Politik

25.07.2019

Eine Ökosteuer auf Flugtickets – eine sinnvolle Idee?

Ein Flug von München nach Berlin ist achtmal schädlicher, aber dreimal billiger als Bahnfahren, kritisiert Grünen-Fraktionschef Ludwig Hartmann. Er fordert deshalb finanzielle Anreize wie eine Luftverkehrsabgabe oder Kerosinbesteuerung. Man könne nicht alles mit mehr Steuern und Verboten im nationalen Alleingang lösen, meint dagegen Sandro Kirchner (CSU), Chef des Wirtschaftsausschusses im Landtag

JA

Ludwig Hartmann, Chef der Fraktion der Grünen im Landtag

Wir brauchen einen Rückgang im Flugverkehr. Nehmen wir beispielsweise einen Flug von München nach Berlin. Er verursacht achtmal so viel CO2-Emissionen wie eine Fahrt mit dem ICE, ist aber um ein Drittel billiger als die Fahrkarte der DB. Fliegen ist also achtmal schädlicher, aber dreimal billiger. Wer hier keinen Handlungsbedarf sieht, macht Politik aus dem letzten Jahrtausend. Es ist doch mehr als nachvollziehbar, dass bei diesen Preisunterschieden viele Menschen und Unternehmen das Flugzeug nutzen. Wer sich ökologisch bewegen will, muss tiefer in den Geldbeutel greifen – eine Absurdität seit Jahrzehnten.

Das bleibt nicht ohne Wirkung: Die CO2-Emissionen aus dem Luftverkehr haben sich in Bayern innerhalb der letzten 25 Jahre vervierfacht! Der Anteil des Flugverkehrs an den energiebedingten CO2-Emissionen beträgt mittlerweile stolze sieben Prozent. Der Flugverkehr ist einer der großen Treiber der Klimakrise.

Angesichts der immer stärker spürbaren Auswirkungen der Erdüberhitzung ist zügiges politisches Handeln dringend nötig. Schädliches Verhalten oder schädliche Technologien zu besteuern, um gesellschaftlichen Schaden abzuwenden, ist Aufgabe von Politik. Wir kennen es beispielsweise von Zigaretten oder Alkopops – und das mit Erfolg. Wir brauchen deutliche finanzielle Anreize für nachhaltiges Verhalten, zum Beispiel eine Luftverkehrsabgabe, eine Kerosinbesteuerung oder höhere Start- und Landegebühren. Zudem müssen wir Schluss machen mit den Subventionierungen, die gezielt neue Flugbewegungen erzeugen.

Ich höre schon die Stimmen: „Grüne wollen Arbeitnehmer*innen die Urlaubsreise madig machen.“ Denen sage ich: Wer eine ungerechte Einkommensverteilung durch billigen, klimaschädlichen Flugverkehr ausgleichen will, der ist ziemlich aus der Zeit gefallen und will nur von einer wichtigen politischen Aufgabe ablenken – endlich Gerechtigkeit für gesellschaftlich zentrale Berufe wie Polizist*innen und Krankenpfleger*innen zu schaffen.

NEIN

Sandro Kirchner (CSU), Vorsitzender des Wirtschaftsausschusses im Landtag

Wir können nicht alles im nationalen Alleingang mit immer noch mehr Steuern und Verboten lösen. Mit dem Fliegen fängt es an, dann rückt erneut das Auto ins Visier, und am Ende werden jene Menschen abkassiert, die es sich am wenigsten leisten können – Familien, Rentner und vor allem die Menschen im ländlichen Raum. Dank Rot-Grün zahlen Autofahrer seit Jahren Ökosteuer. Die Lenkungswirkung ist ausgeblieben: Wegen der Erhöhung der Mineralölsteuer wird kein Kilometer weniger gefahren – im Gegenteil, das ist nur Abzocke!

Wir brauchen ein koordiniertes energiepolitisches Gesamtkonzept und müssen die Menschen beim Klimaschutz mitnehmen. Für uns stehen die Belohnung umweltgerechten Verhaltens durch Steuerentlastungen und Anreize zur CO2-Vermeidung im Vordergrund. Zu unserem Verständnis als CSU gehört es auch, dass die Reisefreiheit mit nachhaltiger Umweltpolitik in Einklang gebracht wird. Wenn wir den innerdeutschen Flugverkehr reduzieren wollen, müssen wir das Schienenangebot weiter ausbauen und Bahnfahren günstiger machen. Wir fördern den Bahnverkehr und wollen Fluggäste noch stärker für die ökologischen Auswirkungen von Flugreisen sensibilisieren, gerade bei Katharina Schulze und anderen grünen Vielfliegern gibt es Nachholbedarf. Schließlich muss jeder persönlich überprüfen, was er zum Umweltschutz beitragen kann.

Zudem muss der sogenannte Single European Sky von der EU vorangetrieben werden, um Flugrouten zu verkürzen und Kerosin zu sparen. Durch die Neuordnung des europäischen Luftraums können die Verkehrsströme verbessert werden. Zudem wollen CDU und CSU Maßnahmen, wie die Aufhebung der Steuerbefreiung von Flugbenzin, prüfen – das muss aber einheitlich auf EU-Ebene stattfinden. Bei alldem müssen wir Verlagerungen des Flugverkehrs auf andere Drehkreuze mit allen ökologisch nachteiligen Folgen vermeiden und die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft im Auge behalten!

Kommentare (1)

  1. Kerstin Celina am 28.07.2019
    Lufthansa wirbt gerade für Sommerflugtickets nach Madrid für 35 Euro, einfache Strecke. Das sind völlig falsche Anreize, die hier gesetzt werden. Die Kosten trägt nicht "das Klima", die Kosten tragen die, die unter dem heissen und trockenen Klima mit extremen Wetterereignissen zwischendurch leiden. Das sind die Älteren, die Waldbesitzer, diejenigen, die nicht ganz gesund sind, die Landwirte, die Draussen-Arbeiter, die Drinnen-Arbeiter in schlecht gedämmten Hallen und Gebäuden, die Innenstadt-Bewohner, und und und ... . Die "Neuordnung des Flugverkehrs", die Herr Kirchner vorschlägt, ist definitiv keine Lösung, solange die Preise für Flüge konkurrenzlos billig sind und Klimaschäden nicht eingepreis werden.
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