Politik

Die Corona-App Luca weckt Hoffnungen auf ein freieres Leben. (Foto: Getty/DeFodi Images)

19.03.2021

Eine App gegen den Lockdown

Corona-Infektionen mit digitaler Hilfe aufspüren – das wäre längst möglich

Endlich wieder in Restaurants, auf Konzerte oder in Clubs: Der Hype um die Corona-App Luca schürt Hoffnungen. Hoffnungen auf ein Ende des Lockdown-Grauens durch eine effektive digitale Nachverfolgung von Kontaktpersonen. Die App, an der auch der Rapper Smudo beteiligt ist, funktioniert so: Am Eingang von Cafés, Geschäften oder Veranstaltungen scannt man einen QR-Code – ganz ohne die bisherige Zettelwirtschaft. Gibt es einen Infektionsfall, werden nicht nur die Gäste gewarnt. Die verschlüsselten Daten gehen auch direkt an das Gesundheitsamt. Nutzer*innen können sich deshalb nur mit der Verifizierung ihrer Telefonnummer registrieren.

Mecklenburg-Vorpommern ist das erste Bundesland, das eine Lizenz für den flächendeckenden Einsatz der Luca-App gekauft hat – ohne monatelanges Ausschreibungsverfahren. Auch wartet es nicht ab, bis sich Bund und Länder endlich auf eine einheitliche App geeinigt haben. Denn solche Diskussionen können bekanntermaßen dauern.

Tatsächlich existieren bereits mehrere Alternativen, die ähnlich wie die Luca-App funktionieren. Zum Beispiel die darfichrein-App der Anstalt für kommunale Datenverarbeitung in Bayern (AKDB) und des Bayerischen Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga. An 3600 Standorten wird sie bereits genutzt, mehr als 2,6 Millionen Check-ins gab es bisher. Bayreuth etwa übernimmt die Lizenzkosten für die ganze Stadt. Und auch außerhalb der Gastro ist darf-ichrein im Einsatz, zum Beispiel an der Uni Erlangen-Nürnberg.

Der Freistaat Bayern will anders als Mecklenburg-Vorpommern nun erst einmal die weiteren Abstimmungen des Bundes mit den Ländern abwarten. Zentral sei die direkte Anbindung der Anwendung an die Gesundheitsämter, erklärt eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums.

Und wieder bremsen Behörden

Denkbar dabei auch: die Entwicklung einer offenen, einheitlichen Schnittstelle, über die verschiedene Apps die Kontaktdaten zur Nachverfolgung an die Gesundheitsämter übermitteln können. Die Einigung auf eine bundeseinheitliche App wäre dann gar nicht notwendig.

Doch gerade mit Blick auf die dringend notwendige Digitalisierung der Gesundheitsämter habe die Söder-Regierung die letzten Monate geschlafen, moniert Benjamin Adjei, Sprecher für Digitalisierung der Landtags-Grünen. „Jetzt tut sich zwar etwas“, meint Georg Carle, der an der TU München den Informatiklehrstuhl für Netzarchitekturen und Netzdienste leitet. „Zufrieden bin ich aber nicht.“ Hauptproblem aus seiner Sicht: das Zögern in den Behörden – vermutlich auch aus der Angst heraus, etwas falsch zu machen. „Die Individuen dort sind oft sehr engagiert“, sagt Carle. „Aber sie sind in Strukturen eingebettet, die sie ausbremsen.“

Carle hat das selbst erlebt. Er entwickelte bereits vergangenes Frühjahr gemeinsam mit einem Doktoranden das Contact-Tracing-System Qroniton. Mit 100 000 Nutzer*innen an Hochschulen habe es sich bewährt und wäre auch sofort deutschlandweit einsatzbereit. Auch Carles Dienst funktioniert über QR-Codes. Da er browserbasiert ist, muss keine App installiert werden. Doch obwohl Qroniton im Münchner Gesundheitsreferat im letzten Sommer auf der Fachebene auf großes Interesse stieß, wurde die Möglichkeit, das System breiter einzusetzen, von der Stadt nicht aufgegriffen. Im bayerischen Gesundheitsministerium wiederum äußerte man den Wunsch der Anbindung von Qroniton an die Corona-Warn-App (CWA) des Bundes.

Die Datensicherheit: schwierig!

Genau das aber würde dem Konzept der CWA widersprechen. Der Clou ist ja gerade, dass sie zwar Bewegungsdaten erfasst, aber keine personenbezogenen Informationen. Und das soll auch so bleiben, wie eine Ministeriumssprecherin betont. Selbst dann, wenn die CWA wie geplant nach Ostern um eine „Eventfunktion“ mit QR-Code erweitert wird. Teilnehmer von Veranstaltungen können dann zwar pauschal erfasst werden. Über eine Risikobegegnung werden aber nur Kontakte informiert, nicht das Gesundheitsamt.

Apps wie Luca oder darfichrein wären also eine wichtige Ergänzung. Aber nur, wenn die Datensicherheit gewährleistet wird, so Dirk Heckmann, Inhaber des Lehrstuhls für Recht und Sicherheit der Digitalisierung an der TU München. „Müssen Nutzer befürchten, dass zum Beispiel ganze Bewegungsprofile in falsche Hände geraten, kann das den Erfolg der App schnell infrage stellen.“ Die Luca-App sieht er ebenso wie einige Datenschützer skeptisch. Auch der Grüne Adjei fordert „maximale Transparenz“. Der Quellcode wird voraussichtlich Ende März offengelegt.

Im schwäbischen Landkreis Dillingen jedenfalls hat man sich bereits entschieden. Das dortige Gesundheitsamt setzt die Luca-App ein. Wenn weitere Öffnungsschritte folgen, die Außengastronomie zum Beispiel wieder öffnen kann, will FW-Landrat Leo Schrell diese mit einer effizienten Kontaktnachverfolgung flankieren. Möglichst rasch, nicht irgendwann, wenn sich Bund und Länder geeinigt haben.
(Angelika Kahl)

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