Politik

Vermutlich kam grad wieder eine Glückwunsch-SMS: CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt hält seinem Parteichef Horst Seehofer den Blackberry unter die Nase. Bei den Christsozialen herrscht seit der jüngten 46-Prozent-Umfrage Champagnerlaune - und Schadenfreude über die Freien Wähler. (Foto dapd)

14.01.2011

Euphorie und Ernüchterung

Während die CSU bei ihrer Klausur über positive Umfrageergebnisse jubelte, herrschte bei der FW-Klausur Katzenjammer

Welch unterschiedliche Gefühle doch Meinungsumfragen auslösen können. In Wildbad Kreuth, wo die CSU-Landtagsfraktion zu ihrer traditionellen Winterklausur zusammengekommen war, mussten sie heftig auf die Euphoriebremse treten, als die im Auftrag des Bayerischen Fernsehens tätigen Demoskopen von infratest dimap den Wert von 46 Prozent dorthin kabelten, wäre am kommenden Sonntag Landtagswahl.
Ein Stück weiter nördlich bei den Freien Wählern in Freising machte sich gleichzeitig Ernüchterung und Ratlosigkeit breit. Nur noch 4 Prozent für die 2008 zweistellig eingezogenen Parlamentsneulinge, das drückte gewaltig auf die Stimmung. SPD und Grüne, nach der Umfrage gleichauf bei 17 Prozent, müssen oder dürfen ihre Werte erst kommende Woche auf ihren Klausuren verdauen, ebenso die in Bayern mit sechs Prozent recht stabilen Liberalen.
„Sehr gefreut“ habe man sich über die Umfrage, berichtete CSU-Fraktionschef Georg Schmid betont nüchtern. Das galt vor allem für die vier Prozent der Freien Wähler. Mehr Beifall habe es dafür gegeben als über die eigenen 46 Prozent, hieß es über den Verlauf der Sitzung. Die Freien Wähler seien damit endgültig „entzaubert“, frohlockte Schmid. Den CSU-Erfolg schrieb er der Tatsache zu, dass man nach der Landtagswahl konsequent auf die Sachpolitik gesetzt habe. „Wenn man sich auf die Probleme des Landes konzentriert, wird das auch von den Menschen honoriert“, schloss Schmid aus der Umfrage.


Neid auf den Gel-Minister


Ministerpräsident Horst Seehofer leitete daraus gleich eine Strategie ab. Man habe sich daran gemacht, die grundlegenden Probleme im Land zu lösen. Bildung, Finanzen, Breitband nannte er – Themen, für deren Missachtung man bei der Landtagswahl noch abgestraft worden war. Vor allem die Freien Wähler hatten davon profitiert.
Dass die nun wieder gestutzt sind und die CSU obenauf ist, schrieb sich Seehofer zuvorderst auf seine Fahnen. „Ich bin sehr zufrieden und fühle mich persönlich gestärkt“, betonte er. Das Umfrageergebnis sei eine „schöne Bestätigung für die Arbeit der CSU unter meiner Verantwortung“. Wichtig war ihm zudem, „dass in Bayern gegen die CSU keine Regierung gebildet werden kann“. Vom Gegenteil hatte zuletzt die Opposition immer wieder geträumt.
Dafür rechneten bei der CSU bereits die ersten wieder. Denn 46 Prozent würden wohl zur absoluten Mehrheit der Sitze im Landtag reichen. Seehofer nahm indirekt schon wieder die Marke 50+X ins Visier. „Unsere Zufriedenheit über die Umfragewerte jetzt heißt nicht, dass wir schon am Ziel sind“, verkündete er. Und vor dem Hintergrund eines fraglich werdenden Wiedereinzugs der Freien Wähler in den Landtag hoffte so mancher in der CSU schon auf einen Verfallsprozess bei der bürgerlichen Konkurrenz. Würden aus Existenzangst nur zwei Freie Wähler im Landtag zur CSU wechseln, schon hätte diese wieder die Mehrheit zur Alleinregierung. Schmid bremste solche Spekulationen und versprach der FDP Koalitionstreue bis 2013.
Die mageren 4 Umfrageprozent erreichten die Freien Wähler ziemlich unvermittelt. „Glücklich kann man da nicht sein“, rang Landtagsvizepräsident Peter Meyer um Fassung. Ursachenforschung will er nun betreiben, „denn wir machen ja nicht nur schlechte Arbeit im Landtag“, und draußen bei den Leuten erlebe er die Stimmung ohnehin viel besser. Auch Fraktionschef Hubert Aiwanger mochte die Zahlen nicht recht glauben. „Ich halte es nicht für realistisch, dass wir bei Wahlen auch so niedrig liegen.“ Aiwanger sieht in der Umfrage aber den „Auftrag für uns, im Konzert der fünf Fraktionen im Landtag mehr Farbe zu bekennen“. An der Sachpolitik könne der Einbruch nicht liegen, „denn wir setzen auf die Themen, die die Leute draußen bewegen“. Offenbar gebe es ein Vermittlungsproblem hin zum Bürger.

Aiwanger macht sich Mut


Angst vor dem Scheitern an der Fünf-Prozent-Hürde bei der Wahl 2013 hatte Aiwanger trotzdem nicht. Er beharrte auf seinem Ziel „10 Prozent plus x“.
Um Sachpolitik ging es auf den Klausuren natürlich auch. Die CSU-Fraktion billigte das neue Steuerkonzept von Finanzminister Georg Fahrenschon, das auf weitere Entlastungen der Bürger setzt und probte den Schulterschluss mit den Gewerkschaften, indem man sich mit der DGB-Forderung nach gleichem Lohn für Leiharbeiter wie Tarifbeschäftigte anfreundete. Zudem beschloss man einen Zehn-Punkte-Plan zur Wirtschaftspolitik.
Die Freien Wähler bekräftigten ihr Nein zur dritten Startbahn am Münchner Flughafen, forderten aber die rasche Verbesserung der Schienenanbindung des Airports vor allem in Richtung Ostbayern. Zur Sicherung des öffentlichen Personennahverkehrs im ländlichen Raum forderten sie mehr Geld vom Freistaat.
Die FW wollen zudem stärker auf Konfrontationskurs zur CSU gehen und um mehr Aufmerksamkeit werben. „Wir haben noch nicht die Dauerpräsenz in den Medien“, klagte Aiwanger. Er sei davon überzeugt, die Anliegen der Menschen in Bayern aufzugreifen, sagte er, „aber das ist vielleicht nicht so öffentlichkeitswirksam, wie wenn ein Verteidigungsminister mit gegelten Haaren nach Afghanistan fliegt.“ (Jürgen Umlauft)

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