Politik

Was ist hier passiert? Die Polizei ermittelt – immer öfter auch zweisprachig. (Foto: dpa)

24.04.2015

Die Polizei, dein Freund und Dolmetscher

Beschäftigte mit Migrationshintergrund gibt’s im öffentlichen Dienst des Freistaats öfter als im Länderdurchschnitt – wer davon profitiert, wo es noch hakt

Ein Verkehrsunfall in der Münchner Innenstadt, der Fahrer ist verletzt, die Beifahrerin steht unter Schock. Was genau ist passiert, wo tut’s weh, ist der Mann herzkrank oder allergisch gegen bestimmte Schmerzmittel? Schön, wenn derlei Fragen gleich an Ort und Stelle geklärt werden können. Was kein Problem darstellt, wenn die Unfall-Geschädigten deutsch sprechen. Ist das nicht der Fall, wird’s kompliziert – und mitunter gefährlich. Da hilft es, wenn die Polizei nicht nur den Tathergang klären kann, sondern dem herbei eilenden Arzt gleich noch eine Medikamentenunverträglichkeit oder eine chronische Erkrankung des Unfallopfers kundzutun weiß. Weil nämlich einer der Polizisten dessen Muttersprache beherrscht.
Beschäftigte nichtdeutscher Herkunft: Der öffentliche Dienst des Freistaats ist da etwas weiter als der Durchschnitt der Länder. 10,7 Prozent aller Beamten und Angestellten in Bayerns öffentlichem Dienst haben einen Migrationshintergrund (sieht Infoteil). Der Bundesdurchschnitt liegt bei 10 Prozent; die Zahlen stammen aus einer Sonderauswertung des Statistischen Bundesamtes aus dem Mikrozensus 2013. Eine Aufgliederung auf die einzelnen Dienstherren (Beamte von Bund, Land oder Kommunen) oder auf einzelne Ressorts existiert nicht. In der bayerischen Wirtschaft liegt der Migrantenanteil bei knapp 20 Prozent. Info: Menschen mit Migrationshintergrund Als Menschen mit Migrationshintergrund definiert das Statistische Bundesamt „alle Ausländer und eingebürgerten ehemaligen Ausländer, alle nach 1949 als Deutsche auf das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland Zugewanderten und alle in Deutschland als Deutsche Geborenen mit zumindest einem zugewanderten oder als Ausländer in Deutschland geborenen Elternteil“.

Diese Woche beschäftigte sich der Landtag mit dem Thema. Auf Wunsch der SPD setzte das fürs Beamtenrecht zuständige Finanzministerium die Abgeordneten darüber ins Bild, wie es um die interkulturelle Öffnung der bayerischen Staatsverwaltung bestellt ist. Dabei kam heraus: Bei Polizei, Schulen und Finanzverwaltung bringt das besonders viel. Grundsätzlich, so Ministerialdirigent Alexander Voitl, geht es bei der Einstellung im Staatsdienst „streng nach Platzziffern und Noten“. Die Herkunft eines Bewerbers spiele insofern keine Rolle. Darüber hinaus können einzelne Ressorts aber gezielt Bewerber aus dem Ausland anwerben, wenn ein „dringlicher dienstlicher Bedarf“ besteht.
Vor allem die Polizei macht davon regen Gebrauch. Helmut Bahr, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, befürwortet das: „Es kann bei Polizeieinsätzen von großem Vorteil sein, wenn ein Beamter die Sprache von Betroffenen spricht oder wenn er aus dem gleichen Kulturkreis stammt“, sagt er der Staatszeitung.

Schulen können spezielle Migrationsberater anfordern - leider nicht häufig genug


An Bayerns Schulen wiederum können Lehrkräfte mit Migrationshintergrund dazu beitragen, kulturelle Konflikte im Klassenzimmer zu entschärfen. Darauf weist die CSU-Abgeordnete Ingrid Heckner hin, Vorsitzende des Ausschusses öffentlicher Dienst. Diese Lehrkräfte, erklärt Heckner der BSZ, „haben einfach einen besseren Zugang zu Schülern mit ausländischen Wurzeln.“ Für Grund- und Mittelschulen gibt es zudem das Angebot, in Krisenfällen so genannte Migrationsberater zu beschäftigen. Deren Einsatz müsse aber ausgeweitet werden, fordert die Opposition.
Die Finanzverwaltung setzt vor allem bei Steuerfragen auf die Sprachkompetenz ausländischer Mitarbeiter. Von einem Pilotversuch im Jahr 2008 profitierte das Servicezentrum der Münchner Finanzämter: Damals wurden 14 Menschen mit Migrationshintergrund eingestellt. Sie helfen, kompliziertes Behördendeutsch zu verstehen. Günther Felbinger (Freie Wähler) gab im Landtag zu bedenken, dass auch Finanzämter außerhalb Münchens hier gefordert seien.
Während CSU-Frau Heckner rühmte, „was Bayern hier alles auf die Beine stellt“, war die Opposition weniger euphorisch. Alles gut und schön, bilanzierte Arif Tasdelen (SPD), aber zu wenig: „Punktuell passiert viel, aber wir vermissen ein Gesamtkonzept.“ Mit Blick auf die Einstellungspolitik verwies er auf die Praxis in Nürnberg: Dort enthielten öffentliche Stellenausschreibungen den Zusatz, Menschen mit Migrationshintergrund seien „besonders willkommen“. Das, so Tasdelen, habe in Nürnberg „sehr geholfen“. Andere Kommunen sollten nachziehen.
(Waltraud Taschner)

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