Politik

Ude (links) guckt listig, Söder bedröppelt. Der Finanzminister hat der SPD jetzt eine Steilvorlage geliefert. (Foto: Getty)

09.03.2012

Des einen Leid, des andern Freud

Finanzminister Markus Söder hat es geschafft, mit seinen Plänen - unfreiwillig - sogar die SPD zu beglücken

Das Image des Show-Politikers, Markus Söder wird es einfach nicht los. „Dem geht’s nur um die schnelle Schlagzeile“, giften seine Gegner in den Reihen der CSU-Fraktion, und die Opposition sowieso. Söders Mitarbeiter im Finanzministerium formulieren es so: „Der schießt oft schneller, als er denkt, aber immerhin hat er einen Plan.“ Aktuell ist das die Idee des schuldenfreien Bayern: Bis 2030 soll der Freistaat seine derzeit gut 32 Milliarden Euro Altschulden komplett abgebaut haben.
Der Fahrplan ist in der Tat kühn: 2 Milliarden Euro soll Bayern 2012 bis 2014 aus vorhandenen Rücklagen und Steuermehreinnahmen tilgen – nur soviel ist derzeit sicher. Danach sollen jährlich ein Prozent (bis 2015) beziehungsweise bis zu einem Prozent (ab 2015) aus den Steuereinnahmen in die Tilgung fließen – nach jetzigem Stand wären das 300 bis 400 Millionen Euro jährlich. Erleichterung schaffen soll auch die Zinsersparnis bei sinkender Schuldenlast.
Der Rest der Rechnung – und hier geht es um die wirklich großen Summen – beruht dann vor allem auf dem Prinzip Hoffnung: 10 Milliarden Euro soll der Verkauf der Landesbank bringen, weitere 10 Milliarden die ab 2020 geltende Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Einen Markt für Banken, so viel lässt sich heute sagen, gibt es zurzeit nicht. Wann sich das ändert, steht ebenso in den Sternen wie der Preis, den ein potenzieller Käufer für die BayernLB entrichten würde.

Stirnrunzeln bei der FDP

Ebenso ungewiss ist, ob die Entlastung Bayerns beim ab 2020 geltenden Länderfinanzausgleich wirklich eine Milliarde Euro im Jahr beträgt. Er wäre da, schränkt Thomas Hacker, FDP-Fraktionschef im Landtag, ein, „nicht ganz so optimistisch wie der Finanzminister“. Klar ist, dass die Zahl der finanzschwachen Länder die der wohlhabenden bei Weitem übersteigt und dass die 16 Länder ab 2010 zusätzlich unter Druck stehen, weil sie dann die vorgeschriebene Schuldenbremse einhalten müssen. „Die Verhandlungen werden für Bayern viel schwerer“, sagt ein mit dem Prozedere vertrauter Experte: Die anderen Länder würden nicht einsehen, für Bayerns Ehrgeiz auf Geld zu verzichten.
Beim Koalitionspartner FDP und in der CSU-Landtagsfraktion kommt Söders Schuldentilgungsplan glänzend an – alle wissen, dass man damit im Wahljahr 2013 punkten kann. Umso verärgerter waren die schwarz-gelben Koalitionäre über den jüngsten Söder-Vorstoß zum kommunalen Finanzausgleich. Der ehrgeizige Finanzminister hatte verkündet, München die so genannten Schlüsselzuweisungen streichen und das Geld dafür ärmeren Kommunen überweisen zu wollen.

Blöd gelaufen: Auch Söders und Seehofers Heimatstädte hätten das Nachsehen


Aktuell geht es um 137 Millionen Euro, die München als Schlüsselzuweisung 2012 erhält. Die Summe bemisst sich dabei, wie immer, aus der Steuerkraft des vorletzten Jahres sowie der Höhe der Sozialausgaben. Heißt: 2010 hatte die Landeshauptstadt eher niedrige Steuereinnahmen, dafür hohe Sozialausgaben. In den Jahren 2000, 2001, 2002, 2007 und 2009 wiederum verhielt es sich anders, mit dem Ergebnis, dass sie gar keine Schlüsselzuweisungen bekam. Im Schnitt der Jahre 2000 bis 2010 erhielt München 26 Millionen Euro Schlüsselzuweisungen pro anno – eher Peanuts im rund 5 Milliarden Euro umfassenden Stadtetat.
Gleichwohl regte sich gewaltiger Protest – was die Staatskanzlei veranlasste, den Plan öffentlich zu dementieren. Für Söder war das ziemlich peinlich, sein Seriositäts-Konto hat er damit erneut strapaziert. „Zunge sollte nicht schneller sein als Hirn“, ätzte Söders Fraktionskollege Eberhard Sinner denn auch sogleich auf Twitter.
Tatsächlich ist es nach Darstellung von Finanzfachleuten so, dass die Münchner Schlüsselzuweisungen nach geltendem Recht nicht beschnitten werden können, ohne dass es auch andere finanzstarke Kommunen träfe. Wenn man die Bedingungen für München verschlechtert, bestätigt Bayerns Ex-Finanzminister Erwin Huber, „trifft das auch Regensburg, Ingolstadt – und vor allem Nürnberg“. Nürnberg ist die Heimatstadt von Markus Söder, in Ingolstadt ist Ministerpräsident Horst Seehofer daheim.
Für Freude sorgt Söders Lex-München-Idee indes im Team des wahlkämpfenden Ude. „Natürlich wird das weiter Thema sein“, kündigt Harald Güller an, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion. Die SPD-ler wollen Söder nun als Showman mit mangelndem Finanzfachwissen verhöhnen: „Von einem Finanzminister“, stichelt Güller genüsslich, „erwarte ich, dass er die Mechanismen des Finanzausgleichs beherrscht“.
(Waltraud Taschner)

Kommentare (2)

  1. Splash am 13.03.2012
    @Sterndeuter: Sie wissen schon dass es hier um Söder geht oder? Der Mann würde einer 93ig jährigen Dame noch eine Lebensversicherung verkaufen in die sie noch 30 Jahre einzahlen muss, bevor Auszahlungen geschehen.
    Die CSU ist auf dem absteigenden Ast, wenn solche Politiker in vorderster Reihe stehen. Der Wähler ist doch nicht blöd, der merkt doch auf Dauer, dass vor allem bei Söder nur heiße Luft zirkuliert.
  2. Sterndeuter am 10.03.2012
    Wer sich heute, in diesen finanziell unsicheren Zeiten, traut ein derartiges Ziel vorzugeben, der kann nur auf Schlagzeilen und publicity aus sein. Es gibt für diese Zielsetzung nur 3 Möglichkeiten:
    a) Seehofen und seine CSU-Gefährten finden wirklich ungeahnte Geldquellen - sehr unwahrscheinlich
    b) Die Leute, die dieses Ziel propagieren, sofern sie nicht schon weit vorher verstummen, sind bis 2030 verstorben
    c) Menschen, die von dieser Idee gehört haben ebenfalls
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