Politik

Manfred Weber (CSU) mit der Büste des in Ulm geborenen Physikers Albert Einstein. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

16.05.2019

Endspurt im Turbo-Wahlkampf

Manfred Weber will an die EU-Spitze

Florenz, Wien, Bremen, Sibiu, Würzburg: Manfred Weber rast durch Europa. Denn noch immer ist der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) ein Unbekannter für viele EU-Bürger - jene gut 500 Millionen Menschen, für die der 46-jährige Niederbayer ab Herbst als Präsident der Europäischen Kommission Politik machen will.

Der CSU-Vizechef wäre der erste Deutsche in dem Amt seit Walter Hallstein vor mehr als 50 Jahren. Das trifft durchaus auf Gegenwehr. Weber pocht darauf, dass die EVP nach der Europawahl vom 23. bis 26. Mai wieder stärkste Fraktion wird und er demokratisch legitimiert wäre. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und weitere Staats- und Regierungschefs haben indes klargemacht, dass sie das keineswegs als Selbstläufer sehen. Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras ist explizit gegen Weber. Doch der gibt sich unverdrossen.

In seinem Turbo-Wahlkampf präsentiert der verheiratete Katholik eine Mischung aus Heimattreue und Europaverbundenheit. Mit zwölf konkreten "Zusagen" will er die Menschen gewinnen - vom EU-Grenzschutz bis zum Wohndarlehen, vom europäischen FBI bis zum Kampf gegen den Krebs. Sein größtes Manko - fehlende Regierungserfahrung - münzt er um in Volksnähe. "Ich will Europa den Menschen zurückgeben", ist sein Motto.

Liebhaber von Birkenstock-Sandalen

Sympathisch, aber systematisch hat der studierte Ingenieur diese Kandidatur über Jahre vorbereitet. Nach einer kurzen Etappe im Bayerischen Landtag errang er 2004 erstmals einen Sitz im EU-Parlament. Zehn Jahre später wurde er Fraktionschef und managte fortan mehr als 200 Abgeordnete aus der ganzen EU, obwohl er recht bayrisches Englisch und sonst keine Fremdsprache spricht.

In der CSU konnten erstmal nur wenige verstehen, dass der Mann aus Wildenberg freiwillig seine Heimat Bayern verließ, um im fernen Brüssel Karriere zu machen. Doch Webers Ehrgeiz brachte ihn auch in der Partei nach oben: 2015 wurde er Vizechef. Seit die EVP ihn im November zum Spitzenkandidaten kürte, ist die CSU im Weber-Fieber. Das gilt selbst für frühere Konkurrenten wie Parteichef Markus Söder oder Landesgruppenchef Alexander Dobrindt.

Weber - zuhause bisweilen im Janker, in Brüssel oft im weißen Hemd ohne Krawatte - ist kein Freund offener Auseinandersetzungen. Der Stratege kämpft lieber im Hintergrund für seine Ziele. Anhänger bewundern ihn als Strippenzieher, Gegner werfen ihm einen Hang zu Intrigen vor. Wenn es für ihn brenzlig wird, greift Weber durch, zum Beispiel bei der Suspendierung der Fidesz-Partei des EU-kritischen Ungarn Viktor Orban in der EVP.

Im Wahlkampf hat Weber enthüllt, dass er früher einmal Frontman einer Rockband namens Peanuts war sowie Liebhaber von Birkenstock-Sandalen. Was Europa genau von dem Deutschen zu erwarten hätte, dürften trotzdem die wenigsten wissen. Offen ist auch, wie er eine Mehrheit im neuen EU-Parlament finden will, wo die EVP gerade mal 24 Prozent zu erwarten hat. Aber es hieße Weber unterschätzen, nähme man an, er hätte nicht auch dies strategisch geplant.
(Marco Hadem und Verena Schmitt-Roschmann, dpa)

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