Politik

Für viele auch in Deutschland völlig normal: ein Joint zum Feierabend. (Foto: dpa/Paul Zinken)

11.06.2021

Der Widerstand in der Union bröckelt

Ärzte können Cannabisprodukte als Arznei verordnen, der Joint am Feierabend ist illegal – das könnte sich ändern

Statt Feierabendbier einen Joint zur Entspannung – das wünschen sich auch in Deutschland viele Menschen. Und viele tun es auch. Fast die Hälfte der jungen Leute hat es schon mal probiert – laut Drogenbericht der Bundesregierung 46,4 Prozent der 18- bis 25-Jährigen. Das Problem: Legal ist es nicht. Das könnte sich nach der Bundestagswahl ändern. Die Union steht mit ihrem Nein inzwischen ziemlich allein da. Neben CDU/CSU will nur noch die AfD eine Cannabisfreigabe verhindern. Einzelne CDU-Politiker haben in der Vergangenheit bereits Kompromissbereitschaft erkennen lassen. Darunter der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im Bundestag, Erwin Rüddel, der Vorsitzende des Petitionsausschusses, Marian Wendt, und zuletzt der Brandenburger Landtagsabgeordnete und dortige JU-Chef Julian Brüning.

Die SPD fordert in ihrem aktuellen Wahlprogramm eine regulierte Abgabe von Cannabis an Erwachsene – im Rahmen von Modellprojekten. Daneben soll bundeseinheitlich geregelt werden, dass der Besitz kleiner Mengen Cannabis nicht mehr strafrechtlich verfolgt wird. FDP und Grüne sind offen für eine Legalisierung. Die CSU bleibt beim Nein – sie will das Image der Law-and-Order-Partei nicht völlig aufgeben. Wobei Daniela Ludwig (CSU), Drogenbeauftragte der Bundesregierung, betont: „Ohne ein gutes Konzept kommen wir in der Union nicht mehr aus.“ Ludwig kann sich vorstellen, den Besitz geringer Mengen Cannabis zu entkriminalisieren – so wie das in Portugal der Fall ist. Dort, sagt Ludwig, hätten Personen, die mit einer geringen Menge Drogen erwischt werden, die Möglichkeit, „ein Ordnungsgeld zu bezahlen oder sich in eine Beratung zu begeben“.

In Bayern verfolgt die Polizei "eine Null-Toleranz-Strategie"

Tatsächlich sind die meisten Bundesländer kulant, wenn sie Leute mit kleinen Mengen Cannabis erwischen. Aber nicht in Bayern.Wie Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betont, verfolge die Polizei „eine Null-Toleranz-Strategie gegen illegale Drogen. Dazu gehört auch Cannabis.“ Es werde „jeder Verdacht einer Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz zur Anzeige gebracht“, sagt Herrmann der Staatszeitung. „Sogenannte Toleranzgrenzen gibt es hier nicht.“

Im grün-schwarz regierten Nachbarland Baden-Württemberg ist der Besitz von Cannabis zum Eigenverbrauch bis zu einer Menge von sechs Gramm straffrei, zurzeit diskutiert die Landesregierung darüber, diese Grenze auf zehn Gramm zu erhöhen.

Wie schädlich Cannabis ist – darüber gehen die Meinungen auseinander. So hat die Weltgesundheitsorganisation jüngst der Suchtstoffkommission der Vereinten Nationen empfohlen, Cannabis und Haschisch von der Liste der gefährlichsten Drogen zu streichen. Fachleute wie der Münchner Jugendpsychiater Franz Joseph Freisleder oder die Drogenexpertin Eva Hoch von der Uni München jedoch warnen ausdrücklich vor der Droge. So könne bei genetischer Vorbelastung schon ein einmaliger Konsum eine Psychose auslösen.

Legal ist in Deutschland seit 2017 der medizinische Einsatz von Cannabis, etwa in der Schmerztherapie. Daneben gibt es frei verkäufliche Produkte aus der Hanfpflanze, wie Hanföl oder Hanf-Kaubonbons, die vorwiegend Cannabidiol enthalten, was beruhigend und entzündungshemmend und eben nicht berauschend wirken soll.

Ob Joints legal werden, hängt nun vom Ausgang der Bundestagswahl ab – also davon, ob die Union an einer künftigen Regierung beteiligt ist und wenn ja, welches Verhandlungspaket die Koalitionspartner schnüren. Gewiss ist: Der Druck zur Legalisierung ist gewachsen.
(Waltraud Taschner)

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