Politik

Das oberfränkische Bamberg: nicht nur idyllisch, sondern auch wirtschaftsfreundlich. (Foto: dpa)

10.04.2015

Den Mittelstädten gehört die Zukunft

Eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft hat Erfolgsfaktoren prosperierender Kommunen untersucht

Es mag immer noch Bürgermeister geben, die intakte Straßen, viele Jobs und einen soliden Haushalt für ausreichend halten, um für die Zukunft gut gerüstet zu sein. Sicher, fehlen dürfen diese Dinge nicht – aber längst sind auch noch andere Faktoren wichtig geworden.
Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, eine den Arbeitgeberverbänden nahestehende Forschungseinrichtung, hat in seiner groß angelegten Studie „Wirtschaftsfreundliche Kommune 2020“ die Städte und Gemeinden im Freistaat unter die Lupe genommen. Man wollte herausfinden, wie gut sie für die nächsten Jahrzehnte aufgestellt sind. Oder wie es Studienleiter Hanno Kempermann, der Münchner IW-Büroleiter, ausdrückt: „Der zukünftige Erfolg muss nichts mit heutigen Faktoren zu tun haben.“ Aus seiner Sicht sind es jedenfalls nicht die momentanen ökonomischen Dickschiffe wie München, die langfristig am besten auf Kurs liegen.
Kempermann setzt vor allem auf Mittelstädte. „Bamberg oder Coburg etwa sind gut unterwegs.“ Dort ist die örtliche Wirtschaft für den Rathauschef noch überschaubar, er kann vieles selbst in die Hand nehmen, in der Verwaltung kennt man sich untereinander und hat einen Draht zu den regionalen Unternehmen.
Dass es sich bei den genannten Städten um zwei Kommunen aus Oberfranken handelt – oft als bayerische Problemregion geschmäht – , ist kein Zufall. „Dort macht man aus der Not eine Tugend, setzt stark auf interkommunale Kooperation bei kostenintensiven öffentlichen Verwaltungsaufgaben und bildet Cluster“, so Kempermann. Langfristig könnte man die Zusammenarbeit sogar um gemeinsame Steuerpools von Gemeinden erweitern, schlägt der Ökonom vor. „Das bringt armen Orten mehr als dieser komplizierte kommunale Finanzausgleich.“

Die Bürgermeister müssen sich anstengen


Außerdem müssen sich die Rathauschefs anstrengen. Dazu gehöre nicht nur, rasch Anträge auf Neubauten zu genehmigen, sondern die Firmen umfassend zu betreuen. Denn in den genannten oberfränkischen Städten seien gute Jobs rar. „Dagegen weiß ich von einem Unternehmer, der sich im Landkreis Rosenheim ansiedeln wollte, dem hat man gesagt, dass Gewerbegebiet sei wegen Überfüllung geschlossen, und die Bürger wollten auch nicht noch mehr Industrie am Ort“, berichtet Kempermann kopfschüttelnd. Was viele Städte in Bayern noch nicht begriffen haben: Sie konkurrieren bald nicht mehr nur mit deutschen Kommunen, sondern auch mit boomenden Metropolen in Asien.

Das schwäbische Roggenburg: ziemlich super

Eine Kommune, die beim IW ebenfalls ziemlich gut wegkommt, ist die Gemeinde Roggenburg im Landkreis Neu-Ulm. Mathias Stölzle (parteifrei), seit einem Jahr Bürgermeister dort, gibt sich zwar bescheiden. Aber die Grundlagen für das gute Abschneiden kann er sich durchaus erklären: „Wir gehen aktiv gegen die negativen Begleiterscheinungen des demografischen Wandels vor.“ So gibt es in Roggenburg trotz der nur 2700 Einwohner weiterhin eine eigene Grundschule und eine eigene Kita, die nach den Bedarfsmeldungen der Eltern ihre Plätze erweitert. Schnelles Internet ist in jedem Haus verfügbar. Auch zum Einkaufen müssen die Roggenburger nicht weit fahren: Metzger und Bäcker sind regelmäßig mobil in allen Ortsteilen unterwegs, jeder Gemeindeteil hat noch seine eigene Wirtschaft. Und nachdem sich kein großer Discounter anlocken ließ, wurde eben der eigentlich nur für landwirtschaftlichen Bedarf bestimmte Raiffeisen-Warenmarkt zum Ersatzsupermarkt mit Vollsortiment erweitert.
Um das Glück perfekt zu machen, haben sich kürzlich zwei Allgemeinmediziner niedergelassen. 250 Gewerbebetriebe gibt es in dem als Zentrum des deutschen Turmuhrenbaus bekannt gewordenen Ort. Dabei ist eines klar: „Neuansiedlungen sind bei uns immer Chefsache“, betont der Bürgermeister. (André Paul)

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