Politik

Chef des Bildungsausschusses: Markus Bayerbach. (Foto: Poss/Landtag)

07.12.2018

Eltern und Lehrer in großer Sorge

Der Bildungsausschuss im Landtag wird künftig von einem AfD-Mann geleitet – die Bedenken bei den anderen Fraktionen und Verbänden sind immens

Wenn auch mit einer hauchdünnen Mehrheit: Der AfD-Politiker Markus Bayerbach ist zum Vorsitzenden des Bildungsausschusses im Landtag gewählt worden – trotz vieler Proteste von Bildungsverbänden. Der Förderschullehrer aus Schwaben sagt, die Skepsis sei nicht berechtigt. Er kündigt einen fachlich-pragmatischen Stil ohne ideologische Scheuklappen an.

In der bayerischen Bildungspolitik weht seit der Landtagswahl ein neuer Wind. Erstmals seit Jahrzehnten stellt die CSU nicht den Kultusminister, und der Bildungsausschuss im Landtag wird nach regelmäßigen Wechseln zwischen CSU und SPD künftig von der AfD geleitet. Während der Freie Wähler Michael Piazolo als Minister weitgehend für Kontinuität steht, sorgt die Wahl des schwäbischen AfD-Spitzenkandidaten Markus Bayerbach zum Vorsitzenden im Bildungsausschuss im Parlament wie an den Schulen für besorgte Blicke. Zwar erlaubt es das Amt Bayerbach nicht, die Linie der bayerischen Bildungspolitik festzuzurren, aber Einfluss auf die Tagespolitik und repräsentative Aufgaben hat er trotzdem.

Sehr ausgefeilt ist das Bildungsthema im Wahlprogramm der AfD in Bayern nicht. Sie setzt auf die Mehrgliedrigkeit des Schulsystems und betont explizit den Leistungsgedanken. Es befinden sich aber einige Punkte darin, die bei den anderen Fraktionen für Befremden oder gar harsche Ablehnung gesorgt haben. So wird über revisionistische Anklänge geklagt, die hinter der Formulierung, es müsse ein „ausgewogenes Bild der deutschen Geschichte vermittelt“ werden, versteckt würden. Die Grünen hatten ihre Vorbehalte in einen Fragebogen an Bayerbach gepackt, den dieser aber nicht bekommen haben will. Es geht darin um die Bedeutung der NS-Gedenkstätten für Bildungsarbeit und Erinnerungskultur, den Fortbestand des von der AfD abgelehnten Netzwerks „Schule ohne Rassismus“ und die AfD-Forderung nach Abschaffung des islamischen Religionsunterrichts.

Ihre Probleme haben die anderen Fraktionen auch damit, dass die AfD die Inklusion behinderter Kinder in die Regelschule sowie den Beamtenstatus für Lehrer infrage stellt, einen modernen Sexualkundeunterricht ablehnt und in anderen Bundesländern Internet-Plattformen eingerichtet hat, auf denen sich Schüler und Eltern über AfD-kritische Äußerungen von Lehrern beschweren können. „Die Haltung der AfD zu grundlegenden Fragen der Bildungspolitik ist nicht mit unseren Grundsätzen vereinbar“, erklärt die SPD-Bildungspolitikerin Margit Wild. Dies betreffe besonders die Inklusion, die Integration und den Umgang mit der deutschen Geschichte. Wild und ihre Kollegin Simone Strohmayr stimmten genauso wie die Grünen gegen Bayerbach.

Auch in der FDP werden diese Bedenken geteilt. Ihr Vertreter im Ausschuss, Matthias Fischbach, hat trotzdem für Bayerbach votiert. Die AfD sei demokratisch gewählt, und nach den parlamentarischen Gepflogenheiten stehe der Partei ein Ausschussvorsitz zu, so seine Meinung. Er folgt damit der FDP-Linie, die AfD politisch zu stellen und ihr nicht die Möglichkeit zu geben, sich als Opfer der „Systemparteien“ zu inszenieren. Fischbach betont, die AfD müsse sich nun beweisen. Sollte Bayerbach durch eine nicht ordnungsgemäße Amtsführung auffallen, bestehe jederzeit die Möglichkeit, ihn per Mehrheitsbeschluss abzusetzen. Der CSU-Bildungssprecher Gerhard Waschler distanziert sich von der AfD. Deren Vorstellungen seien auch in der Bildungspolitik „meilenweit“ von denen der CSU entfernt.

Deutliche Vorbehalte gibt es auch bei den Lehrerverbänden. „Wenn eine Partei digitale Lehrerpranger einrichtet, die Auszeichnung ,Schule ohne Rassismus’ abschaffen will und Lehrern den Beamtenstatus entziehen möchte, zeugt das von tiefem Misstrauen“, erklärt der Vorsitzende des Philologenverbandes, Michael Schwägerl. Man werde auch weiterhin für eine weltoffene und couragierte Schule einstehen. Ähnlich sieht das der Vorsitzende des Realschullehrerverbandes, Jürgen Böhm. Er fordert Bayerbach auf, „seine wichtige Rolle sachlich und ausgleichend wahrzunehmen“. Die Lehrkräfte in Bayern leisteten hervorragende Arbeit, die es zu unterstützen statt zu sabotieren oder infrage zu stellen gelte.

Den „Lehrerpranger“ lehne er ab, sagt Bayerbach

Pragmatischer zeigt sich Simone Fleischmann, die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), in dem Bayerbach Mitglied ist. Sie werde mit AfD-Bildungspolitikern genauso umgehen wie mit anderen auch, solange die Debatte an der Sache orientiert und fair im Umgang sei. Skepsis herrscht beim Bayerischen Elternverband. „Wir fürchten, dass Bildungskonzepte, die auf Veränderungen in der Gesellschaft eingehen, ad acta gelegt werden und an deren Stelle eine Rückkehr zum Bildungssystem der dreißiger Jahre angestrebt wird“, erklärt Verbandschef Martin Löwe. Man könne dem AfD-Programm durchaus entnehmen, „dass unsere Kinder zu durchtrainierten, wehrfähigen Jungen und braven, sich auf die häusliche Arbeit beschränkenden Mädchen herangezogen werden sollen“. Wer nicht in eine der antiquierten Leistungsschubladen passe, solle ausgesondert werden.

Bayerbach kennt die Vorbehalte. „Die Skepsis der Verbände ist groß, aber nicht berechtigt“, beschwichtigt er. Den „Lehrerpranger“ lehnt er ab, den brauche es in Bayern nicht. Und am Bildungsteil im AfD-Wahlprogramm sei er „nicht so wirklich arg viel beteiligt“ gewesen. Da seien viele Aspekte basisdemokratisch eingefügt worden. Als Beispiel nennt der verbeamtete Förderlehrer Bayerbach die Sache mit dem Beamtenstatus, weil weite Teile der AfD eben sehr beamtenkritisch seien. Für ihn gehöre dieser Programmpunkt „nicht zu den Prioritäten“. Für seine Amtsführung im Ausschuss kündigt Bayerbach einen fachlich-pragmatischen Stil ohne ideologische Scheuklappen an. Als Vorsitzender werde er das Gremium neutral leiten, sich aber auch das Recht nehmen, sich als gewählter Abgeordneter politisch in die Debatten einzubringen.
(Jürgen Umlauft)

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