Politik

Schaut düster aus für die Energiewende: Vor allem Bayern hat viele Bedenken und wenig Lösungsvorschläge. (Foto: dpa)

10.10.2014

Die Wirtschaft ist genervt

Energiewende: Der Druck auf Horst Seehofer, endlich an Lösungen mitzuwirken, wächst

Die ungelösten Probleme der Energiewende werden immer evidenter. Statt Lösungen anzubieten, schießt aber vor allem Bayern zunehmend quer. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) lehnt Stromtrassen nach wie vor ab, hätte aber gerne drei neue Gaskraftwerke im Freistaat, damit an Tagen ohne ausreichend Sonnenschein und Wind die Stromerzeugung nicht gefährdet ist.
Tatsächlich können drei simple Gaskraftwerke sinnvoll sein. Denn sie können schnell einspringen. Allerdings kostet eine Turbine mindestens 500 Millionen Euro, wenn sie eine Leistung von 1000 Megawatt haben soll. Allerdings: Wirtschaftlich können diese Kraftwerke niemals sein. Folglich können sie nur als Notnagel fungieren, der eingesetzt wird, wenn Sonne und Wind nicht ausreichen. Aber das würde die gerade erst gebremsten Stromkosten wieder nach oben treiben.
Also müsste Seehofer bei seinem Berliner Koalitionsfreund, dem Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) darauf dringen, Abgaben und Steuern, die derzeit rund 50 Prozent des Strompreises ausmachen, zu senken. Dann könnte man ein Investment in neue Kraftwerke – auch neue Pumpspeicherwerke – stemmen. Und so den Einstieg in den so genannten Kapazitätsmarkt erreichen, also des Vorhaltens konventioneller Kraftwerke, falls die Wetterlage weder Stromerzeugung aus Photovoltaik noch Windkraft erlaubt. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, Energieversorger und Kommunen drängten erst diese Woche bundesweit mit einem Aktionstag in 20 Städten auf die Schaffung eines solchen Marktes (Seite 15).
Doch damit sind auch nicht alle Probleme gelöst. „Der Mix macht es“, sagt Detlef Fischer, Geschäftsführer des Verbands der Bayerischen Energie- und Wasserwirtschaft (VBEW), der Staatszeitung. Folglich wäre auch ein neues Kohlekraftwerk für zirka 800 Millionen Euro bei 1000 Megawatt Leistung sinnvoll, um nicht einseitig vom Primärenergieträger Gas abhängig zu sein. Doch Kohle verursacht das Treibhausgas Kohlendioxid. „Wenn unsere Gesellschaft bereit ist, auf Kreuzfahrten, Fernreisen und PS-starke Autos zu verzichten, kann man gerne auch über das Abschalten von Kohlemeilern nachdenken“, so Fischer. Denn im Vergleich zu den Freizeit- und Luxususancen der betreffenden Bürger erhöhte der Betrieb von Reservekraftwerken den CO2-Ausstoß insgesamt nur geringfügig, meint Fischer.

Ohne Stromtrassen geht's nicht


Zur Wahrheit gehört aber auch, dass mindestens eine der ungeliebten Stromtrassen benötigt wird. Denn Polen und Tschechien bauen bereits an so genannten Phasenschiebern, welche die enormen Strommengen aus Solar- und Windkraft zurück ins deutsche Netz drängen, wenn die Sonne vom Himmel brennt und der Sturm übers Land fegt: Dann kollabiert die hiesige Stromversorgung, sofern die Überproduktion nicht via Stromtrassen abtransportiert werden kann.
Peter Driessen, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Industrie- und Handelskammertags fordert deshalb: „Die bayerische Wirtschaft hat keine Zeit mehr zu verlieren. Eine Blockade des Netzausbaus und ein Nein zu staatlicher Unterstützung von Gaskraftwerken kann klar nach hinten losgehen.“ Driessen fordert außerdem eine Harmonisierung des Strommarktes auf europäischer Ebene.
Auch die Vereinigung der bayerischen Wirtschaft (vbw) erhöht den Druck auf Seehofer, neue Stromtrassen zu akzeptieren. „Nach unseren bisherigen Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Gutachten sind dazu Hochspannungsleitungen notwendig“, sagt vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt. Er schränkt aber ein: „Wenn sich herausstellt, dass die Stromversorgung in Bayern auf anderem Wege genauso sicher und preisgünstig gewährleistet werden kann, ist das natürlich in Ordnung.“ Wie das allerdings gehen könne, konnten bislang weder Seehofer noch seine Energieministerin Ilse Aigner sagen. Die Zeit dränge jedenfalls, meint auch Brossardt. Er fordert einen Masterplan bis Ende des Jahres.
(Ralph Schweinfurth)

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