Politik

Mariss Jansons und das BR-Symphonieorchester im Gasteig. (Foto: dpa)

06.02.2015

Der Anti-München-Effekt

Gasteig-Sanierung statt Konzertsaal-Neubau: Auch viele Landtagsabgeordnete finden das okay - aus Missgunst

Ein neuer Konzertsaal auf Staatskosten? Für zig Millionen? Geht’s noch? So in etwa lässt sich die Stimmungslage im Landtag beschreiben – in Seehofers eigener Fraktion. Den allermeisten CSU-Abgeordneten ist es ziemlich egal, was der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung 2013 versprochen hat – nämlich einen neuen Konzertsaal für die Landeshauptstadt. „München boomt sowieso“, grollt es in der Landtags-CSU, „und der Rest des Landes muss kämpfen“. Seehofer hat wohl wenig Lust verspürt, gegen die Armada der tatsächlich oder gefühlt zu kurz Gekommenen anzutreten.
Von den 101 CSU-Landtagsabgeordneten stammen zehn aus München beziehungsweise dem Landkreis München. Und nicht mal die hatten sich für einen neuen Konzertsaal starkgemacht. Selbst der für Kunst zuständige Minister, der Münchner Ludwig Spaenle, schwieg lautstark. Es ist also nicht verwunderlich, dass die ursprüngliche Seehofer-Offerte nun voraussichtlich in eine Schmalspurlösung münden wird: eine staatlich bezuschusste Entkernung beziehungsweise einen Umbau des Münchner Gasteig, gemeinsam mit der Landeshauptstadt. Plus eine Sanierung des Herkulessaals.
Die CSU-Fraktion stimmte diese Woche geschlossen für die Pläne. Die Umbauten würden zwar auch teuer, wirken aber bescheidener als ein Neubau. Ohnehin ist derzeit unklar, was das Ganze kosten wird. Im Kulturausschuss des Landtags sprach Minister Spaenle jetzt von einem Zuschuss an die Stadt in „noch zu verhandelnder Höhe“. Der Grüne Sepp Dürr fasste Spaenles Ausführungen daraufhin mit den Worten zusammen: „Wir können alles, aber wir wissen nix.“ Landtags-Grüne und -FW plädieren für einen neuen Konzertsaal.

Der Grüne Sepp Dürr höhnt: "Sie können alles  und wissen nix!"


Schon bei der 2010 diskutierten Frage, ob das staatliche Gärtnerplatztheater in München bis 2016 für 70 Millionen Euro renoviert werden soll, hatte es Ärger in der CSU gegeben. Viele Abgeordnete waren dagegen. Der Landtag als Haushaltsgesetzgeber beschloss das Projekt dennoch – während Kritiker über die „Schicki-Micki-Pläne“ lästerten.
„Es gibt in der Fraktion einen klaren Anti-München-Effekt“, sagt ein erfahrener CSU-Abgeordneter – der einen Konzertsaal-Neubau derzeit nur unter folgender Prämisse für machbar hält: „Wenn man zugleich die Zuschüsse für die kommunalen Theater auf 80 Prozent erhöhen würde, wäre der Käs’ gegessen.“ Alle kommunalen Theater zusammen erhielten laut Finanzministerium im Jahr 2014 staatliche Baukostenzuschüsse in Höhe von gut 1,9 Millionen Euro. Dass die Zuschüsse signifikant angehoben werden, ist nicht zu erwarten.
Dennoch haben die Befürworter des Konzertsaal-Neubaus die Hoffnung nicht aufgegeben. Zum einen deshalb, weil Seehofer und Münchens Oberbürgermeister Reiter (SPD) die Sanierungspläne erst mal prüfen wollen. Zum anderen, weil die Raumprobleme der Münchner Orchester sowie der privaten Konzertveranstalter durch einen aufgemotzten Gasteig keineswegs gelöst würden. BR-Intendant Ulrich Wilhelm wies darauf hin, dass die Sitzplatzkapazität für große Orchestermusik in München seit 1953 unverändert sei.
Der Präsident der TU München, Wolfgang Herrmann, betont derweil die Bedeutung der Kulturszene als Standortfaktor für den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort: Wenn es darum gehe, renommierte Wissenschaftler für die TU zu gewinnen, sei das kulturelle Angebot Münchens ein „ganz bedeutender Faktor“, meint Herrmann. Das Argument, es fließe zu viel staatliches Geld nach München , lässt er nicht gelten: Ganz Bayern, sagt Herrmann, „profitiert von der Strahlkraft Münchens.“
(Waltraud Taschner)

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