Politik

03.09.2010

Die Angst vorm Sparen

Kommentar von Waltraud Taschner

Finanzminister: Das sind in allen Kabinetten höchst mächtige Leute. Wer Geld zu verteilen hat, wird umworben, wer Gelder kürzen kann, gefürchtet. Eben das macht den Job des Kassenwarts aus: zu sagen, was geht und was nicht geht. In Bayern jedoch läuft es seit geraumer Zeit genau andersrum. Da befindet mit Blick auf den kommenden Doppelhaushalt nicht der Finanzminister über Mögliches und Unmögliches – das haben seine Kabinettskollegen übernommen. Und deren Aussagen zum Thema Haushaltsdisziplin lassen sich, grob gesagt, so zusammenfassen: Klar müssen wir sparen, aber bei mir geht es auf keinen Fall!
Verdenken kann man es ihnen nicht. Denn feste Vorgaben, wieviel Geld sie in den nächsten beiden Jahren ausgeben dürfen beziehungsweise einsparen müssen, existieren bis heute nicht. Stattdessen steht das Diktum von Ministerpräsident Seehofer im Raum, dass in den Bereichen Familie, Bildung und Innovationen nicht gespart werde. Zudem soll die 42-Stunden-Woche für Beamte zurückgenommen und eine kostspielige Dienstrechtsreform obendrauf gesattelt werden – das alles bitteschön ohne neue Schulden. Derweil summiert sich das Haushaltsloch für die Jahre 2011 und 2012 inklusive der Zusatzwünsche der Ressorts auf 9 Milliarden Euro. Selbst wenn es Finanzminister Fahrenschon gelänge, die Sonderwünsche der Kollegen zu begrenzen – bis zur schwarzen Null ist es noch weit. Die Vermeidung von Mehrausgaben ist nämlich noch kein Sparen.
Jedem, der rechnen kann, ist klar, dass der ausgeglichene Haushalt diesmal nicht machbar ist. Außer vielleicht mit einem Brachial-Sparkurs, der an Stoibers Kahlschlag des Jahres 2003 erinnerte – was keiner will. Gleichwohl ist das Wort Neuverschuldung offiziell verboten. Dabei hätte die Mehrzahl der Bürger vermutlich sogar Verständnis für eine klare Ansage von Ministerpräsident und Finanzminister: Bayern braucht mehr Lehrer, Professoren, Krippenplätze, diesmal geht’s nicht ohne neue Schulden. Aber wir bleiben dran.
Doch statt mit offenen Karten zu spielen, wählt man die Schwarze-Peter-Strategie: Die bösen Ministerien sagen nicht, wo sie kürzen wollen, drum wird halt nicht gespart. Die Minister werden sich gewiss freuen, öffentlich zu Sündenböcken gestempelt zu werden. Die Bürger wiederum müssten registrieren, dass ihnen bis zuletzt die ehrgeizige Gleichung„Bayern = ausgeglichener Etat“ unter die Nase gehalten und dann kurzfristig für ungültig erklärt wird. Und das Parlament, bei dem das Budgetrecht laut Verfassung eigentlich liegt, dürfte den finanzpolitischen Schwenk zur Neuverschuldung dann mal eben abnicken. Der Finanzminister aber – sein Nimbus wäre dahin.

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