Politik

Hier sollte eigentlich eine Straße gebaut werden – daraus wird jetzt erst mal nichts, wegen Materialmangel. (Foto: dpa/Peter Gercke)

13.05.2022

Ein Baustopp droht

Material fehlt oder ist sündteuer – was tun?

Preisgünstiger Wohnraum ist Mangelware, gerade im Großraum München. Die Inflation verschärft das Problem. Baustoffpreise steigen und Materialengpässe bremsen. Von Februar 2021 bis Februar 2022 sind laut Landesamt für Statistik die Baupreise um 13,2 Prozent gestiegen. Das hat fatale Folgen.

Dem Verband bayerischer Wohnungsunternehmen (VdW Bayern) zufolge stellt der immense Kostenanstieg die Kalkulation von 6600 Neubauwohnungen und die Modernisierung von 5200 Wohnungen infrage. Falls der Preisanstieg nicht gestoppt wird, werden 60 Prozent der Mitglieder des VdW Bayern ihre Neubau- und Modernisierungsprojekte zurückstellen. Betroffen wären rund 3500 Wohnungen ab 2023.

„Diese Meldung ist ein Warnschuss an alle, die glauben, man könnte die staatlichen Wohnungsbauunternehmen auflösen. Wenn genossenschaftliche und kommunale Wohnungsbauunternehmen Projekte auf Eis legen, gewinnt der staatliche Wohnungsbau an Bedeutung“, betont Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (CSU). Die staatlichen Wohnungsbaugesellschaften BayernHeim, Stadibau und Siedlungswerk Nürnberg haben laut Bauministerium 22 526 Wohnungen in Bestand, Bau, Planung oder Vorbereitung. Auch sie trifft die Baupreissteigerung, aber sie erfüllen laut Bernreiter weiterhin ihren Auftrag, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Erste Warnsignale

Der Bayerische Bauindustrieverband registriert trotz voller Auftragsbücher bei den Mitgliedsunternehmen bereits erste Warnsignale. Kurzarbeit oder Entlassungen drohen, wenn die Aufträge wegen hoher Preise rückläufig werden. Auch beim Landesverband Bayerischer Bauinnungen (LBB) geht man für 2023 von rückläufigen Aufträgen im Wohnungsbau aus. „Allerdings wollen die Baufirmen Personal aufstocken, weil jetzt schon zu wenig vorhanden ist“, so Verbandssprecher Holger Seit.

Wie kompliziert die aktuelle Lage am Bau ist, illustriert Werner Goller, Leiter der Abteilung Hochbau und Energie beim Bauindustrieverband: „Derzeit erhält man nur Angebote, die für einen Tag gültig sind.“ Doch mit „freibleibenden“ Angeboten, also solchen, die am nächsten Tag nicht mehr gültig sind, können Auftraggeber kaum umgehen. Ein Ausweg bei öffentlichen Bauprojekten wären Preisgleitklauseln. „Private Auftraggeber könnten den jeweils benötigten Baustahl gleich selbst bezahlen, anstatt ihn über das Bauunternehmen abzurechnen“, erklärt Goller.

Allerdings treten nicht alle kommunalen Wohnungsbaugesellschaften auf die Bremse. Die GWG Städtische Wohnungsgesellschaft München etwa will im Wirtschaftsplanzeitraum für die Jahre 2022 bis 2026 keine Projekte zurückstellen, teilt ein Sprecher mit. Die stark gestiegenen Baukosten sowie die Reduzierung von Fördermitteln der KfW für Neubauten im EH-40-Standard führten allerdings langfristig dazu, dass mit demselben Kapitaleinsatz und bei Erhalt der sozialverträglichen Mieten deutlich weniger Wohnraum geschaffen werden kann.

Am Bau droht Kurzarbeit

Auch die Wohnbaugruppe Augsburg will alle für dieses Jahr geplanten Projekte umsetzen. „Ein Abwarten und Verschieben ins nächste Jahr sehen wir nicht als Alternative, weil wir mit Mehrkosten allein durch allgemeine Kostensteigerungen von mindestens 10 Prozent rechnen“, sagt Geschäftsführer Mark Dominik.

So oder so: Früher oder später muss etwas passieren, um bezahlbarem Wohnraum noch zu ermöglichen. Dafür müssen dringend die steuerlichen Rahmenbedingungen verbessert werden. Denn das Grundproblem liegt darin, dass zu wenig Bauland zur Verfügung steht. Bayern fordert über den Bundesrat, steuerliche Maßnahmen zur Mobilisierung von Bauland zu schaffen. So sollen etwa Reinvestitionen begünstigt werden. Gerade Betriebe verfügen oftmals über Flächen, die sie nicht benötigen. Die verkaufen sie aber nicht, weil auf den Gewinn hohe Steuern zu zahlen sind.

Nötig ist aber auch eine Neuregelung des Vorkaufsrechts in Gebieten mit sozialer Erhaltungssatzung. Das Bundesverwaltungsgericht hat den Bund dazu bereits im November 2021 aufgefordert. Wenn eine Kommune nur vermutet, dass Alteingesessene durch Sanierungen verdrängt werden, weil die Mieten erhöht oder die Wohnungen als Eigentumswohnungen verkauft werden, darf sie kein Vorkaufsrecht ausüben. Noch hat der Bund keinen entsprechenden Gesetzentwurf vorgelegt. Bayerns Bauministerium dringt darauf, den Kommunen auch künftig ein Vorkaufsrecht zu ermöglichen. Wie das konkret aussehen könnte, ließ das Ministerium indes offen.
(Ralph Schweinfurth)

 

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