überwogen.

Kommentare (1)

  1. Michael Straub am 22.04.2017
    Die Mehrheit der hier lebenden US Amerikaner sind nicht als Fans von Donald Trump bekannt. Es bekennen sich auch nicht mehr als 50 Prozent der Franzosen in Deutschland zu Le Pen. Und bei den hiesigen Italienern war Berlusconi auch nicht der Hero. Das die 500.000 Polen im Land (immerhin die nächstgrößere Gruppe nach den Türken) in der Mehrheit Kaczinsky bejubeln, hat man auch noch nicht gehört.

    Komisch, dass die sich alle integriert haben, die Vorteile der Demokratie verstehen und immun sind gegen autoritäre Parolen...! Dass allein mit den Türken was nicht stimmt, weil das aus deren Denkhaltung heraus resultiert, dass könnte doch auch sein, oder?!
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